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Fährbetrieb Sachsen-Anhalt übernimmt 90 Prozent

Um die Finanzierung der Fähren sorgen sich betroffene Kommunen. Barbys Bürgermeister sprach deshalb im Verkehrsministerium vor.

Von Thomas Höfs 05.04.2018, 07:00

Barby l Wenn es um die Finanzierung der Fähren geht, führt die Kleinstadt Barby den Protest gegen das Land an. Barby betreibt zwei Elb- und eine Saalefähre. Zweimal werden dabei Landesstraßen und einmal Kreisstraßen miteinander verbunden. Obwohl die Kommune nicht der Straßenbaulastträger ist, betreibt die Kommune die Fährschiffe.

Lukrativ ist dies nicht. Unterm Strich produziert die kommunale Flotte vor allem Defizite. Nur einmal, sagt der Barbyer Bürgermeister Torsten Reinharz (parteilos), habe die Saalefähre bei Groß Rosenburg einen Überschuss erwirtschaftet. Da war die Ortsdurchfahrt Calbe gesperrt. Morgens bildeten sich lange Autoschlangen an der Saale, so groß war der Andrang. Bei intaktem Straßennetz ist die Nachfrage nach der Fährverbindung weitaus geringer.

Einzig die Elbfähre bei Barby erwirtschaftete in den vergangenen Jahren auch die Kosten. Barby steht mit dem Problem nicht allein. Insgesamt 13 Kommunen im Land betreiben Fähren und verlangen, dass sich das Land mehr an den Kosten beteiligt.

Gründonnerstag hatte Torsten Reinharz in der Angelegenheit einen Termin im Magdeburger Verkehrsministerium. Das Gespräch sei ganz erfreulich verlaufen, sagte er gestern. „Das Verkehrsministerium bietet den Kommunen an, künftig 90 Prozent der Kosten der Landrevision der Fähren zu übernehmen“, sagte er. Bislang übernimmt das Land 50 Prozent der geplanten Kosten. Kommen während der Durchsicht der Schiffe auf der Werft noch ungeplante Arbeiten hinzu, muss dies allein die Kommune zahlen. „Das ist ein deutliches Entgegenkommen“, freut sich Torsten Reinharz. Zukünftig werde das Land 90 Prozent der tatsächlich anfallenden Werftkosten tragen. Das entlaste die Kommunen, freut er sich. „Ich bin mit keinen großen Erwartungen zu dem Termin gefahren. Deshalb ist die Freude für mich umso größer“, sagte er.

Dennoch ist das Thema für ihn damit noch nicht abgehakt, fügt er hinzu. Eine Beteiligung an den jährlichen Betriebskosten der Fähren lehne das Verkehrsministerium nach wie vor ab, bestätigte er. Einen Lastenausgleich gibt es für die Kommunen nach wie vor nicht. Dabei könnten die Städte und Gemeinden mit einer kommunalen Fähre vielleicht auch beim kommunalen Finanzausgleich anders berücksichtigt werden. Bislang spielt dies aber für die Berechnung der Zuweisungen keine Rolle, bestätigt der Barbyer Bürgermeister.

Noch nicht einmal als Pflichtaufgabe ordnet die Kommunalaufsicht den Fährbetrieb ein. In der Praxis könne dies dazu führen, dass eine Kommune, die unter einem Defizit leide, den Fährbetrieb einstellen müsse, sagt er.

Unangenehm bemerkbar machen sich die Fähren dabei, weil sie andere freiwillige Leistungen verdrängen. Ein Beispiel: Erwirtschaftet eine Kommune ein Defizit im jährlichen Haushalt, kann sie trotzdem einen kleinen Prozentsatz des Haushaltsvolumens für freiwillige Aufgaben verwenden. Sie kann mit dem Geld Vereine oder die Jugendarbeit fördern oder die Naherholung, wie im Beispiel des Barbyer Seeparks. Da aber der Fährbetrieb ebenfalls als freiwillige Leistung von der Kommunalaufsicht betrachtet wird, reduziert sich hier der Handlungsspielraum für die betroffenen Kommunen, stellt der Bürgermeister klar. „Wir wollen, dass die Fähren nicht mehr als freiwillige Leistungen betrachtet werden“, sagt Torsten Reinharz. Die aktuelle Rechtslage schränke die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen mit Fährbetrieb ein, begründet er. Die Argumente hätten die Fachleute vom Verkehrsministerium nachvollziehen können, schilderte er seinen Eindruck von dem Treffen. Er hofft, dass sich das Ministerium nun mit den Fachleuten des Innenministeriums zusammensetzt, um über mögliche Änderungen der Rechtslage zu beraten.

Zweifel an der Auffassung, dass die Fähren eine freiwillige Leistung seien, gibt es seit längerer Zeit. Nicht nur in Barby. Würde die Kommunen die Fähre an die Kette legen, weil der Haushalt nicht ausgeglichen ist, würden vor allem die Bürger bestraft. Täglich nutzen viele Pendler die Schiffe, um über Elbe und Saale zu gelangen.

Letztlich seien die Fähren auch Ausdruck dafür, dass die vorhandenen Brücken über die Flüsse kaum ausreichend seien und in einer immer stärker motorisierten und mobilen Gesellschaft die Infrastruktur noch ausgebaut werden müsse, meint der Bürgermeister. Deshalb sei es mehr als fraglich, den Fährbetrieb als freiwillig zu bezeichnen.

Er hoffe, dass es zu dem Thema nun eine Diskussion im Land gebe. Wenn es dabei zu einer neuen Einschätzung im Sinne der Kommunen kommen könnte, würde er sich jedenfalls sehr darüber freuen, lässt er wissen.