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Kammerphilharmonie Kräftige Klänge in aller Früh‘

Interessante Gespräche und vielseitige Gäste sorgen am Wahlsonntag beim „Philharmonischen Phrühstück“ für Unterhaltung.

Von Felix Mihalek 14.03.2016, 16:51

Schönebeck l „Herzlich Willkommen zum Frühstück mit ‚Ph‘!“ - In bester Talkshow-Manier begrüßt Gerard Oskamp am Sonntagmorgen die Gäste und Teilnehmer beim „Philharmonischen Phrüstück“ im Hotel „Am Kurpark“. In lockerer Atmosphäre plaudert der Chefdirigent der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie mit seinen Gästen: der amerikanischen Sängerin Gail Gilmore, Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch und Paul Knäpper, Oberinspizient des Theaters Magdeburg.

Eröffnet wird die gemütliche Frühstücksrunde durch Gail Gilmore am elektronischen Klavier, wobei sie mit unvergleichlicher Stimme „Amazing Grace“ schmettert. Auf Nachfrage von Oskamp erklärt die Afro-Amerikanerin den Unterschied zwischen Gospel- und Spiritual-Musik: „Spirituals wurden von den Sklaven gesungen und enthalten verschlüsselte Botschaften“, weiß Gilmore. So sei das Lied „Down by the riverside“ (deutsch: Unten am Fluss) ein Hinweis für andere Sklaven gewesen, dass sie der aufgespannten Wäscheleine folgen müssen, um zum Boot am Flussufer zu gelangen. Ein anderes Beispiel: Der Klassiker „Swing low, sweet chariot“ (deutsch sinngemäß: Schaukle sanft, liebliche Kutsche) bedeutete, dass bald eine Kutsche kommen würde, unter der sich die Sklaven verstecken konnten, um so den Weg in Richtung Freiheit anzutreten. So entstanden die SpiritualLieder während der Sklaverei. Gospel hingegen wurde dann gesungen, als die Sklaven „in den Norden und damit in die Freiheit gelangten“, erzählt Gail Gilmore.

So intereressant, wie die Geschichten, die sie zu erzählen weiß, ist auch das Leben der US-amerikanischen Sängerin: Sie ist geboren in Washington, District of Columbia, aufgewachsen in New Orleans. „Mein Vater war baptistischer Prediger, meine Mutter Chemielehrerin - was ist mit mir passiert?“ fragt sie sich und sorgt damit für herzhafte Lacher bei den Gästen. „Vermutlich hat die Chemie nicht gestimmt“, ergänzt Gerard Oskamp lachend. Als Gail Gilmore das Studium der Musik auf Lehramt an der Xavier-Universität in New Orleans begann, wurde ihr „Vater hysterisch, weil es eine katholische Universität war“, berichtet Gilmore. „Meine Mutter hat das Studium dann für mich bezahlt.“ Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellt. Denn die Gesangskarriere von Gail Gilmore führt sie bis in das Weiße Haus, wo sie für den Präsidenten der Vereinigten Staaten singen durfte. Auch hierüber hat sie eine Anekdote in petto: „Mein Vater sitzt im Weißen Haus, vor laufenden Kameras, und weint“, berichtet sie. „Als ihn ein Reporter dann fragt, wieso ihm die Tränen kommen, ist seine Antwort: ‚Dass aus Gail etwas geworden ist, das hätte ich nie gedacht‘.“

„Wir haben zwar nicht den Präsidenten hier, aber dafür den Oberbürgermeister“, sagt Gerard Oskamp und wendet sich Bert Knoblauch zu. Er erkundigt sich, was für Projekte die Stadt zurzeit in Anrgiff nehme: „Eher unschöne, uns beschäftigen einige Schließungen, aber auch die Zusammenlegung der Feuerwehren ist kein einfaches Thema.“ Auf Nachfrage, was Knoblauch am Wahlsonntag für Aufgaben hat, sagt er, dass er „alle Wahllokale besuchen, um den Leuten dort Respekt für ihre Arbeit bezeugen“ wolle.„Hast du schon gewählt?“, fragt Oskamp den Oberinspizienten des Magdeburger Theaters, Paul Knäpper. „Noch nicht“, antwortet dieser, „es ist vor 10 Uhr, und alles, was vor 10 Uhr stattfindet, ist für Theaterleute völkerrechtlich verboten“ erzählt er ironisch und erntet dafür viele Lacher. Im Laufe des Gesprächs erzählt auch er zahlreiche Anekdoten und gewährt viele Einblicke in seinen zum Teil sehr stressigen Beruf: „Es kommt vor, dass wir noch eine halbe Stunde vor Beginn der Aufführung Korrekturen vornehmen müssen.“ Auch währenddessen müsse er des Öfteren improvisieren. „Aber das Schöne an dieser Arbeit ist, dass während dieser zwei bis drei Stunden wirklich alle auf mich hören“, sagt er lachend.

Zum Schluss greift Gail Gilmore mit „Summertime“ von George Gershwin noch einmal in die Tasten - bevor sie und die anderen Gäste schließlich auch tatsächlich frühstücken können.