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Stadtrat Zwischen Freude und Wunden lecken

Die Salzwedeler haben gewählt und auch abgestraft. Wir haben uns bei Wählergemeinschaften und Fraktionen umgehört.

Von Alexander Rekow 28.05.2019, 15:36

Salzwedel l Paukenschlag in Salzwedel: Mit der Wahl des Stadtrates sind die Sitzverhältnisse neu gemischt. Neue Kandidaten sind an Bord, andere nicht mehr dabei. Besonders hart hat es dabei die Christdemokraten getroffen. Von einst 27,1 Prozent im Jahr 2014 rutschte die CDU auf nur noch 16,7 Prozent ab. Das bedeutet vier Sitze weniger im Stadtrat.

Peter Fernitz glaubt, dass „das Gewirr um die Straßenausbaubeiträge und die Stimmen für die AfD“ der CDU zugesetzt haben. Doch nun wollen sich die Christdemokraten in Salzwedel zusammensetzen und die Wahl analysieren, schließlich gehe es ihnen um das Wohl der Stadt und nicht der Parteien, so Fernitz. Auch unbequeme Fragen, was in der jüngsten Wahlperiode falsch gelaufen ist und ob die falschen Themen gesetzt wurden, will er besprochen wissen. Er hofft nun auf eine gute und vor allem vernünftige Zusammenarbeit mit dem neuen Stadtrat.

Bei den Linken sieht die Welt ganz anders aus. „Wir haben zwar auch Federn lassen müssen, sind aber trotzdem stolz auf das Ergebnis“, erklärt Ute Brunsch. Viele Salzwedeler hätten sich positiv an die vergangene Wahlperiode erinnert, macht Brunsch für das Abschneiden der Linken aus. Was sie hingegen nicht versteht, ist das Abschneiden der AfD. Schließlich hätten deren Kandidaten kommunalpolitisch noch nichts geleistet. Viele Wähler würden nicht einmal die Kandidaten kennen. Nun wollen sich die Linken ihre Themen abstecken.

Dass der Hanseatische Bürgerbund für Salzwedel (HBS) aus dem Stand drittstärkste Kraft wurde, macht die ehemalige Salzwedeler Oberbürgermeisterin Sabine Danicke und ihre Mitstreiter glücklich. Sie führt das gute Ergebnis auf „sieben Jahre gute Arbeit“ als Stadtoberhaupt zurück. Daran hätten sich viele Salzwedeler erinnert. Dabei seien sichtbare Zeichen für die Stadt entstanden. „Auch schwierige Zeiten wurden gelöst“, sagt Danicke mit Blick auf die Finanzkrise. „Selbst da haben wir Schulden abgebaut.“ Nun sei sie erst einmal glücklich und stolz, für den HBS Stadtpolitik mitgestalten zu können.

Bei „Salzwedel Land“ hingegen herrscht Enttäuschung. Wunden lecken sei angesagt, meint Wolfgang Kappler. Die Wählergemeinschaft hat nun nur noch vier statt fünf Sitze im Rat. Unterm Strich habe man die eigenen Wähler nicht mobilisieren können. Dies kreide er sich auch selbst an. „Es wurden stattdessen Leute gewählt, die noch nie etwas für die Dörfer getan haben“, ärgert er sich. Doch der Blick bei „Salzwedel Land“ geht nach vorn: „Wir werden uns zusammen setzen und gucken, wie wir unsere Arbeit neu aufstellen.“

Apropos neu: Das ist die Wählergemeinschaft Dorf bis Stadt, die einen Sitz im Salzwedeler Stadtrat ergattern konnte. „Das war ein Ritt auf der Rasierklinge“, sagt Daniel Schaefer. Denn Geld für den Wahlkampf hatte die kleine Truppe nicht. Vielmehr hätte man auf Mundpropaganda und etwas Werbung in sozialen Medien gesetzt. Umso mehr freut es Schaefer, dass das Maximalziel, sprich der eine Sitz, erreicht werden konnte. Der Politneuling will sich nun erst einmal anschauen, wie es im Stadtrat läuft und sich mit der Wählergemeinschaft einen Überblick verschaffen.

Cathleen Hoffmann spricht beim Ergebnis der Grünen von einem „super Erfolg“. Schließlich habe man einen Sitz hinzu gewonnen. Mit Blick auf die künftige Arbeit im Stadtrat glaubt sie, dass das Ergebnis der AfD die Arbeit im Gremium erschwere. „Wir werden uns für eine starke Demokratie einsetzen und das Engagement gegen menschenverachtende Einstellungen nicht als linksextremistisch abstempeln lassen“, gibt sie sich kämpferisch.

„Ich war ganz überrascht“, sagt indes Hanns-Michael Kochanowski über das Abschneiden der AfD und dankt seinen Wählern. „Das zeigt, dass die Leute auf unsere Wahlversprechen vertrauen“, meint er. Nun gehe die AfD "unvoreingenommen in den Stadtrat" und will gemeinsam für Salzwedel Politik verwirklichen, sagt er.

Die Genossen haben ihr Ziel nicht erreicht, erklärt Norbert Hundt von der SPD. Sein Trostpflaster: Andere etablierte Parteien hätten noch mehr Federn lassen müssen. „Das ist tröstlich, aber nicht zufriedenstellend.“ Erschreckt habe ihn indes das Ergebnis der AfD. Auch dadurch werde die Arbeit im Rat nicht einfacher, sondern eine Herausforderung. Nun gilt es, Mehrheiten für eigene Sachen zu finden, meint Hundt. „Der Bürger hat entschieden“, bringt er es auf den Punkt.

Sascha Gille von der FDP ist froh über die Stimmen, die er bekam. Die FDP könne zufrieden sein. Denn: „Wir konnten unsere Stimmen verdoppeln, aufgrund der kontinuierlich und unaufgeregten Arbeit in den Vorjahren.“