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Volksstimme-Interview mit dem Schönebecker Klinikleiter Guido Lenz und dem Ameos-Vorstandsmitglied Dr. Marina Martini 150 Tage Ameos-Klinik Schönebeck: Erfolg mit familiärer Atmosphäre und fachlicher Kompetenz

11.09.2012, 03:21

"Einmal Ameos - immer Ameos": Mit diesem Leitspruch will der Krankenhausbetreiber aus der Schweiz dokumentieren, dass einmal übernommene Krankenhäuser immer in der Hand des Gesundheitsdienstleisters bleiben sollen. Seit mehr als 150 Tagen arbeitet Ameos nun am Standort Schönebeck. Über die Bestandsaufnahme und die Zukunft dieses Hauses sprach Volksstimme-Redakteur Olaf Koch mit Guido Lenz, Direktor des Ameos-Klinikums Schönebeck, und Dr. Marina Martini, Mitglied des Ameos-Vorstandes in Zürich.

Volksstimme: Herr Lenz, wenn Sie mal krank werden, würden Sie sich dann auch im Ameos-Klinikum Schönebeck behandeln lassen?

Guido Lenz: Aber sicher, doch derzeit bin ich kerngesund.

Volksstimme: Was sind die Vorzüge des Schönebecker Klinikums?

Guido Lenz: Sehr viele Ärzte und Schwestern unseres Hauses sind schon sehr lange dabei und haben einen ungemein große Erfahrungsschatz. Sie erhalten zudem eine sehr gute Fortbildung und leisten Arbeit auf einem hohen Niveau.

Volksstimme: Dann schreiben Sie also schwarze Zahlen?

Guido Lenz: Nein. Aber dass wir im Moment noch rote Zahlen schreiben, bedeutet nicht, dass wir schlechte Medizin und Pflege machen. Wir sind bei den Patienten ein gefragtes Klinikum. Ich denke, dass das ein wunderbarer Indikator ist.

Dr. Marina Martini: Das Ameos-Klinikum Schönebeck ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit speziellen Angeboten. Außerdem unterscheidet sich Schönebeck von einem Klinikum mit 1800 Betten. Bei uns ist alles noch sehr familiär.

Volksstimme: Welchen Stellenwert hat das Schönebecker Haus in der Ameos-Gruppe?

Dr. Marina Martini: Sie wissen, dass Ameos im Frühjahr vier Häuser im Salzland übernommen hat. Diese vier neuen Ameos-Klinika sind sozusagen eine kleine Gruppe in der großen Gruppe. Uns liegt sehr viel daran, dass wir die Kultur und die Besonderheiten der Häuser erhalten wollen, auf der anderen Seite sie aber klar, bewusst und willentlich in die Ameos- Struktur integrieren werden. Alle vier Standorte sind uns gleich wichtig.

Volksstimme: Wie viele Mitarbeitende gab es vor der Ameos- Übernahme, wie viel sind es jetzt?

Guido Lenz: Vor der Übernahme von Ameos hatten wir 498 Beschäftigte, heute sind es 490. Die meisten dieser Mitarbeiter sind in die Rente gegangen oder haben Altersteilzeit angetreten.

Volksstimme: Wie viele Betten halten Sie in Schönebeck vor?

Guido Lenz: Es sind 284, aber wir definieren uns nicht nach der Anzahl Betten, sondern nach der Leistung, die wir erbringen. Jährlich versorgen wir stationär zwischen 14000 und 15000 Fälle.

Volksstimme: Bei der Übernahme Anfang April verkündete Ameos, dass es an den einzelnen Standorten Leuchtturmangebote geben wird. Was wird der Leuchtturm in Schönebeck werden?

Dr. Marina Martini: Das werden unter anderem die kardiologische und parallel dazu die Ausweitung der gefäßchirurgischen Kompetenzen sein. Das wird ein wesentlicher Leuchtturm in Schönebeck werden.

Die bestehenden Abteilungen werden sich weiter spezialisieren und entwickeln. Als Beispiel möchte ich hier die Traumatologie nennen. Da haben wir einen starken Zulauf.

Volksstimme: Zur Übernahme hatten Sie ebenfalls angekündigt, eine Kompetenz beim "Chest Pain" aufzubauen. Was ist darunter zu verstehen?

