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Kalbenser mussten sich verantworten "Diebstahl mit Kinderwagen - verwerflich"

02.03.2012, 04:23

Es war alles dabei: Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und Fahren ohne Führerschein. Diese Straftatbestände wurden gegen ein Ehepaar aus Kalbe am Amtsgericht Gardelegen verhandelt.

Von Ilka Marten

Gardelegen/Kalbe l Am 6. Mai 2011 sollen die beiden einem Kalbenser im Kurpark "eine Abreibung verpasst haben", wie Staatsanwalt Toralf Voigt sagte. Hintergrund der Streitigkeiten: Das vermeintliche Opfer wollte den Mann wegen Fahrens ohne Führerschein anzeigen. Auch die Ehefrau soll an der Attacke mitgewirkt haben: "Mit Tritten gegen die Rippen", so Voigt. Für ihn läge es auf der Hand, dass die gefährliche Körperverletzung "tatsächlich durch beide begangen worden ist". Haupttäter sei der Ehemann mit Faustschlägen und Tritten gewesen. Die Ehefrau bestreitet die Vorwürfe: "Ich habe damit nichts zu tun. Ich war mit meinem Kind an dem Tag Eis essen."

Wenig Aufhellung bringt das vermeintliche Opfer in den Prozess, der Mann muss als Zeuge aussagen. Seine Verletzungen und angeblichen Arztbesuche nach der üblen Attacke werfen Fragen auf. Denn nachdem die Kalbenser Ärzte kontaktiert wurden, gibt das Opfer im Zeugenstand doch zu: "Ich war bei keinem Arzt." Richter Axel Bormann konstatiert: "Dass Sie hier bei mir Blödsinn erzählen, verstehe ich nicht.."

Noch weniger überzeugt der Polizeibeamte, der die Verletzungen des Geprügelten gesehen haben will: "Außer einem blauen Fleck war nichts zu sehen." Und entschuldigend fügt er sofort hinzu: "Ich habe es nicht fotografiert, warum, weiß ich auch nicht." Dann zeigt er, wo die Verletzung gewesen sein soll - allerdings auf der anderen Körperseite, als dies das vermeintliche Opfer tat.

So strittig die gefährliche Körperverletzung ist, so klar sind die Diebstahlsvorwürfe. Die junge Ehefrau klaute im November 2011 Lebensmittel in einem Kalbenser Einkaufsmarkt. Sie hatte die Waren unter die Decke im Kinderwagen geschoben. Ihr Mann war drei Monate zuvor gleich zweimal erwischt worden . Hinzu kommen bei ihm zwei Fahrten ohne Führerschein und Trunkenheit im Verkehr. Gerichtserfahren ist der Mann allemal: Er hat bereits neun Eintragungen, unter anderem wegen Beleidigung, wegen sexuellen Missbrauchs, versuchten Raubes, Betruges und Diebstahls.

"Es hilft nur, das Schutzinteresse des Staates zu wahren"

Staatsanwalt Toralf Voigt

Staatsanwalt Voigt wird deutlich: "Er wandert seit geraumer Zeit durchs Gesetzbuch, ist Bewährungsversager, einfach unbelehrbar. Es hilft nur noch, das Schutzinteresse des Staates zu wahren, also wegsperren." In seinem Straftantrag fordert er für den Ehemann eine Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsentzug. Für die Ehefrau beantragt er 8,5 Monate Freiheitsstrafe für die gefährliche Körperverletzung und ihren Diebstahl. Doch es kommt anders, denn Richter Bormann spricht das Pärchen vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung frei: "Der Beweis ist nicht erbracht worden. Das Gericht hat Zweifel, dann muss ich die Angeklagten freisprechen."

Für den Diebstahl verurteilt er die Kalbenserin zu einer Geldstrafe in Höhe von 320 Euro. "Diebstahl mit dem Kinderwagen, das ist äußerst verwerflich", so Bormann. Ihr Ehemann erhält für seine Taten unter Einbeziehung eines Urteils vom Amtsgericht Stendal ein Jahr Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Außerdem muss er 1000 Euro zahlen. Bormann: "Man kann nur hoffen, dass er künftig ein straffreies Leben führt." Der Angeklagte selbst hört das nicht mehr, denn er ist zum letzten Verhandlungstag gar nicht erst erschienen.