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Sammler Alu-Zollstock aus der Bückware-Zeit

Die Volksstimme setzt die Sammlerserie fort. Edwin Franke aus Barby hat ein Faible für Messwerkzeuge wie Zollstöcke und Rollbandmaße.

Von Thomas Linßner 02.02.2017, 16:03

Barby l „Warum ich? Da gibt es doch Sammler, die wesentlich mehr davon haben“, ziert sich Edwin Franke anfangs ein bisschen. Er hat schließlich nur „einige hundert“, die er nicht gezählt habe.

Der Barbyer kennt solche „Harten“, wie im thüringischen Stadtroda. Dort werden in einem Fliesencenter regelrechte Börsen für Fans aus der gesamten Republik ausgerichtet, wie erst am vergangenen Wochenende. Zweimal im Jahr, jeweils im Frühjahr und Herbst, kommen Zollstockfans, um ihrem Hobby nachzugehen. Es wird getauscht und gekauft, dass die Heide wackelt. Der Organisator hat als eifriger Sammler rund 15000 Exemplare zusammengetragen. Auch in Köthen fand im vergangen Frühjahr der 31. bundesweite Zollstock- und Kulimarkt in der Mensa der Fachhochschule Anhalt statt.

„Bei mir ging es mit der Sammelei so Anfang der 90er Jahre los, wo ich auf dem Bau gearbeitet habe“, erinnert sich Eddi Franke. Eigentlich habe er sich die Zollstöcke anfangs „nur aufgehoben“. Von richtiger Sammler-Disziplin sei noch keine Rede gewesen. Als sie aber immer mehr und immer bunter wurden, habe sich das geändert. Ein guter Bekannter – er war Vertreter einer Baustoff-Firma – schenkte sie ihm damals „packenweise“. „Da hatte ich dann immer etwas zum Tauschen“, so Franke.

Jeder, der was auf sich hielt, bedruckte die Messwerkzeuge aus Holz und Kunststoff nun mit seiner Firmenwerbung. Damit bedient die kleine Sammlung des Barbyers heute die Zeitgeschichte, da es einige Unternehmen nicht mehr gibt. So zum Beispiel die Firma „Eisenwaren Schaller, Schönebeck, Telefon 3710“. Der Laden in der Elbstraße war über Jahrzehnte Dreh- und Angelpunkt für Kunden, die Haushaltswaren oder Bastelkram brauchten. Durch die Geschäftstüchtigkeit der Betreiber bekam man zu DDR-Zeiten so manche Rarität. Doch es war abzusehen, dass die Baumärkte Läden wie Schaller „kaputt“ machten.

„Nur einmal habe ich einen Zollstock gekauft“, gesteht der Barbyer. Als bekennender Fußballfan und einstiger aktiver Kicker leistete er sich den „Gliedermaßstab“ des „F.C. Hansa Rostock“. Das war zu der Zeit, als Rostock noch in der Bundesliga spielte.

Heute sind Zollstöcke ungebrochen als Werbeträger beliebt. „Modernste Technik macht es uns möglich, Zollstöcke mit Fotodruck zu produzieren. Dadurch wird ein niveauvoller Werbeartikel geschaffen, mit dem Sie erfolgreich für ihre Stadt werben können“, heißt es in der Anzeige einer Werbefirma. „Bei uns gefertigte Zollstöcke sind so beliebt, dass sich Sammler regelmäßig bei uns nach neuen Stücken erkundigen“, verspricht sie weiter.

Doch damit nicht genug. Findige Versicherungsvertreter bieten sogar „Zollstockversicherungen“ an. In nachfolgendem Rechenbeispiel soll sie den Sammlern schmackhaft gemacht werden: „Bis 30000 Stück a 3 Euro beträgt die Versicherungssumme 90 000 Euro, der Jahresbeitrag, inkl. der 19 % Vers.-St. = 321,30 Euro“.

Das hätten sich Sammler wie Eddi Franke früher wohl kaum träumen lassen, dass mal Versicherungen für schnöde Messwerkzeuge abgeschlossen werden. Der gebürtige Zerbster arbeitete zu DDR-Zeiten im Magazin des VEB Maisan. Hier gab es nur zwei Sorten Zollstöcke: die „normalen“ aus Holz, die schnell brachen, wenn man sie zu hektisch öffnete und welche aus blitzendem Aluminium. „Letztere gehörten zur Bückware, die hat nicht jeder bekommen“, sagt Eddi Franke mit verschmitztem Lächeln. Er hat sie noch heute. Er war ja auch „Magaziner“, der an der Quelle saß ...