Dr. Marina Martini: Chest Pain ist der englische Begriff für Brustschmerz. Dabei geht es um Herzinfarkte und seine Vorstufen. Es gibt sehr viele Patienten, die sich mit Brustschmerzen im Klinikum melden, wobei die Ursachen sehr vielfältig sein können. Diese Behandlungen wollen wir abdecken können.

Volksstimme: Haben Sie Erfahrungen damit?

Dr. Marina Martini: Ja, wir haben im Ameos-Klinikum St. Salvator Halberstadt damit begonnen. Es gab im ersten Jahr mehr als 3000 zusätzliche Patienten in diesem Bereich, 1000 haben einen Herzkatheter bekommen. Diese Zahlen machen deutlich, wie wichtig dieses medizinische Angebot für die Bevölkerung ist.

Volksstimme: Zudem sollte die Pulmologie zu einem Weaning-Zentrum ausgebaut werden. Was bedeutet dies?

Dr. Marina Martini: Dabei geht es darum, Patienten nach einer längeren maschinellen Beatmung wieder an das eigenständige Atmen zu gewöh- nen.

Volksstimme: Bei der Übernahme hatten Sie zudem angekündigt, das Schlaflabor zu stärken. Wie ist der Stand?

Guido Lenz: Wir haben festgestellt, dass das Schlaflabor am Standort in Bad Salzelmen aktuell ausreichend dimensioniert ist, längerfristig können wir uns aber einen Ausbau vorstellen.

Volksstimme: Wie läuft der Aufbau eines Diabetischen Zentrums?

Guido Lenz: Wir sind sehr gut aufgestellt. Die Schulung der niedergelassenen Ärzte ist erfolgt, weitere Kreise werden folgen. Für die folgenden Behandlungen im Ameos-Klinikum Schönebeck ist alles vorbereitet.

Volksstimme: Zusammenfassend die Frage, warum ausgerechnet Schönebeck diese Leuchttürme bekommen hat beziehungsweise bekommen soll?

Dr. Marina Martini: In dem Vorlaufprozess haben wir die Infrastruktur der Krankenhäuser in der Region analysiert und personelle Ressourcen zum Beispiel nach Ärzten und ausgebildeten Pflegekräften abgeklopft. Was nützt es uns, wenn wir in einem Krankenhaus eine Abteilung aufbauen und in einem Krankenhaus nur 20 Kilometer entfernt bekommen Patienten die gleiche Behandlung? Diese Bedarfsanalyse haben wir nicht nur allein für das Salzland gemacht, sondern für eine breite Region.

Volksstimme: Können Sie ein Beispiel nennen?

Dr. Marina Martini: Selbstverständlich. Im Ameos-Klinikum St. Salvator Halberstadt führen wir Operationen mit Linksherzkatheter durch. Daher wäre es eine falsche Entscheidung gewesen, die Behandlung auch im Ameos-Klinikum Aschersleben anzubieten.

Volksstimme: Wie weit ist die Integration des Hauses Bad Salzelmen in den Standort Köthener Straße?

Guido Lenz: Vorweg möchte ich deutlich sagen, dass wir daran festhalten, dass die Innere Klinik zu Schönebeck gehört. Aber eine Doppelvorhaltung soll zukünftig wegfallen. Wie Sie wissen, ist ein Ersatzneubau an der Köthener Straße geplant, in dem die Radiologie, die Notfallaufnahme und die Innere Medizin einziehen sollen. Ein Architekt erarbeitet uns derzeit Vorschläge.

Volksstimme: Welchen Zeitraum haben Sie für den Neubau ins Auge gefasst?

Guido Lenz: Wir rechnen mit fünf Jahren.

Volksstimme: Was sind die Gründe für den Zusammen-zug?

Guido Lenz: Wie ich eben sagte, wollen wir eine Doppelvorhaltung beenden. Wir wollen kurze Wege für die Patienten und unsere Mitarbeiter, vor allem auch, weil die Innere Medizin unsere Kerndisziplin ist. Ein weiterer Punkt ist, dass das Haus in Bad Salzelmen infrastrukturell an seine Grenzen gekommen ist. Es ist einfach unpraktisch. Das Kerngebäude ist aus dem Jahr 1885. Über eine Nachnutzung denken wir derzeit nach.

Volksstimme: Was kann das sein?

