1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Erweiterung fest im Blick

Krankenhaus Calbe Erweiterung fest im Blick

Auftakt zu einer Reihe von Gesprächsrunden im Awo Krankenhaus Calbe.

Von Massimo Rogacki 31.01.2016, 17:00

Calbe l Spezialisierung, Modernisierung und Erweiterung - diese drei Begriffe benutzt Michael Groß mit Vorliebe, wenn er die Zukunft des Awo Krankenhauses Calbe skizziert. Seit Beginn des vergangenen Jahres ist der 50-Jährige als ärztlicher Leiter und Chefarzt für Pneumologie und Schlafmedizin im Krankenhaus der Saalestadt im Amt. Am Freitagabend informierte Groß interessierte Bürger im Rahmen einer Gesprächsrunde über das derzeitige Angebot und die zukünftige Ausrichtung des Krankenhauses. Verwaltungsleiterin Gabriele Lang und Bürgermeister Sven Hause komplettierten die Runde. Eingangs erinnerte Hause an die 149-jährige Geschichte der Institution an der Hospitalstraße. Die Awo Krankenhausbetriebsgesellschaft ist hier seit 2009 als Träger zuständig und doch, so ergänzt Chefarzt Groß, sei das Haus „im Herzen das Stadtkrankenhaus“ der Calbenser geblieben. Alles andere als selbstverständlich sei es, dass eine Stadt mit weniger als 10 000 Einwohnern ein Krankenhaus habe. Um die Versorgung der Patienten auch langfristig auf diesem Niveau zu sichern, sei es wichtig, sich zu spezialisieren und die Einrichtung weiter zu modernisieren, so Groß.

 

Die Aufgabe der chirurgischen Abteilung 2003 bewertet der 50-Jährige als „richtige Entscheidung“. Mit der folgenden Spezialisierung auf die Geriatrie habe man eine „Vorreiterrolle“ im Salzlandkreis gehabt und nicht zuletzt den Bestand gesichert (durch den Status als Geriatrisches Zentrum im Salzlandkreis). Auch Bürgermeister Hause bezeichnet die Geriatrie als „das Flaggschiff“ und einen wichtigen wirtschaftlichen Bestandteil des Krankenhauses.

Weiter gelte es nun, mit der Entwicklung Schritt zu halten, führt der Chefarzt aus. Deshalb ist im vergangenen Jahr das Behandlungsspektrum erweitert worden. Atemtherapiezentrum, Pneumologie (Lungenheilkunde) und die dazugehörige Schlafmedizin sind heute die Eckpfeiler in den Leistungen des Krankenhauses. Auch eine ambulante Versorgung sei im Zukunftskonzept ganz klar vorgesehen. Ab dem heutigen Montag bereichert eine internistische Facharztpraxis das Portfolio. „Ein Meilenstein“, so Groß.

Zwei weitere Fachärzte mit verschiedener Ausrichtung sollen noch dazustoßen. Stolz ist der Chefarzt auf die radiologische Praxis, die das Angebot der Pneumologie komplettiert. „Denn was ist eine Pneumologie ohne Röntgen?“ so Groß.

Und wie sieht die Zukunft des Krankenhauses Calbe aus? Groß‘ Antwort lautet: „Wir wollen uns vergrößern.“ In fünf Jahren, so lautet das Ziel, soll ein Neu- oder Ergänzungsbau etabliert werden. Vor allem für die Geriatrie sollen neue Räume erschlossen werden, die Therapie soll integriert werden. Ein Neubau für die Geriatrie würde wiederum Kapazitäten für das in den alten Räumlichkeiten verbleibende Atemtherapiezentrum schaffen. Das alles muss natürlich „wirtschaftlich realisierbar sein“ gibt Bürgermeister Hause zu bedenken. Er sei optimistisch, mit der Awo einen Träger zu haben, der bereits auf Erfahrungen auf diesem Gebiet zurückgreifen könne, sagt das Stadtoberhaupt.

