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Feuerwehr Feuerinferno in der Silvesternacht

Bei Bränden in einem Antiqitätenladen und einem Wohnhaus in Salzwedel ist ein Schaden in sechstelliger Höhe entstanden.

Von Alexander Rekow 01.01.2020, 09:18

Salzwedel l Fassungslos steht Gerald Jericke (65) auf Salzwedels Holzmarktstraße. Mit zitteriger Hand zieht er an einer Zigarette und sieht seine Existenz in Flammen aufgehen. In der Silvesternacht ist sein Antiquitäten- und Trödel-Geschäft komplett abgebrannt. Auch im benachbarten Wohnhaus in der Kramstraße wütet das Feuer. Das Hab und Gut des 65-Jährigen löst sich vor seinen Augen in Rauch auf.

Gegen 22 Uhr erhält die Feuerwehr den Notruf, dass in Salzwedels Stadtzentrum ein Feuer wütet. Einige Frauen, die in der Nähe waren, haben die Feuerwehr alarmiert. „Ich habe mit meiner Frau gerade aus dem Fenster geschaut“, sagt Jericke. Das ist an der Ecke Neutor- und Holzmarkstraße. „Das riecht doch komisch“, meint seine Frau. Da ist es etwa 21.50 Uhr. „Das ist bei mir“, fürchtet der Antiquitätenhändler und läuft auf die Straße. Er soll recht behalten.

Jericke rennt noch einmal in sein Wohnhaus. „Ich habe noch die Geldkassette gerettet“, erzählt er weiter. Aufgrund des Rauches ist ihm bereits klar, „hier musst du raus, sonst gehst du drauf“. Seine Katze habe sich ins Freie retten können und sei davongelaufen.

Fortan bestimmt Blaulicht die Szenerie. Die Salzwedeler, die Cheiner und weitere Wehren aus der Einheitsgemeinde rücken mit Leiterwagen, Löschfahrzeugen und Atemschutzgeräten an, um ein weiteres Übergreifen auf benachbarte Häuser zu verhindern. Schaulustige beobachten die Löscharbeiten.

Die Holzmarktstraße ist von historischen Fachwerkhäusern geprägt. So auch das Geschäft von Gerald Jericke. Sein Wohngebäude in der Kramstraße sei Ende des 19. Jahrhunderts errichtet worden, das Geschäftshaus sei noch wesentlich älter. Beide Gebäude sind miteinander verbunden.

Als Jericke in der Kramstraße vor seinem Wohnhaus steht, fällt ihm sofort ein Tennisball großes Loch in der Schreibe auf. Er vermutet, dass mutwillig Feuerwerkskörper hineingeworfen wurden. Zum Zeitpunkt des Einsatzes gehen einige Feuerwehrkräfte und Polizisten davon aus, dass Pyrotechnik durch den Briefschlitz in das Geschäft geworfen wurde. Doch dies sind nur die ersten Eindrücke. Denn noch in der Nacht rückt die Kriminalpolizei an, die nun die Ermittlungen aufgenommen hat und vor Ort die erste Personen befragt. Gerald Jericke wird unterdessen vom Kriseninterventionsteams betreut. Zu tief sitzt der Schock.

Salzwedels Bürgermeisterin Sabine Blümel zeigt sich am Telefon erschüttert. Doch voreilige Schlüsse wolle sie nicht ziehen: „Ob der Brand in Verbindung mit Feuerwerkskörpern steht, ist noch nicht bekannt.“ Daher warte sie nun die Ermittlungen der Polizei ab. „Sollte sich aber herausstellen, dass das der Fall war, setzen wir uns umgehend mit Feuerwehr und Polizei zusammen und reden auch über ein mögliches Böllerverbot.“ Doch dazu komme es nur, wenn es eine Gefährdungslage gebe, so Blümel. 

In Salzwedels Nachbarstadt Lüchow haben die Kommunalpolitiker die Reißleine gezogen, nachdem es in der Silvesternacht von 2018 zu 2019 mehrere Brände gegeben hatte. Dort ist Böllerei in der Innenstadt verboten worden. In Salzwedel sahen die Stadtverantwortlichen hingegen keinen Grund, ein Verbot - zumindest für die historische Altstadt - zu erlassen. Im Gegenteil, aus dem Rathaus hieß es, „dass die Bürger im Grunde sehr sorgsam im Umgang mit Pyrotechnik sind“, wie Stadtsprecher Andreas Köhler wenige Tage vor dem Jahreswechsel auf Volksstimme-Anfrage erklärt hatte. Stadtwehrleiter Mario Müller hatte sich ebenfalls gegen ein Feuerwerksverbot ausgesprochen. Auch er setzte auf die Vernunft der Bürger.

Die Polizei schätzt den entstandenen Schaden auf einen unteren sechsstelligen Betrag. Laden und Wohnhaus sind nicht mehr zu betreten und wurden von der Kripo beschlagnahmt. Aufgrund der Einsturzgefahr und herunterfallender Dachziegel wurde der unmittelbare Bereich gesperrt. Die Ermittlungen dauern an. Hinweise zu etwaigen Tätern, nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.