Ein Wiedersehen nach 15 Jahren: "44 Leningrad" verwandelte das Hanseat am Sonnabend in einen Hexenkessel "Jeschoras": Publikum lässt russischen Bären tanzen
Im Salzwedeler Hanseat haben am Sonnabend "44Leningrad" gerockt. Von der russischen Melancholie ließ die Band nichts spüren. Nach 15 Jahren Abstinenz wurde ein Wiedersehen gefeiert.
Salzwedel l Dem russischen Volk wird gern eine Neigung zur Melancholie attestiert, die es in seinem Liedgut dann auch zum Ausdruck bringt. Dass russische Musik und Schwermut nicht unbedingt gleichzusetzen sind, bewies am Sonnabend im Hanseat die Potsdamer Band "44 Leningrad".
Während auf der Bühne die fünf Bandmitglieder um Theodor Dietmarjewitsch den russischen Bären fliegen ließen, rockten auf der Tanzfläche davor die Massen, drehten sich und wirbelten umher, so dass kein Hemd am Leibe trocken blieb. Es war eine wahre Freude zuzusehen, wie sich Band und Publikum gegenseitig anheizten und sich kaum ein Minütchen zum Luftholen ließen.
Ja, wo war sie denn geblieben, die mit der russischen Musik so gern assoziierte Melancholie? Fortgeweht durch einen Orkan rasanter Rhythmen, welchen die Potsdamer Band auf der Bühne entfesselte. Die Rezeptur, die "44 Leningrad" verwendet, ist gleichzusetzen der, welche man für ein gutes Essen benötigt. Ein fetter Schweinebraten ergibt noch keine gute Mahlzeit. Erst die richtige Verwendung der Gewürze macht das Ganze dann zu einem lukullischen Genuss. So nahm man als Basis die russische Folklore und würzte diese mit einer Prise Ska, etwas Punk, ein Löffelchen Polka und einen Hauch von Klezmer und fertig ist das Mahl, welches die Potsdamer Meisterköche dann als "Russian Speed Folk" servieren. Auf diese Weise wurde das Hören zum Genuss und die Darbietung auf der Bühne zum Augenschmaus.
Es war eine lange Zeit der Abstinenz, die Band und Publikum durchlebt hatten. Zuletzt rockten die Potsdamer Wunschrussen, ohne noch einen waschechten in ihrer Mitte zu haben, 1998 im Hanseat.
"Und natürlich kommen wir sehr gerne wieder, wenn wir eingeladen werden"
Und so war die Wiedersehensfreude dementsprechend heftig. Die Bindung zu Salzwedel ist groß, denn hier hatte alles gewissermaßen einst begonnen. Katinka von der Band erinnerte sich, dass in Ritze die ersten beiden Alben produziert worden waren. Das erste bereits 1994, also vier Jahre nach der Gründung der Band. "Und natürlich kommen wir sehr gerne wieder, wenn wir eingeladen werden", fügte sie hinzu, während eine Etage tiefer die Stimmung regelrecht explodierte. "Wollt ihr noch mehr?", brüllte Theodor Dietmarjewitsch in den Saal.
"Ja", die Antwort aus hunderten Kehlen von Tänzern und Zuhörern. "Dann sagt es auf Russisch. Noch einmal heißt: Jeschoras", unterwies Theodor seine Fans. Und das Publikum lernte schnell. Nach jedem weiteren Titel gellte es "Jeschoras!" durch den Saal.
Und die Band spielte und spielte. So, als wenn sie die Jahre, die sie nicht in Salzwedel gewesen war, nachholen wollte. Es war die fantastische Symbiose zwischen Musikern und Fans, die den Abend zu einem wirklich ganz grandiosen werden ließ.