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Abschied aus Vereinsregister, vom Sängerkreis Altmark und von einer Kulturtradition Aus für Männerchor Arendsee nach 165 Jahren

Von Helga Räßler 05.07.2013, 03:11

Der Männergesangverein 1847 ist Geschichte. Der 165 Jahre alte Chor ist nicht mehr. Der Verein hat sich aufgelöst und abgemeldet. Das besiegelte auch ein Gerichtsbescheid. Arendsee ist um eine Kulturtradition ärmer.

Arendsee l Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatten die Sangesbrüder unter Dirigent Jürgen Luckas am 15. März während des Frühlings-Wirtschaftsempfangs in Arendsee. An dem Tag erhielt Jürgen Luckas den Kulturpreis der Stadt. Damit wurde sein jahrzehntelanges Engagement für die Musik und die Chorarbeit ausgezeichnet.

Zu dem Zeitpunkt war die Auflösung des Männergesangvereins MGV 1847 schon beschlossen, über den Notar die Abmeldung als eingetragener Verein beim Gericht schon eingereicht. Kurz darauf traf der Gerichtsbescheid ein.

"Es ist traurig, aber nicht mehr zu ändern: Uns gibt es nicht mehr als Gesangverein."

"Es ist traurig, aber nicht mehr zu ändern: Uns gibt es nicht mehr als Gesangverein", erklärte Vizevorsitzender Wolfgang Meyer auf Nachfrage. Auch beim Sängerkreis Altmark habe sich der MGV verabschiedet. "Wir wollen uns aber zwanglos trotzdem noch zum Singen und Reden treffen", betonte er.

Aber Auftritte gebe es nun nicht mehr. "Zuletzt war jedes Konzert ein Wagnis, weil wir nicht wussten, ob alle Stimmlagen vertreten sein werden", erinnerte er sich. Die meisten der noch 14 Mitglieder seien weit älter als 70 Jahre, einige bereits krankheitsbedingt ausgeschieden, andere aus Altersgründen nicht mehr voll und kräftig bei Stimme. "Das geht gar nicht für einen einst vierstimmigen Chor", sagte Meyer.

Das Problem der Arendseer war die Altersstruktur: Er selbst sei 77 Jahre, Jürgen Luckas 70. Der Vorsitzende Erich Vormbaum (84) sei geschwächt. Und auch der unverwüstliche Tenor mit Stimmkraft Erwin Ebeling (85) wolle sich stimmlich mehr Ruhe gönnen. Aber zum 75. Geburtstag von Horst Herling solle es dennoch ein Ständchen geben. "Wir sind im Gros noch gesundheitlich fit, aber zum Singen gehört noch ein bisschen mehr", sagte Meyer.

"Es ist uns nicht gelungen, Sängernachwuchs anzuwerben", bedauerte Wolfgang Meyer. Die jüngsten Chormitglieder seien zwischen Ende 60 und Mitte 40 wie Eckhard Plietz, Hartmut Hänsel und Karsten Kabel.

"Es ist uns nicht gelungen, jüngeren Sängernachwuchs anzuwerben."

Das ist umso tragischer, als dass der Männergesangverein mit seinen 165 Jahren einer der ältesten der Altmark war. Er wurde am 8. Dezember 1847 als Liedertafel Arendsee gegründet. Damals sangen 15 Männer mit. 1849 erhöhte sich die Zahl um 22, ein Jahr darauf um weitere 12. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges gehörten 50 aktive und 91 passive Mitglieder dazu.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten galten die Probenabende als Pflicht. Volkslieder hatten damals Vorrang. Während des Zweiten Weltkrieges wurde kaum noch gesungen. Am 5. Juli 1946 begannen die Übungsstunden wieder. Der Beitritt zum Kulturbund brachte den Titel "Volkskunstkollektiv" ein.

Besonders stolz sind die Arendseer Sangesbrüder auf die 1997 verliehene "Karl-Friedrich-Zelter-Plakette", die höchste Auszeichnung, die einem Chor in Deutschland im Namen des Bundespräsidenten überreicht wird.

Im Dezember wurde das 165-jährige Bestehen noch mit einer Gala gefeiert: Zusammen mit der Genziener Gesangsgruppe bestritten die Männer das Adventskonzert in der Genziener Kirche - seit sechs Jahren schöne Tradition.