Ausbildung Friseur: Ein Beruf voller Vielfalt
Von ihren Erfahrungen als angehende Friseurin erzählt Katharina Göhrs aus Salzwedel.
Salzwedel l „Unser Beruf steckt voller Vorurteile“, sagt Katharina Göhrs und jedes einzelne sei völliger Blödsinn. Der jungen Frau mit den blitzenden Augen und der lustigen bunten Frisur ist die Begeisterung anzumerken, wenn sie über ihren Traumberuf spricht. Schon als Teenager hatte sie sich für eine Ausbildung zur Friseurin interessiert. Auf Platz zwei der Wunschberufe habe damals die Erzieherin gestanden.
Dass es mit der Lehrstelle im Salon von Kerstin Stadach geklappt hat, sei, erzählt sie, „ein großes Glück.“ Die Vielfalt, die der Beruf mit sich bringt, sorge jeden Tag dafür, dass sie gerne zur Arbeit geht, denn, sagt Katharina Göhrs: „Friseur zu sein bedeute viel mehr, als Menschen die Haare zu schneiden.“
Das bestätigt Saskia Klinger. Als Ausbilderin begleitet die 26-Jährige den Alltag der angehenden Kollegin, die inzwischen kurz vor dem Ende des zweiten Lehrjahres steht. Die Zusage nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung, weiter in dem Salon in der Holzmarktstraße arbeiten zu können, hat sie schon heute in der Tasche.
„Alles was uns hier fehlt, ist ein Whirlpool“, sagt Saskia Klinger mit einem Augenzwinkern. Ansonsten habe Inhaberin Kerstin Stadach alle Register gezogen, um auch anspruchsvollen Kundenwünschen entgegen zu kommen.
„Das ist das Tolle an dem Beruf“, sagt Katharina Göhrs. Weil kein Kunde dem anderen gleicht, gelte es sich ständig auf neue Menschen und deren Wünsche einzustellen. Fingerspitzengefühl sei dabei nicht nur beim shampoonieren, massieren, färben, gestalten und schneiden gefragt: Im Zeitalter der Sozialen Medien gehörten auch Kunden zum Alltag, die unvermutet das Foto ihres Lieblings-Stars auf den Bildschirm eines Mobiltelefons zaubern: „Genau so will ich aussehen!“
„Manchmal geht das und manchmal nicht“, schmunzelt Saskia Klinger: Unter anderem entscheiden Haar- und Hauttyp des Kunden darüber, wie tief die Haarkünstler in ihre Trickkiste greifen müssen, um das gewünschte Äußere in die Tat umzusetzen.
Das umfangreiche Fachwissen über die Zusammenstellung von Chemikalien, Farben, Wirk- und Werkstoffen ist Teil der Berufsschulausbildung. An zwei Tagen in der Woche fährt Katharina Göhrs nach Magdeburg. Auf dem Lehrplan der Berufsbildenden „Schule Hermann Beims“ findet sich bei den Friseur-Klassen unter anderem der Schwerpunkt „Kundenberatung, Kundenbetreuung, Kommunikation“.
„Das ist reine Psychologie“, sagt Saskia Klinger, die sich, 2012 - trotz eines erweiterten Realschulabschlusses mit der Traumnote 1,1 - für eine Ausbildung als Friseurin entschieden hat. Auch sie kennt die Vorurteile, die jungen Menschen, die sich für eine Ausbildung im Friseur-Handwerk interessieren, begegnen: „Das fängt oft zu Hause an“, sagt sie. Liegen die Noten im Abschlusszeugnis über dem Durchschnitt, seien viele Eltern mit dem vermeintlich guten Rat zu Hand, einen Bogen um Berufe im Handwerk zu schlagen. Dass vor allem im Friseur-Beruf, neben einer gehörigen Portion Kreativität, ein überdurchschnittliches Verständnis für Zahlen, ein gutes Gedächtnis, offene Ohren, Witz und Verstand gefragt sind, sei den meisten Menschen wohl gar nicht bewusst.
Ein Vorurteil sei es auch, dass die angehende Friseure für einen „Hungerlohn“ arbeiten. „Da hat sich eine Menge getan“, bestätigt Kerstin Stadach. Nach Auskunft der Handwerkskammer in Magdeburg erwartet künftige Lehrlinge im ersten Jahr eine Vergütung von 515 Euro. Das Entgelt steige über 607,70 Euro im zweiten, auf 695,25 im dritten Lehrjahr. Unbenommen sei zudem die Möglichkeit, den jungen Menschen in den Betrieben zusätzliche finanzielle Anreize, etwa in Form von Bonuszahlungen, zu bieten.
„Das ist schon eine tolle Sache“, freut sich Katharina Göhrs, die eben dabei ist, den Autoführerschein zu machen. Kerstin Stadach plant, neben dem Alltagsgeschäft einen mobilen Haarkunst-Service auf die Räder zu stellen und darauf ist Katharina besonders gespannt.
„Der Beruf ist total vielseitig“, sagt die junge Frau: Das Spektrum der Weiterbildungsmöglichkeiten reicht vom Makeup-Artist, einem Fachmann für die Veränderung der Gesichtszüge mittels Pinsel, Farbe und Puder bis zum Spezialisten für traditionelle Schönheitsmittel und Naturfarben. Es sei sogar möglich, ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung anzuhängen. „Da ist wirklich für jeden etwas dabei“, sagt Katharina Göhrs: „und das gilt auch für Jungs.“
Tatsächlich habe die Mode, einen Bart im markanten Gesicht zu tragen, für spürbares Interesse der Kunden an Barbieren gesorgt. „Auch das ist in Deutschland ein beinahe vergessener Beruf aus unserem Handwerk“, sagt die junge Frau, die sich freut, in ihrem Ausbildungsbetrieb auch die alte Kunst von Rasur und Bartgestaltung lernen zu können.
„Es gibt ein großes Interesse an männlichen Friseuren - nicht nur von Männern, die ihren Bart in Bestform sehen wollen“, bestätigt Kerstin Stadach. Aber: „Woher nehmen und nicht stehlen?“ Junge Menschen, die sich für eine Ausbildungsstelle als Friseur interessieren, könne man im Altmarkkreis an einer Hand abzählen. „Am wichtigsten ist die Lust auf den Beruf“, sagt die Ausbilderin: Alles andere kommt mit der Zeit, „und wer sich vornimmt, in die Fußstapfen von Katharina zu treten, der hat sich richtig etwas vorgenommen.“