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Renovierungspläne Moderne Probleme für die Mittelalter-Fans

Die Hansische Gesellschaft liebt das Mittelalter. Sie will die Heilig-Geist-Kirche in Salzwedel restaurieren. Das bringt Hürden mit sich.

Von Christoph Zempel 11.02.2018, 02:00

Salzwedel l 2005 hat die Hansische Gesellschaft die Heilig-Geist-Kirche im Perver bei der Stadt Salzwedel gemietet. Seitdem versucht sie sukzessive, die Kirche zu renovieren und Begeisterung für das Mittelalter in der Hansestadt zu wecken. Nächstes großes Ziel: Die Decke soll saniert werden.

75 Jahre alt ist Bernd Frommhagen inzwischen. Zu Hause seinen Ruhestand verbringen – das will er trotzdem nicht. Noch immer arbeitet er, ist Inhaber des Seniorenheims ,Birkenhof‘. Doch abseits davon hat er noch eine weitere Leidenschaft. Die Geschichte. Im Allgemeinen das Mittelalter, im Speziellen das Spätmittelalter in Salzwedel.

Genau diese Zeit, das 15. und 16. Jahrhundert, ist es, für die er gern mehr Menschen begeistern würde. „Wir wollen einen Eingang in diese Zeit finden“, sagt Bernd Frommhagen, der zugleich auch Vorsitzender der Hansischen Gesellschaft ist. Als Standort dafür haben sie die Heilig-Geist-Kirche im Perver auserkoren. Und sich dem Ziel verschrieben, ein Zentrum des Mittelalters in Salzwedel zu etablieren.

Ein Ziel, das gleichwohl mit vielen Problemen behaftet ist. Denn bevor die Kirche übernommen wurde, stand sie lange leer. Dementsprechend viel zu tun gab es und gibt es auch heute noch. „Das war bauphysikalischer Wahnsinn“, sagt Frommhagen. Trotzdem wurde bereits einiges erreicht.

„Wir haben unter anderem die Elektrik verlegt, die Fenster erneuert und die Empore hübsch gemacht“, erzählt Frommhagen. Am dringendsten jedoch wäre es, die Decke zu restaurieren. „Es gibt Risse auf beiden Seiten der Decke. Doch solange unklar ist, ob die einfach zugemacht werden können, geht es nicht weiter“, sagt er. Und dafür fehlen bislang die finanziellen Mittel. „Wir sind auf Spenden und Einnahmen angewiesen“, erzählt der Vorsitzende der Hansischen Gesellschaft.

Nicht weniger problematisch ist die Feuchtigkeit in den Wänden. Und die zieht auch in den Boden der Kirche. Grund dafür ist, dass Nachbarn Beete in einem dreiviertel Meter Höhe, angrenzend an die Kirche, angelegt haben. Aus dem Boden zieht die Nässe direkt in das Gemäuer. Die Beete hätten die Mitglieder des Vereins eigentlich längst beseitigen können, denn sie liegen auf dem von ihnen gemieteten Grundstück. Doch stießen sie dabei auf eine Hürde. „Zwei Jahre habe ich mit dem Denkmalschutz gekämpft“, blickt Frommhagen zurück.

Denn an die Beete gelangt man nicht so ohne weiteres. Zwischen dem Grundstück des angrenzenden Nachbarn und dem der Kirche ist eine Mauer. „Die wiederum ist auf einem Betonklotz, den der Denkmalschutz für erhaltenswert hielt“, erzählt Frommhagen. Letztlich überzeugte der Vorsitzende der Hansischen Gesellschaft den Denkmalschutz dennoch. Nun führt eine Holztür zu den Beeten. Wann diese jedoch beseitigt werden, klärt sich erst in der nächsten Woche. Dann trifft sich der Verein und berät den Fahrplan für 2018.

In jedem Fall sollen mehr Menschen begeistert werden. Gerade Jüngere. Doch nicht nur mit historischen Fakten. Es soll auch unterhaltsam sein. „Wir wollen mittelalterlichen Spaß vermitteln, sodass auch junge Menschen sich engagieren“, sagt Frommhagen. Dafür plane man etwa ein Bogenschießen. Aber auch Vorträge oder Mahlzeiten im mittelalterlichen Stil. „Wir haben auch schon mittelalterlichen Wein hergestellt und verkostet“, erzählt er. „Der hat den Kreislauf richtig in Schwung gebracht“, blickt er schmunzelnd zurück. Getrunken wurde natürlich aus Krügen. Gegessen von getöpferten Tellern – mit Holzlöffeln.

Um das Essen zuzubereiten, haben sie eigens einen Ofen errichtet - selbstverständlich ist er auch mittelalterlich angehaucht. „Er ist unsere neueste Errungenschaft“, sagt Frommhagen stolz. Draußen auf dem Hof vor der Kirche steht er, unter dem Schutz eines Spitzdaches mit typisch historischen Schindeln. Die wiederum überlappen sich im klassisch mittelalterlichen Stil. Alles muss dem Original nachempfunden sein.

Das ist bei typischen Mittelaltermärkten hingegen nicht der Fall. Die dürften eigentlich nicht so heißen, sagt Frommhagen. „Die haben zu 90 Prozent nichts mit der Epoche zu tun, sondern sind fast nur Fantasie“, sagt er, der er sich selbst intensiv mit jener Zeit auseinandersetzt. Irgendwann soll es auch wieder Ausstellungen geben. So wie im vergangenen Jahr zum Tag des offenen Denkmals. „Wir wollen schließlich nicht nur das Objekt pflegen, sondern die Kirche auch mit Leben füllen“, betont Frommhagen. So wie es die Altvorderen im Mittelalter taten.