Neues Programm begeisterte die Gäste im Salzwedeler Hanseat Liedpoet Wenzel bezaubert mit Poesie
Hans-Eckardt Wenzel hat am Sonnabend im Hanseat sein Publikum mit Liedern voller Poesie und zum Teil mit beißendem Zynismus begeistert. Der Sänger und Liedermacher ist in Salzwedel kein Unbekannter. Er gastierte schon öfter im Hanseat.
Salzwedel l "Noch schöner Lügen" heißt das neue Programm von Wenzel und Band. Und am Sonnabend war er wieder da, dort wo er sich besonders wohl fühlt und was auf einer jahrzehntelangen Freundschaft basiert - im Hanseat. Hans-Eckardt Wenzel ist sozusagen mit dem Hanseat groß geworden. Bereits seit vielen Jahrzehnten steht das Berliner Multitalent immer wieder auf der Bühne des Salzwedeler Szenetreffs. "Wir haben praktisch alle seine Programme hier bei uns aufgeführt", erklärte Hansachef Michael Wolter. Auch am Sonnabend waren viele Fans vor Ort, die mit dem ewigen Revoluzzer Wenzel gealtert sind und ihn seit Jahrzehnten immer wieder im Hanseat begrüßten. So erinnerte sich Wenzel auch an längst vergangene Tage. "Was denkt ihr wohl, wie viele Gehirnzellen ich hier im Hanseat durch den "Blauen Würger" (DDR-Spirituose Klarer "Juwel" mit blauem Etikett) gelassen habe", erklärte der Barde mit rauer Stimme.
Vor zwei oder drei Jahren war er zuletzt in Salzwedel. Damals sollte er vor einer Gruppe Berufsschüler spielen. Am Tag zuvor hatte er in Magdeburg ein Konzert gegeben. "Auf der Herfahrt nach Salzwedel hatte ich mir so viele Fishermans friend reingepfiffen, dass ich ein viertel Jahr keinen Geschmacksunterschied zwischen Bier und Milch mehr feststellte. Aber was sollte es, ich wollte ja frisch sein", sagte der Mann mit dem Matrosenshirt. Nach dem Auftritt war der Song "Jugend in S." entstanden. "Ich wollte es anonym halten, wobei S. nicht für Stuttgart steht."
In seinem neuen Programm führt er auch die Großen der Musikszene, wie Bob Dylan und Woody Guthry zusammen. Ihre Songs, neu interpretiert, vereinen Melodie und Poesie. Wenzel, der Mann der sich in keine Schublade drücken lässt, kann nicht nur singen und spielen, er kann vor allem eines: Unterhalten. Er zieht sein Publikum in den Bann, ermuntert es zum Lachen, aber auch zum Nachdenken.
Viele seiner Lieder sind melancholischer Natur. "Es gibt so viel zum Lachen im Fernsehen mit diesen ganzen Komikerfressen. Ich dagegen will euch etwas runterziehen, denn froh gelaunte Autofahrer sind schlechte Autofahrer. Hier scheint die Sonne, in Berlin war es grau. Hier ist Sommer und in Berlin ist Herbst. So ein richtiges Selbstmordwetter. Darum gibt es jetzt den Selbstmördersong", sagte der Sänger. Eine düstere Aufzählung einer Reihe prominenter Personen folgte, die sich vorzeitig vom Leben verabschiedet hatten. "Wenn man zum Leben nicht mehr ja sagen kann, wächst der Tod als Retter heran. Gründe gibt es genug zu gehen, mehr als zu bleiben", heißt es in dem Song.
Publikum forderte Zugaben
Doch er kann auch beschwingte Musik, wie seine Russenpolka aufzeigte. Seine stets aufmerksamen Beobachtungen reicht er mit einer gehörigen Portion beißenden Zynismus weiter. Um dem Trinklied von dem Fischerörtchen Kamp, unterhalb von Usedom, den richtigen Rahmen zu geben fragte er beim Publikum an: "Ihr könnt euch doch vorstellen, dass die Bühne hier der Hafen wäre? Genauso, wie wir uns vorstellen könnten, dass die Regierung für uns da ist. Vorstellen können wir uns ja alles."
Ein abwechslungsreiches überaus unterhaltsames Programm mit sehr viel Sprachwitz machte den Abend zum Erlebnis. Am Sonnabend standen mit Wenzel, Hannes Scheffler (Gitarre, Bass), Thommy Krawallo (Gitarre) und Stefan Dohanetz (Schlagzeug, Perkussion) auf der Bühne.
Erst nach zwei Zugaben entließen die Gäste Wenzel Co, die ihr Kommen nicht bereuten. Es war ein schöner Abend, und das ist nun wirklich keine Lüge.