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Gericht Hitlergruß beim Gedenken zur Pogromnacht

Ein Salzwedeler hatte illegal Waffen gebunkert, war mit mehr als vier Promille unterwegs und hat den Hitlergruß gezeigt.

Von Alexander Rekow 16.07.2020, 12:30

Salzwedel l Die Anklagebank ist einem 50-jährigen Salzwedeler nicht fremd. Schon 21 Mal hat er sich als Beschuldigter darauf wiedergefunden, wie Richter Klaus Hüttermann am Amtsgericht auflistete. Mehrfacher Diebstahl, häufig volltrunken am Straßenverkehr teilgenommen, hin und wieder Fahren ohne Fahrerlaubnis, Körperverletzung – mit und ohne Todesfolge –, Hausfriedensbruch, Nötigung, räuberische Erpressung, Sachbe­schädigung, unerlaubter Waffenbesitz, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Nun wurde die Liste erweitert. Denn erneut ist der Mann volltrunken aufs Rad gestiegen und wieder war er wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Neu hinzu ist die Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen gekommen. Die Justiz hatte alle drei Straftaten in einer Verhandlung gebündelt.

So warf ihm die Vertreterin der Staatsanwaltschaft vor, im Vollrausch am 6. August 2019 volltrunken auf sein Rad gestiegen zu sein. Der Promillewert: 4,1. Ein Polizist, der als Zeuge aussagte, erinnerte sich an den Tag. Denn eigentlich sei er von einem Dritten wegen Körperverletzung gerufen worden. Der Geschädigte gab an, dass ihn der Angeklagte geschlagen habe. „Ich habe ihn nicht geschlagen, er ist mit dem Rad gestürzt und war auch betrunken“, so der 50-Jährige. Kurzum: Als die Polizei die Situation aufnehmen wollte, setzte sich der Angeklagte aufs Rad und wollte davon fahren. Der Polizist vor Ort holte ihn aber schnellen Schrittes wieder ein. „Ich habe ihn extra gewarnt“, sagte der Beamte. Dies aber interessierter den 50-Jährigen nicht. Unterm Strich bekam er eine Anzeige für Trunkenheit im Verkehr.

Auch am 15. Juni 2019 hatte der 50-Jährige mit der Polizei zu tun. Seinerzeit rief er selbst die Polizei, Unbekannte seien in seine Gartenlaube eingebrochen. Als die Polizei ankam, um die Spuren zu sichern, seien ihnen Waffen aufgefallen, sagte ein Polizist, der seinerzeit vor Ort war. „An der Wand hing ein Luftdruckgewehr und ein Messer mit massiver Klinge steckte dort auch“, so der Beamte. Das Gewehr hätte statt der maximal erlaubten 7,5 aber mehr als 18 Joule gehabt. Außerdem war die Klinge des Messers zu lang und fiel unter das Waffengesetz. Problem: Der Angeklagte durfte ohnehin keine Waffen haben. Der Altmarkkreis verfügte dies bereits 2017. Dass der 50-Jährige die Waffen als Sammlerstück betrachtete, hilft dabei wenig.

Zu guter Letzt wurde der Salzwedeler am 9. November 2019 auffällig. An diesem Tag fand eine Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht statt. 60 Teilnehmer gingen daher die Stolpersteine in Salzwedel ab. Als diese in der Burgstraße ankamen, zeigte der Angeklagte den Hitlergruß in ihre Richtung. Nicht kurz, sondern knapp drei Minuten, wie sich eine Zeugin erinnerte: „Ich konnte es nicht begreifen.“

„Sie provozieren offensichtlich gern“, raunte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer: „Und behördliche Anweisungen zählen für Sie nicht.“ Unterm Strich forderte sie eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Obendrein Arbeitsstunden: „Dann haben Sie Zeit, etwas Vernünftiges zu machen.“ Richter Hüttermann schloss sich der Forderung in seiner Gesamtstrafe an – bis auf die Arbeitsstunden. Er wolle erst abwarten, was die Bewährungshilfe ihm berichtet: „Weitere Auflagen behalte ich mir vor.“