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Diebstahl  Wurde der Angeklagte erpresst?

Ein 25-Jähriger behauptet, dass er zum Einbruch in ein Schönebecker Hotel gezwungen wurde.

Von Jan Iven 25.05.2020, 18:59

Schönebeck l Im Prozess um einen versuchten Diebstahl in einem Schönebecker Hotel im November hat es eine neue Wendung gegeben. Am zweiten Verhandlungstag am Montag hat der Angeklagte am Amtsgericht Schönebeck ausgesagt, dass er zu der Tat gezwungen worden war. Nach eigenen Angaben wird der 25-jährige Magdeburger bereits seit Jahren von mehreren Personen immer wieder zu verschiedenen Straftaten genötigt. Demnach sei er bereits mit einem Messer am Ohr verletzt worden und habe keine andere Wahl gehabt, als die geforderten Taten auszuführen.

Bisher habe er immer zuviel Angst vor den Erpressern gehabt, um zur Polizei zu gehen, sagte der Anklagte auf Nachfrage des Richters. Mittlerweile sitzt er allerdings wegen weiterer Straftaten in Haft und habe Anzeige erstatten wollen. Die Beamten in der Justizvollzugsanstalt hätten ihm allerdings nicht zugehört, sagte der Angeklagte. Der Richter äußerte sich allerdings zuversichtlich, dass die Anzeige demnächst aufgenommen werden könne.

Vor Gericht bestätigte der junge Mann erneut seine Aussagen, die er bei der Polizei gemacht hatte. Der Angeklagte war im Herbst bei dem Einbruch in dem Hotel an der Magdeburger Straße auf frischer Tat von den Beamten ertappt worden. Damals wollte er mehrere Fernseher aus dem Gebäude stehlen. Auch die Schlüssel des Hotels, darunter die Schlüssel für einen Tresor, gehörten damals zu seiner Beute.

Für die juristische Bewertung des Falls durch das Schöffengericht sind nun mehrere Details relevant. Handelte es sich bei der Tat um einen versuchten oder einen vollendeten Einbruch? Und war der Täter dabei bewaffnet oder nicht? Beides könnte sich auf die Höhe der Strafe auswirken. Da die Fernseher noch nicht abtransportiert waren, geht der Richter in diesem Fall nur von einem versuchten Diebstahl aus. Anders könnte es bei den Hotelschlüsseln aussehen. Da der Angeklagte die Schlüssel laut Protokoll der Polizeibeamten vor Ort in seine Jackentasche gesteckt haben soll, hätte er sie sich damit bereits angeeignet. Das würde zumindest im Fall der Schlüssel für einen vollendeten Diebstahl sprechen. Der Angeklagte betonte allerdings, dass er die Schlüssel nicht in seine Jacke, sondern in einen ebenfalls im Hotel gestohlenen Rucksack gesteckt habe. Aus Sicht seines Verteidigers ist es damit bei einem versuchten Diebstahl auch bei den Schlüsseln geblieben.

Der Richter am Amtsgericht Schönebeck ließ durchblicken, dass eine mögliche Vollendung des Diebstahls der Schlüssel sich nicht sonderlich auf das Strafmaß auswirken würde. Jedoch müsse der Widerspruch zwischen dem Protokoll der Polizeibeamten und den Aussagen des Angeklagten aufgeklärt werden. Da der Richter offenbar wenig Lust hatte, einen weiteren Verhandlungstermin zur Vernehmung der Beamten anzusetzen, legte er Verteidiger und Angeklagten eine Beratung über die Aussage nahe.

Der Angeklagte wollte allerdings nicht davon abrücken, dass er die Schüssel in den gestohlenen Rucksack gesteckt habe. Der Prozess wird daher im Juni fortgesetzt, um auch die Polizisten zu vernehmen.

Erschwerend kommt bei dem versuchten Einbruch auch hinzu, dass der Angeklagte bei der Tat einen Totschläger und Reizgas mit sich geführt hatte. Damit könnte die Tat als bewaffnet gelten. Ein Bewertung hierzu steht noch aus.

Fest steht hingegen, dass der Angeklagte bereits wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl verurteilt wurde und derzeit eine Haftstrafe absitzt. Insgesamt hat der Angeklagte bereits 14 Einträge im Bundeszentralregister wegen verschiedenster Vergehen. Der Prozess um den versuchten Einbruch hatte Anfang Mai begonnen und wird im Juni fortgesetzt.