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Kinderheim Zens Als Dank für die Ewigkeit

Acht Monate nach dem Feuer in dem Mehrfamilienhaus, das als Kinderheim genutzt wurde, steht nun fest: Das Haus wird wieder aufgebaut.

Von Olaf Koch 03.11.2015, 02:00

Zens l Den Abend des Sonnabends, 7. März, werden die fünf Kinder im Alter zwischen 9 und 17 Jahren nicht so schnell vergessen. Als gegen 21.50 Uhr im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses, das vom Kinderheim des Vereines Nestwärme gemietet ist, Feuer ausbricht, erleben die Bewohner schreckliche Momente. Sie müssen mit ansehen, wie die Flammen alles rauben, was ihnen gehört: Kleidung, Bücher, Spielsachen, Poster, persönliche Erinnerungen.

Gegen 22 Uhr geht bei der Polizei der Notruf ein, dass der Dachstuhl des Hauses in der Bördestraße 13 brennt. Zur Brandbekämpfung rücken zuerst die Ortsfeuerwehren Kleinmühlingen und Zens aus, hinzu kommen außerdem Einsatzkräfte der Ortswehren Großmühlingen, Welsleben, Biere und der Freiwilligen Feuerwehr Calbe. Insgesamt sind 45 Kameraden beteiligt, verletzt wird bei dem Brand und beim Einsatz zum Glück niemand.

Monate später sind die Verantwortlichen des Vereins Nestwärme, der Ortsbürgermeister und der Bürgermeister der Gemeinde Bördeland noch immer voll des Lobes ob des Einsatzes der Kameraden. Ihnen ist es zu verdanken, dass „nur“ das Dachgeschoss des alten Bauernhauses abbrennt und nicht das gesamte Gebäude.

Noch in der gleichen Nacht beziehen die Kinder und Jugendlichen ein Ausweichquartier in Schönebeck. Schon in diesem Moment schwant ihnen, was eventuell drohen wird: „Unsere Kinder hatten Angst, dass sie als Gruppe auseinandergerissen werden und in anderen Heimen unterkommen müssen – für immer“, weiß Willi Kempa, Vorstandsmitglied von Nestwärme zu berichten.

Als die Verantwortlichen die mit Tränen erfüllten Augen sehen, wissen sie, was die fünf Mädchen und Jungen denken: Das Heim ist nicht nur ein wahres Heim, es ist die Familie. „Wir haben uns daraufhin vorgenommen, alles dafür zu tun, dass wir als Gruppe, als Familie in Zens bleiben können“, erinnert sich auch der Geschäftsführer des Vereines, Remo Kannegießer.

Was der Vorstand von Nestwärme in den folgenden Monaten erlebt, ist eine Welle der Hilfsbereitschaft, die zum heutigen Zeitpunkt den Erwachsenen leichte Freudentränen in die Augen treibt: Die Gemeinde Bördeland und das Landrats-amt lassen für eine gewisse Zeit Anordnungen und Vorlagen mit Paragrafen in den Schränken stehen, handeln schnell, unbürokratisch und mit einem Ziel: Wie können wir in dieser schwierigen Situation so gut es geht den Kindern helfen? Auch das Landesverwaltungsamt und das Landesjugendamt werden zum Partner des Vereines Nestwärme.

Damit ist die erste Hürde genommen, die Landrat Markus Bauer heute so beschriebt: „Das Schicksal hat mich damals sehr berührt. Der wichtigste Gedanke in unserem Handeln war: Die Trennung der Kinder muss verhindert werden. Das haben wir geschafft“, freut sich Bauer bei einem Besuch dieser Tage in Zens.

Die zweite Hürde, die folgt, nämlich der Wiederaufbau des Hauses, ist eine noch viel größere. Doch am Ende siegt die Kraft der Vernunft, die Kommunikation, das Sich-in-die-Augen-schauen. Der Grund: Die Verantwortlichen des Vereines Nestwärme finden nicht nur einen guten Draht zu dem Grundstücksbesitzer des Hauses, der in Mecklenburg-Vorpommern zu Hause ist, sondern auch zu der Versicherung. Und es ist Remo Kannegießer zu verdanken, der mit seinen Kenntnissen das komplizierte Wirtschaftskonstrukt aufdröselt und alles Machbare für den Verein machen kann.

Denn am Ende der Gespräche sind alle zufrieden. Der Landwirt Frank Hüsemann und die Mecklenburgische Versicherungsgruppe, die beide einen hohen fünfstelligen Betrag als Spende dem Verein Nestwärme zur Verfügung stellen. Damit und mit dem Geld des Studio-Ensembles Barby, der Kita Rosenburg und vielen privaten Spendern ist das Eigenkapital zusammen, um bei der Bank wegen eines Aufbaukredites vorstellig zu werden. Rund 300 000 Euro wird der Neuaufbau nun kosten.

Seit einigen Tagen baut eine Firma aus Schönebeck den nicht mehr zu rettenden Dachstuhl des Hauses zurück und wird in den nächsten Wochen das Gebäude entkernen. „Vor dem Winter werden wir das Dach provisorisch abdecken und dann im neuen Jahr ein Flachdach mit leichter Sattelneigung aufbringen“, berichtet Ralf Siegfried, Oberbauleiter von EP-Bau Schönebeck.

Nach den Innenarbeiten soll dann, wenn alles klappt, das Haus im Mai bezugsfertig sein. Für die Pädagogen des Vereines ist der Standort Zens sehr wichtig. Nicht nur, dass das Dorf die Heimat der Kinder und Jugendlichen ist, es ist zudem die Integration in den Ort (und wohl manchmal die Kontrolle der Bürger).

Im Frühling laden Kinder, Jugendliche und Verein Nestwärme zur großen Eröffnung ein. Dann werden sicher- lich auch Vertreter der Versicherung und der großzügige Landwirt mit dabei sein. Muss er wohl auch, denn das Kin- derheim soll seinen Namen Tragen: „Frank Hüsemann Haus“ – als Dankeschön für die Ewigkeit.