1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Salzwedeler droht Opfer, Finger abzuhacken

Prozess Salzwedeler droht Opfer, Finger abzuhacken

Haftstrafe: Mit einer scharfen Waffe im Kofferraum hat der mehrfach verurteilte Fabian M. einen jungen Mann aus dem Raum Klötze bedroht.

Von Alexander Rekow 09.07.2020, 01:01

Salzwedel l Wiederholt musste sich Fabian M. vor Gericht verantworten. In den zurückliegenden Jahren war der heute 23-Jährige schon mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung oder auch Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. Derzeit sitzt der Salzwedeler in der Jugendanstalt Raßnitz eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ab. Die Zeit in Haft könnte sich nun für ihn um mehr als ein Jahr verlängern.

Es war der 19. Juli 2019, als Fabian M. mit einem geliehenen Auto in einen Ortsteil der Stadt Klötze fuhr, um einen ehemaligen Freund aus der rechten Szene aufzusuchen. Im Kofferraum ein scharfes Gewehr samt Munition, erklärt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage. Und weil M. dem einstigen Freund mit massiver Gewalt drohte und die Langwaffe mit sich führte, saß er erneut auf der Anklagebank. „Ich hacke dir die Finger ab oder schicke dir Leute vorbei“, soll er gesagt haben, obwohl er auf Bewährung war. Äußern wollte sich M. zu den Vorwürfen nicht.

„Ich habe mit meiner damaligen Freundin, meiner Schwester und weiteren Freunden vor dem Haus gesessen und etwas gefeiert“, schilderte das 20-jährige Opfer seine Sicht als Zeuge auf den Juli-Tag: „Irgendwann fuhr ein Auto auf den Weg vor unserem Haus.“ Ein Freund sollte schauen, wer dort ankam. Es war Fabian M., der den Freund aufforderte, das spätere Opfer zu ihm zu schicken. „Er hat mich gefragt, warum ich mich nicht mehr melde.“

Der junge Mann wollte mit M. nichts mehr zu tun haben, wie er erklärte. Kennengelernt hätten sich beide im Oktober 2018 beim Martinimarkt in Klötze. Wer M. ist, das habe er gewusst. Die rechte Szene in Salzwedel sei noch mal von einem anderen Schlag als die in Klötze; M. habe er als Respektsperson angesehen, er sei der Kopf der Salzwedeler Gruppe.

Doch „aus Respekt wurde Angst“. Die Rechten um Fabian M. hätten ihn vereinnahmt. Ständig sei er abgeholt worden, auch werktags. Nach Hause sei er stets nachts gekommen, weshalb er unausgeschlafen als Lehrling zur Arbeit erschien. Auch mit seinen Eltern habe es deshalb Stress gegeben. Zudem habe er seine damalige Freundin kaum noch zu Gesicht bekommen. Als Konsequenz hatte der 20-Jährige den Kontakt zu M. abgebrochen.

Zurück zum 19. Juli im Raum Klötze vor dem Elternhaus des Bedrohten: Er müsse zu einer Beerdigung und habe zu Hause Probleme, sagte der 20-Jährige zu M., um sich der bedrohlichen Situation zu entziehen. Doch M. schien das nicht zu genügen. Erst habe er ihn gefragt, ob sie es auf einer Wiese unweit des Hauses klären wollten, was der 20-Jährige verneinte. „Dann hat er gefragt, ob er seine Jungs anrufen soll, die mich halb totschlagen.“ Einziger Ausweg: Der 20-Jährige solle mehr als 100 Kilometer wegziehen – in kürzester Zeit. „Schaffst du das?“, soll M. gefragt haben. Nein, habe er geantwortet.

Daraufhin sei er zum Kofferraum des Autos beordert worden. Dort habe ein in einer Decke eingewickeltes Gewehr gelegen. Er habe den Schaft gesehen. M. habe ihn daraufhin aufgefordert, die Waffe anzufassen. „Jetzt habe ich deine Fingerabdrücke“, soll der Angeklagte gesagt haben. Er fügte hinzu, dass er später das Gewehr einem Dritten geben wolle, der jemandem ins Bein schießen solle. „Dann kommt die Polizei, weil deine Fingerabdrücke darauf sind“, soll M. weiter gedroht haben. Und, so der Angeklagte: Der 20-Jährige solle seine Haltung überdenken und am Folgetag mit M. und seinen Anhängern zu einem Fußballturnier fahren. „Er würde mich dann früh abholen, und eine andere Person sollte entscheiden, wie es mit mir weiter geht.“ Aus Angst habe der junge Mann eingewilligt. Nachdem M. wieder weg war, hätten seine Freunde und die Schwester ihm ins Gewissen geredet. Die Gruppe fuhr zur Polizei nach Salzwedel.

Nach einer Besprechung zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft räumte M.’s Anwalt dessen Geständnis ein: „Das Geschehen hat sich so zugetragen.“ Zudem deckten sich die Aussagen der weiteren, zum Teil verängstigten Zeugen mit der des Opfers.

Die Staatsanwaltschaft forderte unterm Strich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten – der Verteidiger plädierte auf ein Jahr.

Das Schöffengericht um Richter Klaus Hüttermann schloss sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an: „Eine Bewährung kommt überhaupt nicht mehr in Betracht.“ Gegen das Urteil nach Erwachsenenstrafrecht kann M. binnen einer Woche Rechtsmittel einlegen.