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Ehrenamt Feuerwehr-Fördervein Frohse aufgelöst

Die Freiwillige Feuerwehr Frohse hat nur noch acht aktive Mitglieder, jetzt hat sich auch noch der Förderverein aufgelöst.

Von Emily Engels 12.03.2018, 02:00

Frohse l Julian Krüger ist eigentlich der perfekte Nachwuchs-Kandidat für die Feuerwehr. Er ist 21 Jahre jung, motiviert, sportlich, kennt das Ehrenamt bereits aus seiner Familie – denn Papa Marko und Opa Bernd Krüger sind schon 29 beziehungsweise 60 Jahre mit dabei. Trotzdem ist da das eigentlich. Denn seit einem Jahr möchte Julian Krüger in die aktive Wehr einsteigen. Doch den Grundkurs zu absolvieren, für den er an fünf Wochenenden hintereinander nach Staßfurt fahren müsste, ist ihm bis heute nicht gelungen. „Ich muss häufig am Wochenende arbeiten, das Ausbildungssystem ist nicht flexibel genug für junge Berufstätige wie mich“, klagt er. „Das kann doch nicht sein, dass er bei uns nicht mitmachen darf“, sagt Marko Krüger.

Julian ist ein Paradebeispiel für einen der Gründe, warum Wehren wie die Ortsteilwehr Frohse ein so großes Nachwuchs- problem haben. Und dieses Problem ist gleichzeitig eines der größten Sorgen, die bei der Jahreshauptversammlung der Feuerwehr angesprochen werden und in einer hitzigen Diskussion enden. „Wir haben im vergangenen Jahr eine ordentliche aktive Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, leider ohne Erfolg“, bedauert Wehrleiter Michael Pohle. Er glaubt, dass das unter anderem mit einer Interessenlosigkeit der neu zugezogenen Frohser liege. Pohle: „Die gehen nicht zum Dorffest, geschweige denn zur Feuerwehr.“

Genau diese Interessenlosigkeit ist eine der Hauptgründe, warum der Feuerwehr-Förderverein bereits im vergangenen Jahr beschlossen habe, sich aufzulösen, sagt ehemalige Schatzmeisterin Rosemarie Zimmermann. „Dass wir nicht eine Reaktion aus der Bevölkerung hatten, ist eine traurige Situation“, sagt sie zu den vergeblichen Versuchen, Nachwuchs zu gewinnen. Sie glaubt, dass es bei der Achtung der Menschen anfängt. „Wir leben mittlerweile in einer Ellebogengesellschaft, in der das Miteinander einfach keinen großen Stellenwert mehr hat“, vermutet sie. Sie glaubt, dass dieses Problem bereits in der Schule anfängt. „Schon da müsste man lernen, was für einen hohen Stellenwert die Feuerwehr hat“, findet sie.

Das glaubt auch Stadtrat Manfred Pöschke (Fraktion FDP/Rettet die Altstadt). Er sagt: „Heutzutage sieht man die Jugend nur noch mit ihrem Smartphone rumrennen. Die 110 zu wählen ist für sie einfach. Denn noch kommt da ja immer jemand.“

Auch Stadtrat Frank Schiwek (SPD) findet, dass die Nachwuchssorgen derzeit das größte Problem der Feuerwehr sind. Er sei wütend, dass die Risikoanalyse jüngst im Stadtrat einfach „durchgepeitscht“ wurde, ohne sich ausführlicher mit den Problemen zu beschäftigen. Schiwek: „Wir müssen weiter überlegen, was die Stadt tun kann, um das Ehrenamt attraktiver zu machen.“

Wird die mit acht aktiven Kameraden nicht mehr 24 Stunden einsatzfähige Wehr schließen? „In der Risikoanalyse wird von einer Schließung nichts gesagt“, wirft Pohle ein. Vor allem die Schließung des Feuerwehrgerätehauses wäre eine Katastrophe für die Alterswehr, schließlich gehe es auch um die Traditionspflege. Ordnungsamtsleiterin Janine Zug bestätigt: „Wir reden nicht von einer Schließung. Zunächst einmal suchen wir nach einer Lösung wie es weitergehen kann.“

Nach einer Lösung sucht auch Stadtwehrleiter Uwe Tandler. Er glaubt, dass man mit Aktionen wie einem ermäßigten Eintritt ins Schwimmbad keinen Nachwuchs heranholen könne. Er findet, dass der Bonus für Feuerwehrleute noch attraktiver werden solle. Er zählt Ideen auf: „Etwa Garantie auf einen Kitaplatz oder Ermäßigungen bei den Stadtwerken.“ Wie es für Frohse und konkret mit dem Gerätehaus weitergehe, könne er jedoch nicht sagen. Tandler: „Ich bin nicht Harry Potter. Ich kann nicht zaubern.“ Die Alterskameraden durch eine Schließung des Gerätehauses vor die Tür zu setzen, käme allerdings für ihn nicht infrage.

Genauso emotional bleibt die Stimmung, als es um die Zukunft des 30 Jahre alten Einsatzfahrzeuges, der Barkas B1000, geht. „Frau Zug hat mir erklärt, dass die B1000 kein Einsatzfahrzeug mehr darstellt und somit zur Versteigerung freigegeben wird“, so Pohle.

Einen Ersatz wird es für die Frohser Wehr zunächst nicht geben, jetzt bleibt den Kameraden noch ihr Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF). Zug: „Wir müssen uns zunächst darauf konzentrieren, die einsatzfähigen Wehren auszustatten. Bernd Krüger, dem die B1000 besonders am Herzen liegt, bekundet Interesse an einem privaten Kauf. Er äußert sich auf die anstehende Versteigerung: „Sagen Sie bitte Bescheid, wenn es soweit ist?“

Apropos soweit. Wann wird Bernd Krügers Enkel Julian endlich seine heißersehnte Ausbildung bekommen? Uwe Tandler spricht die Möglichkeit an, die Module mit Unterbrechungen zu absolvieren, statt an fünf aufeinanderfolgenden Wochenenden. Julian kann sich vorstellen, dass das in Absprache mit dem Arbeitgeber klappen könnte.

Julian ist für die Frohser ein Lichtblick, trotzdem sagt Uwe Tandler: „Es hilft nichts, zu sagen, dass Nachwuchs wichtig ist. Es müssen auch Handlungen folgen.“

Leichter gesagt, als getan. Im vergangenen Jahr waren es noch elf aktive Kameraden, heute sind es acht. Die Uhr tickt für die Frohser lauter denn je. Die Zeit: Es ist fünf vor zwölf.