Guido Lenz: Betrachtet man die bauliche Struktur, ist das Objekt in Bad Salzelmen hervorragend für alle Nutzungen im Bereich der ärztlichen und pflegerischen Versorgung geeignet. Denkbar wäre die Weitervermietung von Praxisräumen, die Weiternutzung zur tagesklinischen Versorgung oder auch zur Pflege von alten oder behinderten Menschen. Hier befinden wir uns erst am Anfang der Überlegungen und werden auch die aktuellen Entwicklungen im Auge behal- ten.

Volksstimme: Eine Konzentration mit "Leuchttürmen" birgt auch Gefahren. Warum sollten Schönebecker Patienten ausgerechnet nach Aschersleben oder Bernburg fahren und nicht ins näher gelegene Magdeburg?

Dr. Marina Martini: Sicherlich wird es bei tausenden Patienten den einen oder anderen geben, der sich so entscheidet. Vielleicht liegt es auch daran, dass nicht alle Patienten wissen, welche Angebote es in Schönebeck gibt? Wir glauben fest, dass die meisten auch nach Aschersleben und Bernburg gehen werden, weil wir eine ausgesprochen gute Spezialisierung anbieten und fachlich gut aufgestellt sind. Zudem bieten wir den Vorzug eines Verbundes, der Ameos-Region Sachsen-Anhalt. Der Patient erhält die Versorgung aus einer Hand. So wird es uns gelingen, die Patienten zu halten.

Guido Lenz: Ein Leuchtturm in Schönebeck kann auch als Anziehung wirken, beispielswiese aus Magdeburg, Gommern oder Sülzetal. Schönebeck ist kein 1800-Betten-Haus, sondern ein Klinikum mit familiärer Atmosphäre und fachlicher Kompetenz.

Volksstimme: Am Standort Staßfurt haben Sie ein Ambulantes OP-Zentrum umgesetzt. Besteht nicht die Befürchtung, dass Patienten aus Schönebeck sich womöglich nicht für Staßfurt, sondern für Magdeburg entscheiden?

Guido Lenz: Unsere Patienten sind in Staßfurt sehr gut aufgehoben, weil es von Vorteil ist, dass es keinen Kontakt zum laufenden Krankenhausbetrieb gibt. Ambulante Operationen werden dort durchgeführt und nicht wegen eines stationären Notfalls vielleicht mehrere Stunden nach hinten verlegt. Diese Verlässlichkeit sehen wir als entscheidenden Vorteil. Und schon jetzt wird dieser Ablauf in Staßfurt an fünf Tagen in der Woche so praktiziert.

Volksstimme: Wie zeigen sich Pläne arbeitsteiliger Prozesse? Muss Personal umgesetzt werden?

Dr. Marina Martini: Nein, wir werden die Mitarbeiter nicht von Standort zu Standort verschieben. Selbstverständlich müssen wir, weil die Personalkosten eben sehr hoch sind, Prozesse viel besser optimieren. Am Ende sind es die Mitarbeiter, die die hochwertige Arbeit am Patient ausführen - ihre Zufriedenheit zählt.

Volksstimme: Am Schönebecker Klinikum möchten Sie die 35-Stunden-Woche einführen. Wie ist der Stand der Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi?

Dr. Marina Martini: Wir haben erste Gespräche gestartet.

Volksstimme: Was bedeutet das konkret?

Dr. Marina Martini: In der Ameos-Historie hat es noch nie betriebsbedingte Kündigungen gegeben. Dies garantieren wir als Arbeitgeber auch für alle Ameos-Klinika im Salzland für zwei Jahre, wenn die andere Seite - die Arbeitnehmer - bei der Reduzierung der wöchentlichen Stundenzahl entgegen kommt.

Guido Lenz: Das Leistungsaufkommen und der Personaleinsatz passen nicht zusammen. Wenn jeder Mitarbeiter ein Scheibchen abgibt, können wir alle unsere Ziele erreichen. Es ist ein Solidarprinzip. Wir wollen keine Mitarbeiter entlassen, wir wollen eine Lösung, mit der alle gut leben kön- nen.

Volksstimme: Gibt es einen Plan B?

Dr. Marina Martini: Wir gehen fest davon aus, dass wir uns mit der Gewerkschaft Verdi einigen werden.

Volksstimme: Gibt es einen Betriebsrat im Schönebecker Ameos-Klinikum?

Guido Lenz: Selbstverständlich gibt es einen Betriebsrat. Einmal in der Woche sitzen wir zusammen und sprechen über aktuelle Probleme. Ich halte das für sehr wichtig.