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Mobbing Mobbing auch per Whatsapp - was ein Schüler im Altmarkkreis Salzwedel erlebt hat

Ein 13-Jähriger aus dem Altmarkkreis wird fast täglich von seinen Mitschülern beleidigt, sogar bedroht. Nach Schulschluss geht es weiter – auch über das soziale Netzwerk Whatsapp. Nun haben seine Eltern Anzeige erstattet. Die Volksstimme fragte nach, wie die Polizei bei minderjährigen Straftätern agiert und was Eltern tun können, deren Kinder betroffen sind.

Von David Schröder und Gesine Biermann Aktualisiert: 20.12.2021, 08:55
Mobbing per Whatsapp lässt einen 13-Jährigen auch nach der Schule nicht los: Dieser Chatverlauf ist dem von Jannik ähnlich, aber nicht identisch, um ihn zu schützen.
Mobbing per Whatsapp lässt einen 13-Jährigen auch nach der Schule nicht los: Dieser Chatverlauf ist dem von Jannik ähnlich, aber nicht identisch, um ihn zu schützen. Foto: Gesine Biermann

Altmarkkreis - Der 13-Jährige erzählt unaufgeregt und sachlich, was er in den vergangenen Monaten in seiner Klasse erlebt hat. Aber es geht ihm nahe. Die Volksstimme hat seinen Namen geändert, auch die Schule im Altmarkkreis soll nicht genannt werden. Erkannt werden möchte er natürlich nicht.Angefangen hatte es schon vor den Sommerferien. Beleidigungen werden im Unterricht geflüstert, auf dem Schulhof laut ausgesprochen: „Ey, du bist hässlich, du Opfer und so was, eben alles, was sie finden konnten ...“, zählt Jannik auf.

Warum ist er plötzlich ihr Ziel? „Die machen im Unterricht viel Müll“, sagt Jannik. „Es sind immer die dieselben. Auch die Lehrer sind schon wütend auf die.“ Er hat irgendwann angefangen, sich umzudrehen, wenn hinter ihm in den Bänken mal wieder Stimmung war. Das haben sie ihm offensichtlich übelgenommen. „Was guckst du immer so blöd?“, haben sie ihn häufig gefragt.Zu Anfang habe er das ignoriert, sagt der 13-Jährige. Dann aber wird er auf dem Schulhof angegriffen. „Einer hat mich festgehalten, andere kamen von vorn und haben mir ins Gesicht geschlagen.“ Und die anderen Schüler? Die hätten „einfach nur zugeschaut“, berichtet Jannik.

Mutter des Opfers fällt aus allen Wolken

Er aber hat genug. Jannik geht zu seiner Lehrerin und erzählt ihr, was los ist. Die reagiert auch sofort und nimmt die Gruppe ins Gebet. Doch daraufhin wird er bedroht: Ein Mädchen schreibt ihm per Whatsapp, er solle sich nur vorsehen, nach der Schule soll er von einem älteren Schüler Prügel beziehen.Die Nachricht stellt Jannik in seinen Whatsapp-Status. Alle sollen das sehen. Und da entdeckt es auch seine Mutter – und fällt aus allen Wolken.

Was ihr ihr Sohn dann erzählt, macht sie fassungslos. Sie liest in seinem Whatsapp-Chat Beleidigungen, hört die Sprachnachrichten anderer Schüler, die betonen: „Wir hören damit nicht auf ...“ Nach Abstimmung mit Jannik, seiner Lehrerin und der Schulleitung geht sie mit ihrem Sohn zur Polizei und zeigt das Ganze an.Dass die Polizei Anzeigen auch ernst nimmt, wenn Minderjährige die Täter sind, bestätigt im Salzwedeler Revier auf Nachfrage Pressesprecherin Franziska Hotopp.Allerdings gibt es sowohl in der Ermittlungsarbeit als auch bei Strafen Unterschiede zu erwachsenen Straftätern, macht sie deutlich .

Wichtig bei Mobbing: Beweise sichern und Anzeige erstatten

Dass es überhaupt zur Anzeige kam, war indes richtig und wichtig, betont Katharina Kirst von der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz in Magdeburg: „Die Mutter hat richtig reagiert: Eltern sollten, wenn sie so etwas feststellen, die Situation nie hinnehmen“. Kirst: „Immer erstmal dem eigenen Kind glauben, sich an die Schule wenden, an die Polizei, wenn nötig.“ Zudem sei es wichtig, Beweise zu sichern Nach- richten, Chatverläufe nicht zu löschen, Screenshots anzufertigen, bevor andere Beteiligte sie löschen können.

Janniks Fall bezeichnet sie als klassisch: „Niemand kann im Nachhinein den genauen Grund nennen oder wann es angefangen hat, die Situation schaukelt sich hoch, die Dynamik wächst, das System baut sich auf und ehe man sich versieht, ist es schwer, es wieder in den Griff zu bekommen und gar zu stoppen.“ Da sich die Sticheleien, Attacken und Schikanen gegen eine Person richten, sich alles kontinuierlich über einen längeren Zeitraum zieht, Gewalt eine Rolle spielt und ein Machtungleichgewicht herrscht, spreche man hier von Mobbing.Für Jannik wird sich diesbezüglich mit dem kommenden Schulhalbjahr wohl einiges ändern.

In Abstimmung mit der Schulleitung dürfen seine Eltern seine Versetzung in die Parallelklasse beantragen. Sein bester Freund lernt auch dort. Und Freunde kann der 13-Jährige aktuell gut gebrauchen.