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Reise Einmal Tschernobyl besuchen

Ein Ereignis lässt Gerhard Schulz aus Hohengrieben nicht los: das Reaktor-Unglück in Tschernobyl. Er will dorthin reisen.

Von Anke Pelczarski 28.09.2018, 03:00

Hohengrieben l Manche Daten prägen sich mehr ein als andere, weil es einen besonderen Bezug dazu gibt. So geht es Gerhard Schulz aus Hohengrieben. Während in dem kleinen Ort am Sonnabend, 26. April 1986, gefeiert wurde, explodierte in Tschernobyl der Reaktor des dortigen Atomkraftwerkes. Einen Tag später ist die Stadt Prypjar evakuiert worden.

„Wir haben erst ein paar Tage später von dem Unglück erfahren“, erinnert sich der heute 66-Jährige. Mit einem Kollegen habe er nach dem Bekanntwerden die Radioaktivität gemessen. Sie sei gering erhöht gewesen. „Wir haben aber keine Vorstellungen, was die Strahlung anrichten kann, wissen lediglich, dass sie gesundheitsschädlich sein soll und auch der Natur schadet“, erzählt Gerhard Schulz. Daraus sei der Wunsch erwachsen, sich selbst ein Bild davon zu machen, wie es dort gut 32 Jahre später aussehe.

„Zumal ich auch eine kleine Bindung zur Ukraine habe. In den 1970er Jahren habe ich dort in einem Bus-Werk gearbeitet“, schildert er. Aus jener Zeit habe er auch noch einen privaten Kontakt nach Lwow.

Der Tourismus in Tschernobyl werde gerade wieder aufgebaut. „Wir wollten aber so eine Tour nicht, wo der Ablauf genau vorgeschrieben wird“, sagt Gerhard Schulz. Am Sonnabend sei die Genehmigung für eine individuell gestaltbare Tour mit einem erfahrenen Begleiter gekommen – für einen Tag. „Schutzbekleidung muss immer noch getragen werden. Wir dürfen uns alle drei Zonen ansehen“, schildert er und fügt hinzu: „Wir werden aber keinen Abenteuertourismus machen, sondern mehr im Fahrzeug sitzen und uns umschauen.“ Allgemein werde die Gefahr als sehr gering beschrieben, sei aber an einigen Stellen auch noch hoch. Er wolle gern die verlassene Stadt sehen, die innerhalb eines Tages evakuiert worden sei, aber auch den neuen Sarkophag, in den die Reaktorruine eingeschlossen sei. „Wir werden auf die Messgeräte und den Führer hören“, sagt der Hohengriebener. Und er wolle sich ein Bild davon machen, wie sich die Tierwelt entwickelt habe.

Der Hohengriebener möchte gern eine Eiche pflanzen als Zeichen dafür, dass die Menschen mehr an der Zukunft arbeiten sollen. Und er wolle ein spezielles Ortsschild anfertigen lassen, dass es von Hohengrieben bis nach Tschernobyl 1741 Kilometer seien.

„Wir starten am 7. Oktober zu viert mit dem Auto. Da können wir mehr vom Land und vom Umfeld sehen als bei einer Flugreise. Und man lernt Leute kennen. Meine Frau Maria sowie Gerald und Ute Eggert kommen mit“, berichtet Gerhard Schulz.

Nach einem Zwischenstopp in Krakau seien ein dreitägiger Aufenthalt in Lwow und der Besuch von Kiew geplant. „Die Genehmigung für den Tschernobyl-Besuch gilt für den 13. Oktober“, sagt der Hohengriebener.

Ob der Wunsch dann tatsächlich wahr werde, das Gelände besuchen zu dürfen, das werde sich zeigen. „Es kann immer noch einiges dazwischen kommen“, überlegt er laut. Im Salzwedeler Stadtarchiv wolle er zuvor noch in der Volksstimme blättern, ob vielleicht parallel zum Zelttanz auch über das Reaktorunglück berichtet wurde. Sozusagen als Zeitdokument.

„Solch ein besonderes Ereignis, das zufällig mit dem Zelttanz zusammengefallen ist, das bewegt mich innerlich sehr“, sagt Gerhard Schulz. Eingeprägt habe sich auch der 26. April 2002. Auch an jenem Freitag wurde in Hohengrieben gefeiert. Wenige Stunden zuvor hatte sich der Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt ereignet.