Im Vordergrund stehe zunächst allerdings die „Verknüpfung von ambulanter und stationärer Versorgung“, bekräftigt Groß. Es dürften nicht „zu viele Baustellen“ geschaffen werden. Der Anspruch sei es, Fachbereiche zu etablieren, die „überregional wirken“. Beispiel: Geriatrie und Atemtherapiezentrum. Denn die Calbenser allein könnten kein Krankenhaus mit 140 Betten füllen, gibt der Chefarzt zu bedenken. Mit dem Status quo könne man zufrieden sein: die Modernisierung ist in Gang gesetzt, alle Betten sind belegt, die Patienten kommen aus einem großen Einzugsgebiet. „Als Basisversorger sind wir für Sie Tag und Nacht da“, bekundet Groß in Richtung der Zuhörer.

Auf eine Kapazitätserweiterung in etwa fünf Jahren hofft auch die Leiterin der Verwaltung des Krankenhauses, Gabriele Lang. Gerade kleine Häuser müssten sich spezialisieren - das sei in diesem Fall gelungen, so Lang. Schwarze Zahlen schreibe man seit jeher. Nach kräftigen Investitionen - gestemmt aus Eigenmitteln - wolle man sich nun am Markt etablieren. Ein weiteres Ziel: „Wir möchten noch einen Facharzt für Pneumologie finden. Leider gehen Ärzte lieber in Großstädte“, sagt die Verwaltungsleiterin. Das weiß auch Chefarzt Groß: „Es ist schwierig, einen gestandenen Facharzt zu finden, der mich oder die Oberärztin entlastet oder ersetzen kann“, lautet die Erkenntnis des ärztlichen Leiters. Hier versuche man aktiv zu rekrutieren. Die hohe Fluktuation im personellen Bereich habe es in Calbe im Übrigen schon immer gegeben, sagt Groß. Er sei mit drei Ärzten und neun Schwestern nach Calbe gekommen. Die Integration von Kollegen mit „neuen Spektren“ sei gang und gäbe. Dass dann auch Ärzte eine neue Herausforderung, neue Perspektiven suchten, gehöre zum Geschäft dazu, so der Chefarzt.

Eine Besucherin der Informationsveranstaltung kommt auf Verständigungsprobleme zwischen Ärzten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, und Patienten zu sprechen. Besonders ältere Patienten hätten diesbezüglich bereits schlechte Erfahrungen im Krankenhaus gemacht, berichtet die Calbenserin. Groß: „Wir haben ausschließlich gute Erfahrungen mit diesen Kollegen. Alle haben eine Zulassung in Deutschland und haben ein entsprechendes Sprachniveau nachgewiesen.“ Natürlich müsse man auch diesen Kollegen die Chance geben, sich zu entwickeln. Man habe überdies auch schon schlechte Erfahrungen mit deutschen Assistenzärzten gemacht, gibt Groß zu bedenken.

So sei auch der Arbeitsmarkt für Ärzte komplizierter geworden. Man müsse Anstrengungen unternehmen, Kollegen für einen Standort zu gewinnen. Das Credo des 50-Jährigen: „Medizin ist und bleibt dabei Teamwork. Die Visite wird gemeinsam gemacht. Wenn die Verständigung mal schwierig ist, kann auch die Schwester aushelfen.“

Einen gesundheitspolitischen Pfeiler für die Zukunft spart Chefarzt Michael Groß zum Ende seiner Ausführungen nicht aus. So sei im beabsichtigten Neubau der Geriatrie auch eine palliativmedizinische Abteilung vorgesehen. „Ich denke, dass gerade die Palliativmedizin gekoppelt mit der Geriatrie ein ganz wichtiger Versorgungszweig ist“, sagt der Chefarzt.

Die Entwicklung in diesem Bereich wird möglicherweise in einer der zukünftigen Gesprächsrunden auf der Agenda stehen. Bürgermeister Sven Hause kündigt an, die Veranstaltungsreihe mit unterschiedlichen Themen im vierteljährlichen Turnus durchzuführen.