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Meinungen gehen auseinander Kein Geld am ersten Krankheitstag: Das sagen Chefs in Salzwedel

Wie Unternehmer und Geschäftsführer in der Altmark über den sogenannten Karenztag und dessen Bezahlung denken. Von Handel über Kita bis Gastronomie, Pflege und Fertigung.

Von Alexander Rekow und Antje Mewes Aktualisiert: 14.01.2025, 08:22
Karenztag? Ja oder Nein? Was sagen Chefs in Sachsen-Anhalt?
Karenztag? Ja oder Nein? Was sagen Chefs in Sachsen-Anhalt? Symbolfoto: dpa

Salzwedel. - Bei Krankenkassen und Arbeitgebervertretungen wird der von Allianz-Chef Oliver Bäte vorgeschlagene Karenztag bei Krankschreibungen differenziert gesehen. Aber wie finden die Chefs an der Basis den Vorstoß? Würden sie ihren Beschäftigten einen Krankheitstag ohne Lohnfortzahlung zumuten?

„Wir halten uns an die Regelungen im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst“, sagt Doris Gensch, Chefin des Eigenbetriebs Kindertagesstätten in Salzwedel. Wie sich die gesetzlichen Regelungen dahingehend entwickeln, bleibe abzuwarten. „Da müssen wir gucken, wie die Politik sich positioniert“, sagt sie.

Hohes Maß an Verlässlichkeit

Nötig findet sie das Ganze für den Eigenbetrieb nicht. „Ich habe vollstes Vertrauen zu unseren Mitarbeitern. Sie gehen sehr sorgfältig mit ihrer Verantwortung um“, betont sie. Gerade den Beschäftigten in den Einrichtungen sei bewusst, was es bedeutet, wenn jemand ausfällt. „Wenn morgens keiner da ist, der die Kita-Tür aufschließt, können die Eltern nicht zur Arbeit“, sagt sie. Deshalb bleibe niemand leichtfertig der Arbeit fern. Es gebe „ein sehr hohes Maß an Verlässlichkeit“ beim Personal des Eigenbetriebs, schätzt sie ein.

Auch Andreas Berlin, Chef des Seniorenzentrums Vita, sieht keinen Anlass, den Karenztag wieder einzuführen. „Es gab ihn ja schon mal, und er wurde nicht umsonst abgeschafft“, betont er. Die Vita habe mitunter „ein Riesenproblem“ wegen Krankschreibungen, aber: „Wer krank ist, ist krank und dabei soll es bleiben“, betont der Geschäftsführer. Aus seiner Sicht sei die Regelung des unbezahlten ersten Krankheitstages überholt und bringe nur Stress. Er sei froh über jeden Mitarbeiter, der da ist.

Hohe Krankenstände

Im Gegensatz dazu kann sich der Chef von Deba-Badsysteme, Dietrich von Gruben, den Karenztag vorstellen. „Wenn es sich rechnet“, so der Unternehmer. Es sei allerdings zu bedenken, dass Mitarbeiter die Krankenkassenbeiträge mittragen – und dazu auch in der Lage sein müssen. „Ob das dann am Ende sozial ist, kann ich nicht beurteilen.“

Jedoch schlage sich seine Firma mit hohen Krankenständen herum, so der Mittelständler. „Ob das von der seelischen Belastung kommt?“, fragt er sich. Es sei jedenfalls kein Geheimnis, dass viele Arbeiter in der Bundesrepublik mit psychischen Problemen krankgeschrieben sind. Nach Angaben im Mental Health Report leiden rund 31 Prozent der Deutschen unter einer psychischen Erkrankung. „Das ist wettbewerbsentscheidend“, so der Mittelständler mit Blick auf die vergleichbar hohen Löhne in Deutschland.

Ein Gastronom in Salzwedel will sich besser namentlich nicht dazu äußern. Wer krank ist, der sei krank. Dennoch werde es den Arbeitnehmern mit der Krankschreibung zu einfach gemacht. Das wiederum belaste den Rest der Kollegen.

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Hagebau-Chef Oliver Stark sieht das anders. „Wir werden vom ersten Tag an zahlen, egal, ob es gesetzlich geregelt ist.“ In seinen Augen werde damit in Deutschland eine populistische Debatte geführt.

Oliver Stark hat dahingehend eine einfache Rechnung: Besser ein Kollege, der ihn anrufe und sich einen Tag mit Schnupfen abmelde, als einer, der zum Arzt geht und dann drei bis fünf Tage fehle.

In Zeiten von Fachkräftemangel könne er sich einen solchen Schritt auch nicht erlauben. Vielmehr müsse die Wirtschaft mehr in die Gesundheitsvorsorge ihrer Mitarbeiter investieren.