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Ausbildung Die Industriemachaniker sind zurück

Zehn Jahre wurde der Beruf nicht in Schönebeck gelehrt.

Von Olaf Koch 26.09.2018, 12:05

Schönebeck. Wenn Klassenlehrerin Kerstin Oehlenberg dreieinhalb Jahre voraus schaut, dann mit ziemlich viel Zuversicht. Schon jetzt hat die erfahrene Pädagogin ein Gefühl, was ihre neue Klasse betrifft: „Das ist eine ausgesprochen angenehme Gruppe. Das wird ein Erfolg.“ Der Blick auf die 17 Jugendlichen – 14 Jungen und 3 Mädchen – ist nicht von ungefähr: Es handelt sich nach zehnjährige Pause um die erste Ausbildungsklasse der Industriemechaniker an der Berufbildenden Schule (BBS) Schönebeck.

Seitdem vor einem Jahrzehnt die letzten Industriemechaniker die Schönebecker Berufsschule verließen, wurden die Jugendlichen folgend in der Theorie an der BBS in Aschersleben unterrichtet. Das hieß: Von ihren Wohnorten mussten die Jugendlichen die lange Bahnfahrt in die Eine-Stadt aufsichnehmen. Mit der Folge, dass ein Großteil der Fahrkosten bei den Lehrlingen bleib – überwiegend als Loch in der Haushaltskasse.

„In dieser Zeit wuchs der Druck aus der Wirtschaft“, berichtete der Leiter der Berufsschule Schönebeck, Ronald Rumpf, im Gespräch mit der Volksstimme. Schönebeck war nicht nur schon vor 30 Jahren ein Standort der Industrie, sondern auch heute noch. Bei den Firmen und bei den Lehrlingen machte sich über die Jahre eine gewisse Unverständnis breit: Warum nach Aschersleben fahren, wenn es doch in Schönebeck eine Berufsschule gibt?

Der Hintergrund, dass die Ausbildungsrichtung „Industriemechaniker“ in der Elbestadt auslief, war dem pädagogischen Ansinnen des Landes geschuldet. Damals spielte noch der Gedanke von spezialisierten Berufsschulen eine übergeordnete Rolle. Doch das Verlangen der lokalen und regionalen Wirtschaft wurde immer stärker. So stark, dass Berufsschule, Schönebecker Wirtschaftsförderung und Politik nach einer Lösung suchten. Die Einsicht der Wiedereinführung dieser Fachrichtung der BBS mündete in einer Rahmenvereinbarung zwischen dem Landratsamt und dem Wirtschaftsbeirat, die Ausbildung „Industriemechaniker“, wieder in Schönebeck zu etablieren.

Zugute kam der Schule dabei ein positiver Umstand: Aus dem Team der Lehrer waren noch Pädagogen im Dienst, die vor zehn Jahren die letzte Industriemechaniker-Klasse unterrichteten. Auf diese Erfahrung konnte nun zurückgegriffen werden. „Hinzu sind weitere Lehrer gekommen, die selbstverständlich auch einen anderen Blick auf den Unterricht ermöglichen“, so Schulleiter Rumpf.

Eine unter den „neuen“ Schülerinnen ist Lena Lukas (18) aus Schönebeck. Sie absolviert ihre praktische Ausbildung bei der TM-Group: Der Betrieb entwickelte sich aus der 1999 gegründeten Großanlagen- und Schwermaschinenbau Dessau GmbH zu einer mittelständisch geprägten Unternehmensgruppe. Die Firma agieret sich vorzugsweise im schweren Stahl-, Maschinen- und Anlagenbau und hat insgesamt 400 Mitarbeiter. „Ich bin froh darüber, dass ich nicht nach Aschersleben fahren muss. Außerdem hat die Berufsschule Schönebeck durchaus moderne Räumlichkeiten“, so die Schönebeckerin.

Dem schließt sich auch Yasin Sardani (18), ebenfalls aus der Elbestadt, an. Er lernt bei ThyssenKrupp Schönebeck. Das Unternehmen gehört mit der Business Unit Steering zu den weltweit erfolgreichsten Herstellern von Lenksystemen und ist Technologieführer auf dem Gebiet der Massivumformung. Insgesamt sind weltweit rund 8500 Mitarbeiter in 17 Werken und vier Entwicklungsstandorten in Liechtenstein, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Polen, Ungarn, Mexiko, Brasilien, USA, China und Japan beschäftigt. „Die Berufsschule in Schönebeck ist ein großer Vorteil. Aber Aschersleben wäre sicherlich auch nicht so schlecht gewesen“, sagt der junge Mann.

Chris Müller (17) kommt aus Calbe und lernt ebenso wie Lena Lukas bei der TM-Group. Er lobt die fachliche Kompetenz der Lehrer an der Schönebecker Berufsschule. „Wenn die Theorie in Aschersleben gewesen wäre, hätte ich mir einen Plan machen müssen, wie ich dort hin fahre.“ Insgesamt kommen die 17 Schüler der neuen Klasse aus Schönebeck, Barby, Eggersdorf, Calbe, Hecklingen und Magdeburg.

Wie Schulleiter Ronald Rumpf abschließend informiert, wird nach dem ersten Schuljahr ein „Zwischen-Cut“ gemacht. Dann fragt die Schulleitung das Feedback ab: bei den Lehrlingen, bei den Ausbildungsbetrieben und bei den Lehrkräften. Was läuft gut, was müsste weiter verbessert werden? Doch glaubt man Fachlehrerin Kerstin Oehlenberg dürfte die Premiere ein Erfolg werden, was nicht zuletzt eben auch an den engagierten Schülern liegt.