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Rollstuhl macht offenbar zu viel Mühe Busfahrer lässt Mutter mit Kindern stehen

Von Ulrich Meinhard 09.09.2011, 06:27

Der öffentliche Nahverkehr ist prinzipiell eine nützliche Sache. Wer von A nach B will und kein Auto besitzt oder darauf verzichten möchte, kann Bahn und Bus nutzen. Allerdings muss der potenzielle Fahrgast gesund und beweglich sein. Ansonsten kann es geschehen, dass er vom Busfahrer einfach an der Haltestelle stehen gelassen wird. So ist es einer Mutter und ihrem im Rollstuhl sitzenden Sohn ergangen.

Sachsendorf. Es war ein Tag wie jeder andere. Andrea Trübe stand an der Bushaltestelle in Sachsendorf, um den Bus nach Groß Rosenburg zu nutzen. Neben ihr warteten ihre Tochter Jessica, ihr Enkel Yannik und ihr 15-jähriger Sohn, der im Rollstuhl sitzt. Der Jugendliche ist in seiner körperlichen Mobilität beeinträchtigt und leidet außerdem an Epilepsie. Schon oft hat die kleine Gruppe die Strecke mit dem Bus zurückgelegt. An diesem Donnerstag aber kommt es anders.

"Der Fahrer hat uns stehen lassen. Er war nicht bereit, uns in den Bus zu lassen", berichtet Andrea Trübe gegenüber der Volksstimme. Als Begründung habe der Mann am Steuer angeführt, keine Verantwortung übernehmen zu wollen. Allerdings nicht etwa für den Jungen im Rollstuhl, sondern für den Bus. Der Rollstuhl hätte ihn beschädigen können.

"Es hat auch nichts genutzt, dass ich ihn darauf hingewiesen habe, dass der Rollstuhl zusammenzuklappen ist. Der Bus war gut besetzt, aber wir hätten auf alle Fälle noch Platz gefunden", berichtet Andrea Trübe. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als den Weg zu Fuß zurückzulegen. Den für weite Strecken nicht konzipierten Rollstuhl vor sich herschiebend, kam die Familie nach einer Stunde zu Hause an. "Ich hatte unterwegs natürlich Angst, dass mein Sohn einen epileptischen Anfall bekommen könnte. Das ist ja nicht auszuschließen. Und dann wäre weit und breit niemand da gewesen."

Die Volksstimme schildert diesen Fall René Schubert, er ist Prokurist der Kreisverkehrsgesellschaft (KVG) mit Sitz in Bernburg. Schubert lässt nach Prüfung der Angelegenheit wissen: "An diesem Tag war auf besagter Linienfahrt kein niederfluriger Bus unterwegs. Zur Beförderung hätte der Fahrer den Rollstuhl mitsamt Insassen in den Bus heben müssen. Nach Aussage des Fahrers hat er bereits in einigen Fällen schlechte Erfahrungen gemacht und hat die Verantwortung für das Einladen des Fahrgastes samt Rollstuhl abgelehnt. Eine Aussage, dass der Rollstuhl den Bus beschädigen könne, wurde von ihm nicht getätigt."

Schubert räumt ein, dass eine Bewertung der konkreten Lage schwierig ist. Grundsätzlich habe sich der Fahrer jedoch im Rahmen der Allgemeinen Beförderungsbedingungen "nicht falsch verhalten". Der KVG-Mann meint aber auch: "Im Sinne des Kundendienstes ist das Ergebnis natürlich nicht zufriedenstellend." Für zukünftige Fälle empfiehlt Schubert eine vorherige Anmeldung der Fahrt, da Fahrgäste nicht immer davon ausgehen können, dass niederflurige Fahrzeuge im Einsatz sind. "Unser Verkehrsmeister hat mir versichert, dass bei rechtzeitiger Anmeldung Lösungen gefunden werden, um ein niederfluriges Fahrzeug auf dieser Fahrt verkehren zu lassen", hebt Schubert hervor.

Auch der Busfahrer, der Mutter und Kinder stehen ließ, sollte an dieser Stelle Gelegenheit bekommen, sich zum Fall zu äußern. Eine von René Schubert in Aussicht gestellte Stellungnahme des Mannes ist bei der Volksstimme allerdings bis Redaktionsschluss nicht angekommen.