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Ausbildung Corona zwingt zur Anpassung

Die theoretische Weiterbildung von Lehrlingen leidet unter der Corona-Krise. Statt zu pauken, packen sie im Ausbildungsbetrieb mit an.

Von Paul Schulz 15.05.2020, 01:01

Schönebeck l „Ganz klar: Die Ausbildung der Lehrlinge leidet unter der Corona-Krise“, sagt Jörg Lustinetz, Obermeister Heizung, Sanitär und Klima der Kreishandwerkerschaft Elbe-Börde in Schönebeck. Lustinetz selbst bildet in seinem Betrieb auch zwei Lehrlinge aus. In der Berufsschule waren diese, vom gestrigen Tag abgesehen, schon lange nicht. Stattdessen sind sie im Betrieb und packen mit an.

„So mancher Chef freut sich vielleicht, dass er die Azubis stärker in die Arbeit einbinden kann, aber die schulische Bildung, die theoretischen Grundlagen, kommen dabei zu kurz“, sagt Lustinetz. Vor allem anspruchsvolle Inhalte wie technische Mathematik könne man nicht ohne Weiteres im Betrieb lehren, meint der Obermeister.

Das sieht Mario Boy, Kreishandwerksmeister im Raum Schönebeck, ähnlich. Sämtliche theoretischen Grundlagen könne man im Betriebsalltag nicht vermitteln. Das Ausbleiben der Berufsschule in den vergangenen Wochen ist also ein Einschnitt in die Ausbildung. „Wenn man der Sache irgendetwas positives abgewinnen will, dann ist es die, dass die Lehrlinge in dieser Zeit zumindest mehr Praxiserfahrung sammeln“, so Mario Boy.

Komplett ist das Thema Berufsschule für die Auszubildenden aber nicht abgehakt. Ronald Rumpf, Schulleiter der Berufsbildenden Schule Schönebeck, erklärt: „Die Lehrlinge kriegen schon auch Heimaufgaben von uns. Wir können und wollen die Auszubildenden aber nicht mit Aufgaben überschütten. Schließlich arbeiten sie ja im Betrieb. Nur weil sie nicht zur Schule müssen, haben sie nicht frei.“

Die Corona-Krise wirkt sich nachvollziehbarerweise auf eine Vielzahl der Ausbildungsberufe aus. So stehen zum Beispiel Straßenwärter oder Binnenschiffer, die eine dreijährige Ausbildung absolvieren, mittlerweile kurz vor ihrer Abschlussprüfung. „Für die Binnenschiffer in Ausbildung ist es besonders schwierig. Sie sind nur einmal im Jahr für 13 Wochen bei uns. Vier Wochen davon sind durch Corona bereits weggefallen“, sagt Ronald Rumpf. Als Gegenmaßnahme musste der Stundenplan angepasst werden. „Der Unterricht konzentriert sich nur auf die prüfungsrelevanten Fächer. Nur so können wir die Auszubildenden noch richtig auf ihre Abschlussprüfung Anfang Juni vorbereiten“, erklärt Rumpf.

Darüber hinaus stehe die Berufsschule vor einer großen Aufgabe. Ronald Rumpf sagt: „Zwar haben wir nach den Pfingstferien wieder einen regelmäßigen Rhythmus aus Präsenz- und Fernunterricht, aber wenn das bis August so bleibt, dann ist es nicht möglich den kompletten Lernstoff zu schaffen.“ Demzufolge müssten zahlreiche Lehrpläne angepasst werden. Die Schule müsse den Dialog mit den jeweiligen Betrieben suchen und mit ihnen abstimmen, welche Inhalte gekürzt werden oder gar ganz wegfallen. Letztlich müsse sichergestellt sein, dass die Azubis gut vorbereitet in die Prüfungen gehen, so Rumpf.

Auf die Prüfungen selbst habe die Berufsschule keinen Einfluss. „Die jeweiligen Kammern legen fest, was und wann geschrieben wird“, so der Schulleiter.

Wie Stefanie Klemmt, Geschäftsführerin Berufsbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK), mitteilt, beginnen die Prüfungszeiträume der praktischen Prüfungen der gewerblich-technischen Berufe wie geplant im Mai. Der Prüfungszeitraum der mündlichen Prüfungen der kaufmännischen Berufe beginnt wie geplant im Juni 2020.

Jedoch musste die IHK die bundeseinheitlichen schriftlichen Abschlussprüfungen in allen Ausbildungsprüfungen sowie die Weiterbildungsprüfungen der Aufstiegsfortbildung von Ende April auf Mitte Juni verschieben. Durch die bundeseinheitlichen Prüfungen sind die Prüfungstage für alle Auszubildenden und Weiterbildungsteilnehmer bundesweit einheitlich festgelegt, so Klemmt.

„Durch die Verschiebung der Prüfungen verlängert sich nicht die Ausbildungszeit der Lehrlinge“, sagt Klemmt. Jedoch kann auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildungsdauer verlängert werden, wenn dies erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Das könne bei einer längeren Corona-bedingten Ausfallzeit der Ausbildung im Betrieb durchaus der Fall sein.