Corona-Krise Gottes Segen im Internet

Seit Beginn der Corona-Krise üterträgt das Technikteam des Egelner Kirchenkreises Gottesdienste und Andachten im Ineternet.

Von Jan Iven 01.05.2020, 20:16

Schönebeck/Egeln/Brumby/Schneidlingen l Im Gemeindesaal der Schönebecker Sankt-Jakobi-Kirche am Breiteweg geht es in dieser Woche zu wie in einem Filmstudio. Drei Kameras und ein halbes Dutzend Scheinwerfer sind auf den kleinen Altar gerichtet. Matthias Rymatzki vom Kirchenkreis Egeln ist Kameramann und Regisseur in Personalunion und nimmt Videos von Andachten und Gottesdiensten auf, die von den Gläubigen auf der Internetseite des Kirchenkreis Egeln angeschaut werden können.

Matthias Rymatzki gibt dem Sänger und dem Klavierspieler vor der Kamera Anweisungen. „Nach dem Gesang bitte kurz innen halten“, sagte er. Matthias Rymatzki zoomt mit der Kamera an das Gesicht von Jürgen Groth heran, bis dieser schließlich mit seiner Andacht beginnt. Passend zum Text des Liedes „Dichterliebe“ von Robert Schumann geht es darin um den Monat Mai und die Liebe. Nicht einmal eine Stunde später ist die Andacht im Kasten. Es soll nicht die letzte an diesem Tag sein. Drei weitere Andachten von jeweils knapp einer Viertelstunde werden den kommen Stunden aufgenommen. Neben dem Ehrenamtsreferenten des Egelner Kirchenkreises, Jürgen Groth, sprechen noch mehrere Pfarrer Andachten vor der Kamera ein. Darunter Johannes Beyer und Götz Beyer aus Schönebeck, Jürgen Kohtz aus Brumby sowie Georg Neugebauer aus Aken.

Jeden Tag veröffentlicht der Kirchenkreis Egeln eine der aufgenommenen Andachten als Filme auf seiner Internetseite sowie der Internet-Plattform Youtube. Jeden Sonnabend wird zudem ein Gottesdienst in einer anderen Kirche in der Region im Kirchenkreis aufgenommen, der dann am Sonntag ab 10 Uhr im Internet veröffentlicht wird. „Wegen Corona können derzeit keine Gottesdienste mehr stattfinden. Deswegen wollen wir den Gläubigen eine Alternative im Internet anbieten“, sagt der Schönebecker Rymatzki, der bereits seit zehn Jahren ehrenamtlich das Technik-Team des Kirchenkreis Egeln leitet.

Schnell wird klar: Hier haben sich nicht einfach nur ein paar Enthusiasten wegen der Corona-Krise plötzlich mit neuer Technik beschäftigt und ein wackeliges Videobild zum Laufen gebracht. Das Technikteam des Kirchenkreises begleitet bereits seit Jahren verschiedene Veranstaltungen der Kirchen in der Region. Auch die Idee von Gottesdiensten im Internet hatten die Freiwilligen bereits seit einiger Zeit. Die Schließung der Kirchen hat nun den letzten Ansporn gegeben, eigene Videos im Internet zu veröffentlichen. Unterstützt wird das ehrenamtliche Technikteam von Norman Staude, einen Medien-Profi aus Leipzig, der die Kameras stellt.

Bereits Ende März hat der Kirchenkreis begonnen, Gottesdienste in den Kirchen unter anderem von Schönebeck, Biere, Groß Rosenburg und Aschersleben aufzunehmen. Und zwar mit ziemlich aufwendiger Technik. Bis zu sechs Kameras filmen die Gottesdienste gleichzeitig aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Kamera schwenkt auch mal durch die leere Kirche oder über die Kirchenfenster. Hinzu kommen Außenaufnahmen.

Neben der Predigt, Gebeten und Segnungen gibt es auch jede Menge Musik von einzelnen Künstlern. „Teilweise ist es sogar mehr Musik als in den normalen Gottesdiensten“, sagt Felix Groth, Popularmusiker der Kirche in Aschersleben. Er unterstützt das Technikteam seit neuestem. „Für die Organisten ist es ungewohnt, dass sie beim Orgel spielen nun von der Kamera und den Gemeindemitglieder beobachtet werden können“, so Groth. Und: Die Zuschauer werden im Internet sogar zum Mitsingen ermuntert.

Die Gottesdienste werden allerdings nicht als Live-Stream direkt übertragen, sondern bereits am Sonnabend aufgenommen und bis Sonntag um 10 Uhr zusammen geschnitten. Denn Pfarrer und Musiker haben nicht immer innerhalb einer Stunde Zeit, so dass die Aufnahmen über den ganzen Tag verteilt werden können.

Bei den Gläubigen kommen die Videos offenbar gut an. Mehrere 100 Zuschauer sehen sich die Andachten an, bei den Gottesdiensten sind es teilweise mehr als 1500. Das sind sicherlich mehr, als in den jeweiligen Kirchen Platz finden. „Die Filme bleiben dauerhaft im Netz und können sich von den Gemeindemitgliedern auch später angeschaut werden“, sagt Matthias Rymatzki. „Es gibt ja derzeit viele Gottesdienste im Fernsehen und im Internet. Aber die Leute freuen sich einfach, wenn sie ihre Kirchen und Pfarrer aus der Region sehen können.“

Eines können die Videos aber nicht ersetzen: den persönlichen Kontakt beim Kirchgang. „Für viele ist das eine wichtige Sonntagsbeschäftigung, bei der sie Freunde treffen und sich unterhalten“, sagt Matthias Rymatzki. Das fällt bei den Videos natürlich weg.

Bei allem Fortschritt ist die Zukunft der Videos aus den Kirchen der Region jedoch ungewiss. Denn die Aufnahmen bedeuten einen ziemlichen Aufwand. In den kommenden Tagen soll entschieden werden, inwiefern das Projekt fortgesetzt wird. Denkbar wäre, sich auf die Gottesdienste zu beschränken. Der vorerst letzte Gottesdienst soll am Sonntag aus Schneidlingen übertragen werden. Eine Entscheidung über eine Forsetzung steht aus.

Den Gläubigen scheint das Projekt aber zu gefallen. Ein Nutzer kommentiert etwa das Video vom Ostergottesdienst aus Schönebeck auf der Plattform Youtube mit den Worten: „Vielen Dank für diesen Gottesdienst und bleibt gesund!“

Videogottesdienste im Internet unter www.kirchenkreis-egeln.de