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Diamantene Hochzeit Funke springt an historischem Datum über

Durch ihre Brüder haben sich Rita und Erhard Hamel einst kennengelernt. Heute feiern beide ihre diamantene Hochzeit.

Von Andreas Pinkert 09.09.2015, 19:32

Barby l „Am Anfang wollte ich gar nichts von ihm wissen“, gibt die heute 79-Jährige zu und blickt sanft zu ihrem Ehemann hinüber. „Eigentlich ist er nur mit seinem Bruder von Pömmelte zu meinem Bruder nach Barby gekommen. Beide hatten sich in Ilsenburg kennengelernt und waren seitdem befreundet“, erinnert sich Rita Hamel zurück. Dieses erste Aufeinandertreffen war zu Ostern 1954. Erhard fand sofort Gefallen an der adretten jungen Frau. Bei einem Treffen sollte es daher nicht bleiben.

„Das ,Wunder von Bern' hat für uns eine ganz besondere Bedeutung.“

Rita lernte in der damaligen Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) in der Elbestadt und war gern viel mit dem Fahrrad in der Umgebung unterwegs. Das wusste auch Erhard und tat es ihr gleich. So kam es, dass sich beide am 7. Juni 1954 in Wespen trafen, wo im dortigen großen Saal des Gasthauses ein Sängertreffen veranstaltet wurde. Zu einem durchaus geschichtsträchtigen Datum, dass sich vor allem bei Fußballfans ins Gedächtnis eingebrannt hat. Die bundesdeutsche Elf besiegte in der Schweiz im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft die hoch gehandelte ungarische Mannschaft. „Das ,Wunder von Bern' hat daher für uns eine ganz besondere Bedeutung“, sagt die Barbyerin. Damals versammelten sich an diesem Tag viele Menschen vor einem Radio, das auf der Fensterbank eines Nachbargebäudes vom Gasthaus stand.

Erhard spielte in der Pömmelter Sportgemeinschaft leidenschaftlich gern Fußball und hörte der Übertragung aufmerksam zu. Der heute 78-Jährige verpasste es aber auch nicht, seine Rita nach Hause zu geleiten.

Am 10. September 1955 gaben sich beide in Barby das Ja-Wort. In diesem Jahr erblickte auch ihr erster Sohn das Licht der Welt, der zweite folgte 1967. Erhard Hamel erlernte in Gnadau den Beruf des Bäckers. „Die Rezeptur der berühmten Gnadauer Brezeln hat er jedoch nie erfahren“, sagt Ehefrau Rita. Schließlich nahm sich das Paar in der Elbestadt eine Wohnung, Erhard arbeitete bei einem bekannten Barbyer Bäcker mit gutem Eisangebot. Als sein Chef ging, wechselte auch Erhard Hamel. Er schulte zum Schlosser um und verdiente bis 1992 sein Geld beim Magdeburger Reichbahnausbesserungswerk (RAW). Rita hingegen war bis zur Wende sowohl in der BHG, in der Zentrale des Maisan-Werkes oder als „Fräulein vom Amt“ an einem Klappenschrank in der Telefon-Vermittlungsstelle des Barbyer Postamtes. „Da hieß es schnell sprechen und bei Telegrammen schnell schreiben können“, erinnert sich Rita Hamel.

Dann ereilte das Paar 2012 ein Schicksalsschlag. Erhard Hamel ist seit einer Operation an den Ruhlstuhl gebunden und kann sich noch immer nicht artikulieren. „Daraufhin haben wir eine schöne Parterre-Wohnung gefunden und beziehen können, wo wir uns wohlfühlen“, sagt die 79-Jährige, die nun ihren Mann nach Kräften unterstützt. Zur Familie gehören mittlerweile vier Enkel und vier Urenkel.

„Man kann auch mal unterschiedlicher Meinung sein oder auch streiten, doch man sollte sich danach immer wieder zusammensetzen und es wieder gut sein lassen“, antwortet Rita Hamel auf die Frage nach einem „Geheimrezept“ für eine 60 Jahre dauernde Ehe.