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Fördermittelstreit Briefe belegen Zahlungen an Kunsthaus

Der Verdacht: Das Salzwedeler Kunsthaus hat unrechtmäßig Fördermittel erhalten. Ein Briefwechsel erhärtet das.

Von Alexander Walter 05.12.2015, 00:01

Salzwedel l Noch prüft die Kommunalaufsicht, für ein Urteil ist es deshalb zu früh. Doch der Volksstimme liegen jetzt mehrere Briefwechsel zwischen Stadt und Kunststiftung vor, die den Verdacht erhärten, dass unter Salzwedels ehemaliger Oberbürgermeisterin Sabine Danicke 500.000 Euro am Stadtrat vorbei an das Kunsthaus geflossen sind. Passiert ist das den Briefen zufolge in den Jahren 2012 und 2013. Und damit nur neun Monate nachdem der Stadtrat eine hohe finanzielle Beteiligung der Stadt am Projekt ausdrücklich abgelehnt hatte.

Es zeigt sich folgender Ablauf: In einem ersten Schreiben vom 20. Dezember 2012, der von Danicke und der für Stadtumbau zuständigen Mitarbeiterin Ines Kahrens unterzeichnet wurde, informiert das Salzwedeler Bauamt die Kunststiftung darüber, dass Fördergeld aus dem Programm Stadtumbau Ost in Höhe von 300.000 Euro für das Kunsthaus bewilligt worden sei.

Während im Brief zwar angegeben ist, dass Bund und Land jeweils 150.000 Euro übernehmen, fehlt der entscheidende Passus: Da das Programm Stadtumbau Ost verpflichtend eine Drittelung der Finanzierung vorsah, musste die Stadt 150.000 Euro beisteuern, um das Geld in Anspruch nehmen zu können. Nach dem Stand der Dinge liegt der Verdacht nahe, dass diese Summe aus dem städtischen Haushalt freigegeben wurde, ohne sie zu deklarieren und ohne den Stadtrat zu informieren.

Knapp ein Jahr später erhält die Kunststiftung einen weiteren Brief mit ganz ähnlichem Inhalt. Diesmal teilen die Unterzeichnerinnen Sabine Danicke, Ines Kahrens und Martyna Hartwich der Kunststiftung die Bewilligung von weiteren 700.000 Euro aus dem Programm Stadtumbau Ost mit. Während auch hier Bund und Land als anteilige Geldgeber aufgeführt werden, fehlt der Pflichtanteil der Stadt erneut (in diesem Fall 350.000 Euro). Auch dieses Geld könnte nach aktuellem Stand ohne Wissen des Stadtrates und ohne Deklaration für das Kunsthaus freigegeben worden sein.

Zumindest den Fehler bei der Auflistung der Anteilssummen korrigiert die Stadt später in zwei weiteren Briefen vom 3. Juli 2014. Darin hebt Bauamtsleiterin Martyna Hartwich die angegebene Fördersumme für den ersten Bescheid auf 450.000 Euro und für das zweite Schreiben auf 1,05 Millionen Euro an. Der ausdrückliche Hinweis auf einen Anteil der Stadt fehlt zwar auch hier. Beim Nachrechnen ergibt sich jedoch die verpflichtende Drittelung der Anteile für Bund, Land und Kommune. Den Rest von 50.000 Euro für den zweiten Bescheid hatte der Stadtrat als Anschubfinanzierung auf korrektem Wege bewilligt.

Daran, dass Geld geflossen ist, besteht kein Zweifel. Salzwedels kommissarischer Bürgermeister Andreas Vogel hatte erst am Dienstag schriftlich auf Anfrage der Volksstimme schriftlich erklärt: „Die Hansestadt Salzwedel hat über das Förderprogramm Stadtumbau Ost der Kunststiftung insgesamt 1,5 Millionen Euro an Fördermitteln bewilligt. Das Förderprogramm ist zu einem Drittel durch die Hansestadt gegenfinanziert.“

Der entscheidende Punkt aber ist: Im Haushalt finden sich keinerlei Hinweise auf die Verwendung der Mittel. Noch gravierender ist: Der Stadtrat wurde offenbar nicht nur in Unkenntnis gelassen, sondern möglicherweise bewusst übergangen. Denn erst Anfang März 2012 – also neun Monate vor dem ersten Förderbescheid an die Kunststiftung durch die Stadt – hatte das Gremium zwar 50.000 Euro als Anschubfinanzierung freigegeben, zugleich aber ein höheres finanzielles Engagement der Stadt ausdrücklich abgelehnt. Und das, obwohl Dietrich von Gruben als Vorsitzender der Kunststiftung zuvor eine Dreiviertelstunde lang für mehr Geld für das Projekt geworben hatte.

Offen sind damit gleich mehrere Fragen: Wo sind die Anträge der Stadt auf Gewährung der Fördermittel für das Kunsthaus geblieben und wer außer den Unterzeichnern hatte davon Kenntnis? Was weiß die Kunststiftung über die Umstände der Zahlungen für die Sanierung des Lyzeums? Und was wusste Sascha Gille, der als Stifungsmitglied zugleich für die FDP im Stadtrat saß? Unklar ist zudem, ob das Rechnungsprüfungsamt über die Vorgänge im Bilde war. Eigentlich hätte das Amt jede Auftragsvergabe im Zusammenhang mit dem Projekt ab einer Höhe von 12 000 Euro prüfen müssen.

Hauptamtsleiter Matthias Holz lehnte gestern stellvertretend für andere Stadtmitarbeiter eine Stellungnahme zum Thema vorerst ab. Die Kunststiftung verwies auf Anfrage auf einen möglichen späteren Termin für die Klärung offener Fragen.

Das Rathaus hat unterdessen Konsequenzen gezogen: Am 23. November verschickte die Verwaltung ein Fax mit der Bitte um Prüfung und rechtliche Würdigung der Förderung der Kunststiftung an die Kreisverwaltung. Kreissprecherin Birgit Eurich bestätigte das gestern auf Nachfrage der Volksstimme.

Eine erste Prüfung durch die Kommunalaufsicht sei bereits erfolgt, sagte Eurich weiter. „Zur abschließenden Bewertung ist es erforderlich, weitere Unterlagen von der Stadt abzufordern. Ein Ergebnis wird für Januar 2016 angestrebt“, teilte die Sprecherin mit.

Welche Konsequenzen auf die Stadt und ihre Mitarbeiter zukommen könnten, dazu könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts gesagt werden.