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KunstausstellungMit Strickerei Gefühle zeigen

Ungewöhnliche Kunstwerke zieren derzeit die Wände der Schönebecker Stadtbibliothek. Maria Lipkina stellt dort ihre Strickkunst vor.

Von Emily Engels 20.04.2016, 19:54

Schönebeck l Was andere Künstler mit Pinsel, Farbpalette und Leinwand kreieren, macht Maria Lipkina mit Stricknadel und -garn. Ihre Werke, die teils abstrakt, teils sehr bildlich Landschaften und Jahreszeiten darstellen, wirken gemütlich und dreidimensional.

„Die Herbstwerke sind meine Lieblingsstücke“, sagt Lipkina und zeigt auf eine Reihe warm wirkender Strickarbeiten. Die 67-Jährige erklärt auch, warum: „Ich befinde mich selbst im Herbst meines Lebens.“ Sie streicht zart über ein Kunstwerk, das „Der Herbstanfang“ heißt. „Die Wolle hier ist so schön weich“, schwärmt sie. Für die Künstlerin, die einst Mathematik- und Physiklehrerin war, ist die Strickerei eine Metapher für das Leben. Das fängt für sie schon bei der Wolle an. „Je nach Gefühl wähle ich grobe oder feine Wolle. Was ich wähle spiegelt nicht selten meine Stimmung wieder“, erklärt sie.

Die Idee, aus Strickerei Kunst zu machen, kam aus einem praktischen Grund heraus. Lipkina, die schon seit sie denken kann strickt, fand es schade, so viele Reste wegzuschmeißen. „Aus genau diesen Resten, die vom Pullover oder Schal stricken übrig waren, entstanden dann die ersten Strickbilder“, erzählt sie weiter. Inzwischen macht sie die Kunstwerke aus einem weiteren Grund. Heutzutage kann man fast überall Strickpullis, Schals und Mützen kaufen. „Früher, in Russland, musste ich mir meine Pullis selbst stricken, da konnte man nicht einfach in den Supermarkt gehen“, so Lipkina. Die Kunst, die sie strickt, soll auch Erinnerung an ein altes Handwerk sein. Die Künstlerin erhofft durch ihre Werke, Menschen zum Stricken zu animieren und daran zu erinnern, was man mit dem Stricken alles kann.

Dass Interesse für das Stricken weiterhin besteht, bewies der Ratgeber-Nachmittag, bei dem Lipkina in den Ausstellungsräumen der Stadtbibliothek Stricktipps gab. Im Mittelpunkt stand ein schöner Schmuckschal, den man mit besonders wenig Wolle stricken kann. „Mit der Technik kann man drei verschiedenfarbige Wollknäule kaufen und drei, anstatt einen Schal, damit stricken“, meint sie. Besonders für Geschenke eigne sich diese effiziente Stricktechnik. Sofort scharrten sich Ausstellungsbesucher um die Strickkünstlerin. Bewundernd und konzentriert achteten sie auf jede Bewegung der Meisterin. Dass das Stricken als Handwerk ausstirbt, dauert sicher noch eine lange Zeit.

Die Ausstellung „Flug der Fantasie“ ist noch bis zum 19. Juli zu den Öffnungszeiten der Schönebecker Stadtbibliothek zu sehen.