1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Kinder kriegen in Corona-Zeiten

Salzwedel Kinder kriegen in Corona-Zeiten

Wer schwanger ist, hat Anspruch auf eine gute Betreuung vor, während und nach der Geburt. Doch ist das in Zeiten von Corona möglich?

Von Janine Ak 24.02.2021, 08:35

Salzwedel l „Auch in Zeiten von Corona läuft das Geburts- und Schwangerschaftsgeschäft unverändert weiter“, sagt Dr. Roberto Müller, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Altmark-Klinikum Salzwedel. „Es gibt ja keine Halt-Taste“, verdeutlicht er augenzwinkernd. „Wir müssen die gesamte Versorgung gemeinsam mit den niedergelassenen Frauenärzten und den Hebammen weiter gestalten.“ Er räumt aber ein: „Es bedeutet für alle einen erheblichen Mehraufwand, denn natürlich müssen wir uns vor Infektionen schützen.“ Die zusätzlichen Hygienemaßnahmen würden aber von den Schwangeren „durchweg akzeptiert“.

„Sonst kommt zum Ultraschall auch mal Mutti oder der Ehemann mit“, erzählt er. Nun herrsche im gesamten Haus ein strenges Besuchsverbot – eben auch für die Begleitpersonen von Schwangeren. Um das wenigstens ein bisschen zu kompensieren, „haben wir jeder Frau schöne Abbildungen mitgegeben“.

Trotz Corona dürfen die Partner der Schwangeren nach wie vor die Geburt im Kreißsaal miterleben. Zu Kaiserschnitten dürfen sie aber nicht mehr mit in den Operationssaal. Nach der Geburt müssen sich die Männer dann entscheiden, ob sie nach Hause gehen, zum Beispiel, um weitere Kinder zu betreuen oder weil sie arbeiten müssen. In diesem Fall dürfen sie erst zum Abholen ihrer Frau wieder in die Klinik kommen. Meist sei das am dritten Tag nach der Geburt, weil dann die erste Untersuchung des Säuglings beim Kinderarzt anstehe.

Oder ein Mann entscheidet sich, nach der Geburt bei seiner Frau und dem Neugeborenen zu bleiben. Paare, die ihr erstes Kind bekommen und noch keine Geschwisterkinder zu versorgen haben, nehmen dieses Angebot bis auf wenige Ausnahmen in Anspruch. Von den Paaren mit mehreren Kindern entscheidet sich etwa die Hälfte dafür, so Müller. Für diesen Fall stünden Familienzimmer bereit. Entscheidet sich ein Mann für diese Variante, müsse er allerdings die Zeit bis zur Entlassung „durchgängig hierbleiben“, erklärt Müller.

Denn: Nicht nur die Frauen werden auf Corona getestet, sondern mittlerweile auch die sie begleitenden Partner. Zu Beginn der Pandemie habe für die Männer ein Mund-NasenSchutz ausgereicht.

Von November bis Anfang des Jahres, als in Deutschland die Infektionszahlen sehr hoch waren, habe man bei allen Schwangeren fünf Tage vor dem errechneten Geburtstermin einen ausführlichen Corona-Test, den sogenannten „PCR-Test“, gemacht. Diese Maßnahme habe aber nur in dem Fall Schutz gewährt, dass eine Frau auch tatsächlich zum errechneten Termin ihr Kind bekommen hat: „Kam das Baby vorher, hatte sie gar keinen Test, kam es später, einen zehn Tage alten.“

Tatsächlich seien während der gesamten Zeit der Pandemie zwei Schwangere positiv auf Corona getestet worden. Zum Zeitpunkt der Geburt seien sie aber schon aus der Quarantäne entlassen gewesen. Entdeckt wurde die Infektion über ihre corona-positiven Männer. Denn die Frauen hätten kaum Symptome gezeigt, wie meist bei Schwangeren. Roberto Müller sagt, es gebe Vermutungen, dass das veränderte Immunsystem – es darf das Baby im Mutterleib nicht abstoßen – ein Grund dafür sein könnte.

Was dem Chefarzt wichtig ist: „Wenn eine Frau mit Corona kommt, wird sie genauso betreut wie jede andere Schwangere.“ Nur das medizinische Personal müsse sich schützen mit FFP-Maske, Schutzbrille und Schutzkittel. Und natürlich würden die Infizierten von anderen Schwangeren isoliert.

Was das medizinische Personal im Krankenhaus nicht mitbekommt, ist die Situation der Frauen in der Schwangerschaft und nach der Geburt. Hier haben die Hebammen, die außerhalb des Klinikums arbeiten, einen besseren Einblick. Wie etwa Nadine Freise. Sie ist selbst Mutter von drei Kindern und muss zurzeit wie viele andere Frauen deren Betreuung und ihren Beruf unter einen Hut bekommen. „Der Unterricht zu Hause steht an erster Stelle, die Arbeit organisiere ich ringsum“, erzählt sie. Die von ihr in Hausbesuchen betreuten Frauen hätten für die besondere Situation Verständnis. Jedoch: „Die Schwangeren berichten, dass sie traurig sind – es wurden auch schon Tränen vergossen“, erzählt sie.

Den Frauen fehle der Kontakt zu anderen, der sich sonst in ihren Kursen zur Geburtsvorbereitung, Rückbildung, Babymassage oder beim einmal im Monat stattfindenden Frauenfrühstück ergeben habe. Sie habe ursprünglich geplant, die Kurse über das Internet anzubieten, jedoch sei das an „Technik, Aufwand und mangelnder Muße der Frauen“ gescheitert.

Ihre Kollegin Helen Benecke ist Beleg-Hebamme am Altmark-Klinikum mit einem großen Anteil an Vor- und Nachsorge außerhalb. Sie bietet ihre Kurse trotz Corona an – mit Schutzmasken und weniger Frauen als sonst, sodass der Sicherheitsabstand eingehalten werden kann.

Da die monatliche Kreißsaalführung im Klinikum derzeit nicht möglich sind, haben Benecke und ihre sechs Kolleginnen ein knapp sechsminütiges Video gedreht. Wer es per Whatsapp erhalten möchte, meldet sich im Kreißsaal unter Telefon 0 39 01/88 74 70. Ab Anfang März wird auf der Homepage des Klinikums ein professionell erstelltes vierminütiges Video zu finden sein: www.altmark-klinikum.de.