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Badebetrieb Die verpasste Öffnung des Freibads

Das Schönebecker Freibad sollte am 15. Juli 2020 wieder eröffnet werden - doch Verwaltung und Stadtrat konnten sich noch nicht einigen.

Von Jan Iven 15.07.2020, 01:01

Schönebeck l Der Mittwoch, 15. Juli 2020, hätte ein großer Festtag für Schönebeck werden können. Und vermutlich hätten nicht einmal die Corona-Auflagen die Party verderben können. Denn heute, am 15. Juli 2020, sollte eigentlich das geschlossene Schönebecker Freibad wieder eröffnet werden. Zumindest hatte es so ein Gutachten vorgeschlagen, dass die Stadt Schönebeck den damaligen Stadträten im Oktober 2018 präsentiert hatte. Darin wurde dieses Datum als der früheste Termin genannt, an dem die TSV-Anlage nach einer Sanierung wieder aufmachen könnte. Günstigerweise hätte man die Eröffnungsfeier möglicherweise auf das folgende Wochenende gelegt, damit mehr Besucher kommen können.

Doch die Party muss ausfallen. Vermutlich hatte sich auch niemand im Rathaus oder den Parteien oder auch sonst in Schönebeck den Termin wirklich im Kalender angestrichen. Eine konkrete Wiedereröffnung des Freibades ist im Streit um Standort und Finanzierung eines neuen Kombibades längst wieder von der Tagesordnung verschwunden. Streng genommen kann sich Schönebeck wohl auch gar kein Freibad mehr leisten, auch wenn das keiner wirklich laut sagen mag. Geblieben ist vor allem ein Hintergrundrauschen, genährt durch die Sehnsucht vieler Schönebecker nach der alten Anlage und Kindheitserinnerungen. Für konkrete Konzepte und Finanzierungsmodelle hat es aber nicht gereicht.

Eine Initiative zur Gründung eines Fördervereins ist zwar mit viel Idealismus und einigen Sympathien ausgerufen worden. Leider muss man auf der Habenseite feststellen, dass es auch nach einem halben Jahr aus verschiedenen Gründen noch kein Treffen der Interessenten gegeben hat.

Doch nun hat die SPD-Fraktion das Thema Freibaderöffnung quasi durch die Hintertür wieder ganz konkret auf die politische Agenda gebracht. Der zuletzt im Stadtrat mit breiter Mehrheit beschlossene Antrag der Sozialdemokraten geht zwar differenziert auf verschiedene Modelle ein und berücksichtigt ausdrücklich die Änderungsvorschläge der anderen Fraktionen, am Ende läuft er aber auf folgendes hinaus: Entweder die Stadtverwaltung präsentiert endlich ein tragbares Finanzierungskonzept für das Kombibad oder sie muss das Freibad sanieren.

Das klingt zwar nach einer Alternative, allerdings wissen die Sozialdemokraten ganz genau, dass die Verwaltung nach der geplatzten Finanzierung nach dem so genannten Stadtwerkemodell auf die Schnelle keine tragbare Lösung herbei zaubern kann. Denn die Frist lautet dem Antrag zufolge „unverzüglich“, worunter zumindest die SPD die Stadtratssitzung im September meint und damit die wahrscheinlich letzte Sitzung vor den Wahlen zum Oberbürgermeister.

„Ich will, dass das Freibad im nächsten Jahr wieder geöffnet wird“, sagt René Wölfer, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Zumindest aber soll noch in diesem Herbst feststehen, wann das Bad wieder eröffnen kann. Vom Kombibad würde dann letztendlich nur noch eine einfache bezahlbare Schwimmhalle am Bahnhof ohne Außenbereich übrig bleiben. Wölfer lädt ausdrücklich die Fraktionen ein, sich weiter an einem gemeinsamen Konzept zu beteiligen. Es soll nicht zu sehr nach Wahlkampf klingen. Die SPD hat sich zum Thema Kandidatur noch nicht offiziell geäußert. Intern laufen die Gespräche noch. Eine Mehrheit im Stadtrat braucht die SPD aber sowieso.

Und wie die gefordert tragfähige Lösung der Stadt für das Kombibad aussehen sollte, ist unklar. Fest steht allerdings, dass sich die SPD und wohl auch viele andere Stadträte nicht mehr mit vagen Hoffnungen auf mögliche Fördergelder abspeisen lassen wollen. „Derzeit hat das Kombibad keine Zukunft“, so Mark Kowolik von der Bunten Fraktion. Fördergelder wurden bisher nicht gefunden und die Suche nach Alternativen vernachlässigt.

Die Schönebecker CDU als Partei von Oberbürgermeister Bert Knoblauch hatte den SPD-Antrag mitgetragen, sieht darin aber eher einen Kompromiss als ein Ultimatum. „Die Stadt hat nun Zeit, eine Lösung für das Kombibad zu erarbeiten“, sagt CDU-Faktionsvorsitzender Torsten Pillat. Wie der Oberbürgermeister setzt auch Pillat darauf, dass die Stadt in Zukunft eine Förderung für den Neubau am Bahnhof finden wird. „Ich bin Optimist, sonst könnte ich keine Politik machen“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Ziel solle zudem sein, das Quartier am Bahnhof zu entwickeln bis hin zum Bau einer Mehrzweckhalle. „Das ist zwar noch eine Vision, aber so etwas brauchen wir“, so Pillat.

Die Schönebecker AfD hält die Prüfung von weiteren Varianten für sinnvoll, da bisher noch nicht geklärt sei, ob der steuerliche Querverbund zwischen Stadtwerke und Kombibad mit EU-Recht konform ist. „Eine einfache Schwimmhalle würde in das Schönebecker Konzept passen, wenn das Freibad saniert werden würde“, teilte der neue AfD-Faktionsvorsitzende und Kandidat für die Oberbürgermeisterwahlen Steffen Baumann mit. Für Teile des Freibades hat die Partei nach eigenen Angaben bei einer Fachfirma einen Kostenplan in Auftrag gegeben.

Der mittlerweile parteilose Einzelbewerber und ehemalige Fraktionsvorsitzende der AfD, Olaf Ziem, sieht im Vorschlag der SPD eine ernstzunehmende Alternative. „Das Freibad TSV ist auf jeden Fall wert, saniert zu werden“, teilte er auf Nachfrage mit. Ein Neubau einer Schwimmhalle sei zudem notwendig, um den Schulsport abzusichern.

Die Schönebecker Linken verweisen bei dem Thema auf ihren Änderungsantrag zum SPD-Antrag. Darin fordern sie in einzelnen Punkten ebenfalls ein Konzept für das Kombibad und eine Sanierung des Freibades. Gleichzeitig sollte der Grundsatzbeschluss des Stadtrates für das Kombibades aufgehoben werden, um die Suche nach Alternativen zu ermöglichen. Der Änderungsantrag wurde im Stadtrat allerdings abgelehnt.

Der 15. Juli 2020 ist allerdings nicht der einzige Termin, der bereits ergbenislos verstrichen ist. Im Oktober 2017 veröffentlichte die Stadt eine erste Machbarkeitsstudie zum Kombibad. Damals wurde von einem Baubeginn im Mai 2020 ausgegangen. Auch der Termin für die Öffnung des Kombibades steht laut Stadtverwaltung bereits fest: der 1. Juli 2024. Das wäre immerhin noch zu schaffen. Zumindest, falls es vorher eine Einigung gibt.