1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. "Dann hab ich gemerkt, wir passen ja zusammen"

Abiturienten und Patienten der Psychiatrie sind sich bei einem Malkurs begegnet, jetzt stellen sie gemeinsam aus "Dann hab ich gemerkt, wir passen ja zusammen"

Von Alexander Walter 16.07.2013, 03:24

Bei einem ungewöhnlichen Projekt haben Abiturienten und Patienten des Zentrums für Soziale Psychiatrie (ZSP) über sechs Monate regelmäßig gemeinsam gemalt. Neben außergewöhnlichen Bildern sind dabei auch überraschende Erkenntnisse entstanden.

Salzwedel l Klaus-Peter Heinrich war schon etwas skeptisch, als er hörte, dass er mit Schülern des Jahngymnasiums Bilder malen soll - das gibt er offen zu.

Doch schon nach der ersten Stunde habe er gemerkt: "Halt die sind ja gar nicht so verkehrt. Wir passen ja gut zusammen", erzählt der ehemalige Patient des Zentrums für Soziale Psychiatrie Salzwedel (ZSP). Es war ein Schlüsselerlebnis, das allen Berichten nach die meisten Teilnehmer der ungewöhnlichen Kooperation zwischen dem Salzwedeler Gymnasium und dem ZSP gemacht haben.

Auf Initiative von Nicolas Nowack, Ärztlicher Leiter des (ZSP), und Andreas Neuling, Kunstlehrer am Jahngymnasium, hatten sich dabei acht Oberstufenschüler, fünf Patienten des ZSP und weitere Interessenten zu einem gemeinsamen Malkurs zusammengefunden. Von Oktober bis Juni traf sich die Gruppe einmal pro Woche zum gemeinsamen Malen - abwechselnd in der Schule und in der Klinik. Und fast beiläufig kamen die ungleichen Hobbykünstler dabei immer besser miteinander in Kontakt.

Isabel Lütkemüller hat als Schülerin an dem Projekt teilgenommen. "Wir waren von vornherein offen, hatten aber schon unsere Vorstellungen vom Gegenüber", sagt die 18-Jährige.

Eben diese Vorstellungen seien dann allerdings widerlegt worden. Heute sagt Isabel: "Die Patienten haben ein solches Talent, das glaubt man gar nicht." Vieles hätten sie und ihre Mitschüler sich abgeguckt, hätten teilweise auch den Stil der Patienten übernommen. "Am Ende haben beide Seiten voneinander profitiert." Erkenntnisse wie diese seien eines der wichtigsten Anliegen des gemeinsamen Projekts gewesen, erklärt Arzt Nicolas Nowack. Das Kunstprojekt, das in dieser Form bundesweit eine Premiere darstelle, habe beiden Seiten die Möglichkeit gegeben, andere Lebenswege und -situationen kennenzulernen, sagt er.

Das Geheimnis dabei: "Über das Malen kommen die Teilnehmer wesentlich einfacher ins Gespräch, als wenn man sich einfach so treffen würde."

Ach ja, Kunstwerke sind bei der Kooperation natürlich auch entstanden. Und nicht nur das. Gemeinsam haben es ZSP und Jahngymnasium sogar geschafft, ihre Werke unter dem Titel "Mit Gemälden zurück ins Leben" im Haus der Kassenärztlichen Vereinigung in Hamburg (KVH) auszustellen.

"Die Mitarbeiter dort achten auf ein hohes künstlerisches Niveau", sagt Nicolas Nowack. Deshalb sei der Erfolg, die Werke dort untergebracht zu haben, gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Auch der ehemalige Patient Klaus-Peter Heinrich konnte mehrere seiner Bilder beisteuern. "Besonders gut gelungen ist mir ein Werk mit dem Titel ¿Nautilus\', das sich mit dem Thema U-Boote beschäftigt", erzählt er.

Wer nun neugierig geworden ist, kann die Ausstellung noch bis 31. Juli, im Haus der KV Hamburg (Humboldstraße 56, Öffnungszeiten montags bis donnerstags 8 bis 16 Uhr, freitags 8 bis 15 Uhr) besichtigen.

Doch auch, wer es nicht nach Hamburg schafft, könnte die Werke zu sehen bekommen. Denn eventuell werden die Bilder anschließend auch in der Tagesstätte "Grips" in Lüchow sowie im ZSP selbst gezeigt.

Und noch eine weitere Fortsetzung soll es geben: Im Herbst möchte Nicolas Nowack wieder einen Malkurs für weitere Schüler des Gymnasiums und andere Patienten seiner Einrichtung anbieten.