Gruselabend: Nancy Schumann (35) liest aus ihrem neuen Buch "Vampire - gestern und heute" "Ein weiblicher Vampir ist zur Verwandlung fähig und lebt jenseits von sozialen Grenzen"
Das Wesen des Vampirs ist weit mehr als eine bloße Erfindung Hollywoods. Nancy Schumann erklärte in einer besonderen Lesung in der Heimatstube, warum die Blutsauger in zahlreichen Kulturen seit Jahrhunderten fest verankert sind.
Calbe l "Wenn ich an Vampire denke, dann sofort an Christopher Lee und seinen furchterregenden Anblick im Kinofilm", leitete Uwe Klamm den Freitagabend ein. Der Heimatvereinsvorsitzende bezog sich auf die Verfilmung von Bram Stokers Literaturklassiker "Dracula", der das Bild des Vampirs als blutdürstigen Mantelträgers prägte.
Die gebürtige Calbenserin Nancy Schumann, die seit zehn Jahren in London lebt, entwarf ein differenziertes Bild des Vampirwesens, das in der Geschichte immer dann auftauchte, wenn sich Probleme und unerklärliche Vorkommnisse häuften oder unerwartete Todesfälle erklärt werden mussten. Dabei erscheine ein Vampir eigentlich nicht ausschließlich in der Nacht. "Die Tageslicht-Phobie ist eine Erfindung Hollywoods", erklärte die 35-Jährige, die ihr Buch aus einer Magisterarbeit an der Universität Leipzig heraus entwickelte.
Demnach kennt fast jede Kultur das Phänomen des Vampirs. Viele von ihnen haben auch Gottheiten einen vampirischen Aspekt gegeben. Nancy Schumann legt das Augenmerk in ihrem Buch vor allem auf den weiblichen Vampir. Eine Göttin die beispielsweise im Hinduismus heute noch verehrt wird ist die Göttin Kali. Sie ernährt sich von dem Blut der Menschen, die ihr geopfert werden.
Auch Lilith, nach jüdischer Überlieferung in der Bibel die erste Frau Adams, trägt ebenso vampirische Aspekte in sich. Sie war nicht wie ihre Nachfolgerin Eva aus der Rippe Adams geschnitzt, sondern genau wie er erschaffen worden. Darum weigerte sie sich, sich Adam zu unterwerfen. Sie musste aus dem Paradies fliehen und wurde zur Strafe von Gott in eine Nachtdämonin verwandelt. Über Jahrhunderte galt die überlieferte Figur als ebenso verführerisch wie sexuell unersättlich, saugt sie doch den Männern Blut und damit die Lebenskraft aus. Ganz besonders hasst sie Kinder und mordet Neugeborene, da ihre eigenen Sprösslinge böse und missgestaltet sind.
Weibliche Vampire, so die Schlussfolgerung, stehen oft für Sinnlichkeit, Leidenschaft und Sexualität - ein Gegenentwurf zur patriarchalen Tradition über Jahrhunderte hinweg. "Ein weiblicher Vampir ist zur Verwandlung fähig und lebt jenseits von sozialen Grenzen", fasste es Nancy Schumann zusammen.
Rund 25 Gäste, darunter ihre Eltern und Freunde, folgten der Einladung in die thematisch ausgeschmückte Neue Galerie der Heimatstube. Zu Gruselmusik standen von Mitarbeiterin Christine Dippmar angefertigte Geisterplätzchen, Würmer und Bluttränke bereit, die im Anschluss gern verzehrt wurden.