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Berufswahl Tage in der Praxis oder Praxislerntage?

Seit 2017 gibt es im Altmarkkreis die „Tage in der Praxis“. Nun erfindet das Land die „Praxislerntage". Das sorgt für Verwirrung.

15.10.2019, 00:00

Salzwedel l „Das ist das, wo wir eigentlich hinwollen“, ist Frauke Lenz, Projektleiterin der „Tage in der Praxis“ (TiP) beim Verein zur Förderung der Bildung (VfB) in Salzwedel, verwundert. Seit 2017 bietet der Verein das Projekt an, beim dem Schüler aus den neunten Klassen weiterführender Schulen im Altmarkkreis fit für die Berufswahl gemacht werden sollen. Dabei arbeiten die Jobcoaches direkt mit den Jugendlichen und Lehrern zusammen. Bieten ein Halbjahr lang Themen zur Berufswahl im Unterricht an. Im zweiten Schulhalbjahr geht es für die Schüler dann, meist alle 14 Tage, direkt für Praktika in die Betriebe der Altmark. Immerhin 249 Praktikumsplätze wurden im vergangenen Schuljahr zur Verfügung gestellt.

Frauke Lenz, Gudrun Täntzler (Koordinatorin des Projektes) und Sven Grabau (Jobbcoach) ist der Stolz über das Erreichte durchaus anzumerken. Nun sind die Tage in der Praxis, die über Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie der Agentur für Arbeit und des Altmarkkreises gefördert werden, sogar verlängert worden. Bis 2021 sind acht Schulen von Salzwedel über Arendsee bis Gardelegen dabei.

Die Verwunderung des TiP-Teams kam dann Anfang des laufenden Schuljahres. Da installierte das Bildungsministeriums plötzlich das Landesprogramm „Praxislerntage“. Nicht nur der Name ähnelt dem altmärkischen Projekt, auch der Inhalt ist fast deckungsgleich. Doch Mitarbeiter des Ministeriums oder gar der Bildungsminister Marco Tullner haben sich trotz mehrfacher Anfragen aus der Altmark noch nie in Salzwedel über TiP informiert.

Dabei hätten die Altmärker viel zu berichten: Wie sie mit den Schulen und den Betrieben versuchen, die Jugendlichen in der Region zu halten. „Wir organisieren bei TiP alles“, berichtete Gudrun Täntzler vom Programm in den Schulen, Fahrten zum Berufsinformationszentrum (BiZ) nach Stendal und der Suche nach Betrieben, die Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Dies sei beim neuen Landesprogramm anders, meint Frauke Lenz. „Da sind die Schulen gefordert“, nennt die Projektleiterin Aufgaben wie die Evaluation und weiteren bürokratischen Aufwand. Und das bei akutem Lehrermangel.

Auf Anfrage bestätigte Sprecherin Kerstin Klötzing für das Bildungsministerium, dass für das neue Programm auch die TiP-Schulen im Altmarkkreis angeschrieben wurden. Nach Angaben der VfB-Verantwortlichen habe dort Verwirrung geherrscht, da viele die Praxislerntage mit den Tagen in der Praxis verwechselt hätten. Es sei nicht sofort klar gewesen, dass es sich um zwei unterschiedliche Projekte handele, berichteten Lenz und Täntzler.

20 Schulen in Sachsen-Anhalt haben die Praxislerntage des Landes nun übernommen. „Dabei handelt es sich um fächerverbindlichen Unterricht“, nennt Klötzing einen „entscheidenden Unterschied“ zu TiP. „Doch genau das wollen wir schon seit Jahren“, ärgert sich Frauke Lenz. „Warum arbeitet man nicht zusammen sondern aneinander vorbei?“, fragt die Projektleiterin.

Im vergangenen Herbst organisierte das VfB-Team in Kuhfelde ein Vernetzungstreffen für die beteiligten Lehrer, Schüler und Betriebe. Dazu kamen sogar Gäste des thüringischen Bildungsministeriums. Das heimische Ministerium kam nicht. Auch im kommenden November soll es den Erfahrungsaustausch wieder geben, wieder gab es eine Absage des Ministers. „Terminliche Gründe“, nennt die Sprecherin. Erst nachträglich wurde nun der Besuch zweier Mitarbeiter angekündigt. „Wer genau kommt, weiß ich noch nicht“, berichtet Frauke Lenz.

Die Sorge, dass es für TiP aufgrund der neuen Landesinitiative vielleicht keine Zukunft gibt, teilt Lenz bisher nicht. „Es ist einfach nur kurios. Wir sind schließlich auch Vorreiter auf dem Gebiet.“