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Gericht Das LKA vermutet ein System dahinter

Hat ein Türke seinen Führerschein verfälscht? Dieser Frage ging das Amtsgericht Salzwedel nach.

Von Alexander Rekow 14.08.2018, 03:00

Salzwedel l Ein türkischer Staatsbürger hat der Führerscheinstelle des Altmarkkreises Salzwedel seinen türkischen Führerschein zum umschreiben in eine europäische Fahrerlaubnis vorgelegt. Die Behörde reicht dem Landeskriminalamt (LKA) das Dokument zur Prüfung weiter. Die Beamten stellen schließlich fest: der ist verfälscht und sie vermuten gar ein System dahinter. Der 43-jährige Angeklagte behauptet aber das Gegenteil. Daher versucht Richter Klaus Hüttermann, der Wahrheit im Amtsgericht Salzwedel auf die Spur zu kommen.

„So werden Auswärtige nicht immer begrüßt“, witzelt Hüttermann eingangs, als ein Hochzeits-Autokorso hupend das Gericht passiert. Ein Dolmetscher übersetzt die Worte, denn der Türke, der seit zwei Jahren in Deutschland sein Geld verdient, spricht nur gebrochen Deutsch.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wirft dem Familienvater vor, am 24. Juni 2017 im Straßenverkehrsamt eine unechte Urkunde vorgelegt zu haben – seinen Führerschein. So befände sich auf dem Führerschein ein kleiner Chip, ähnlich dem auf einer EC-Karte, der manuell eingesetzt worden ist. Das zumindest hat das LKA ermittelt, da die Folie, die das Dokument umgibt, nicht einwandfrei war. Zudem waren die Kanten der Karte den Beamten etwas zu eckig, also ebenso manuell gefertigt.

„Das ist kein Vergehen, dass ist zwingend so vorgeschrieben“, sagt der Angeklagte. Der Chip sei in der Türkei zum Fahren von Bussen und Lkws erforderlich. Der 43-jährige Familienvater bestätigt aber, dass der Chip 2004 nachträglich eingesetzt worden ist. Das musste er, habe ihm ein türkisches Polizeipräsidium gesagt, da auf dem Chip die Fahrerdaten gespeichert werden. Ähnlich eines Fahrtenschreibers bei deutschen Truckern.

„Damals war der Chip noch nicht nötig“, erklärt der Verteidiger. Heute gebe es Bußgelder, wenn er nicht auf dem Führerschein sei. „Und wer hat den Chip eingefügt“, will der Richter wissen. Die Chips, so der Angeklagte, wurden „in Läden“ eingesetzt. „Die Türkei gibt doch nicht ihre Autorität für staatliche Dokumente aus der Hand“, glaubt Richter Hüttermann. „Doch“, sagt der 43-Jährige, ein Freund hätte den Führerschein auch so.

Fest steht, dass der Türke eine gültige Fahrerlaubnis mit den entsprechenden Klassen besitzt. Das bestätigte das türkische Konsulat in Hannover dem Richter – ausgestellt 1997.

Der Verteidiger möchte seinen Angeklagten in keinem schlechten Licht stehen lassen. „Sein Arbeitgeber sagte mir, er sei grundehrlich.“ Daher sei der Chef auch bereit, die Kosten der Führerschein-Umschreibung zu tragen. Trotzdem, „zu einem Freispruch komme ich an Ort und Stelle nicht“, sagt Richter Hüttermann. Der Anwalt macht sich Gedanken, wie er die Unschuld seines Mandaten beweisen kann: „Wir brauchen eine Bestätigung, dass es bis 2007 noch keinen Chip gab – und sich Lkw- und Busfahrer selbst kümmern müssen.“ „Wenn ich selbst vor Ort bin, wäre das möglich“, sagt der Angeklagte.

Eine Mitarbeiterin des Straßenverkehrsamt fragt sich indes, warum das Dokument verfälscht worden ist, wenn der 43-Jährige doch eine gültige Fahrerlaubnis besitze. Denn mit einem gültigen Führerschein hätte er sich eine Fahrausbildung erspart und müsste nur zu den Prüfungen. Damit der Angeklagte wieder zu einem Führerschein und damit zur Arbeit kommt, verzichtet er einvernehmlich mit Richter und Staatsanwaltschaft auf die Aushändigung seines türkischen Scheins vom LKA. Das Verfahren ist damit eingestellt – und der 43-Jährige wird nun erneut zur Fahrschule müssen.