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Friedensfahrt Über Kleinmühlingen nach Wittenberg

Mitglieder vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) besuchen anlässlich des Antikriegstages das Museum "Course de la Paix".

Von Kaya Krahn 06.09.2020, 00:00

Kleinmühlingen l Der Himmel strahlt beinahe so blau wie das Blau der Friedensfahrt. Wie treffend – denn am Antikiregsttag vergangenen Dienstag kamen neun Mitglieder vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) aus Osnabrück und Tübingen nach Kleinmühlingen. Genauer gesagt ins Friedensfahrtmuseum.

Dort erwartete sie ein ausgiebiges Frühstück: „Martin Jung hatte mir gesagt, dass sie in der Unterkunft kein Frühstück bekommen könnten, dann haben wir das hier vorbereitet“, so Museumsleiter Horst Schäfer. „Dann ging es doch mit dem Essen in der Herberge – müssen Sie eben zwei Mal frühstücken“, fügt er mit einem Lachen hinzu. Zwei mal frühstücken scheint bei der Strecke, die heute noch vor den Radfahrern liegt, auch angemessen: etwa 70 Kilometer sind es bis nach Wittenberg, dem Etappenziel an diesem Tag. „Wir haben Freitag begonnen, unter anderem stehen Eisenberg, Halle und Naumburg auf dem Programm“, so Martin Jung. Insgesamt sei die Gruppe zehn Tage unterwegs. Hauptsächlich im Osten Deutschlands. Er selbst ist begeistert von der ehemaligen DDR. „1969 und dann immer wieder habe ich die DDR besucht und bereist, da ich Verwandte in Wittenberg hatte, die jetzt in Bernburg leben“, schildert er.

Für die Radgruppe geht es bei ihrer Reise nicht um Schnelligkeit oder darum, möglichst weite Strecken abzureißen. „Wir wollen Land und Leute kennenlernen“, meint Jung, Tourenleiter vom ADFC.

Die Unterkünfte der Gruppe für dieses Vorhaben sind meistens Jugendherbergen. „Dieses Jahr war das aber alles chaotisch. Wir hatten vieles schon im Herbst gebucht und Corona hat da einiges durcheinander gebracht“, schildert Martin Jung. Einige Jugendherbergen hätten bereits komplett schließen müssen, andere öffnen nur unter strengen Auflagen. „Eigentlich wären wir vierzehn Teilnehmer gewesen, doch fünf wollten aufgrund vo Corona nicht fahren, sodass wir diese Plätze dann in den Herbergen stornieren mussten.“ Keine einfache Aufgabe, wie sich herausstellte: „Einige hatten damit gar keine Probleme und berechnen nur die Gäste, die kommen, andere wollen bis zu 75 Prozent Stornierungsgebühr.“

Ein Teil der Radfahrer kommt aus Osnabrück, was an diesem Tag besonders gut passt. „Osnabrück ist Friedensstadt“, erklärt Jung. So wurde etwa der Friedensvertrag zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges dort unterzeichnet. „Außerdem ist Erich Maria Remarque hier geboren. Und er schrieb den wohl bekanntesten Antikriegsroman“, so der Tourenleiter. Gemeint ist damit natürlich „Im Westen nichts Neues“, verfasst 1928 und ein Jahr später veröffentlicht.

Die Friedensstadt hinterlässt Spuren – zumindest wenn es nach Horst Schäfer geht. Er hatte nämlich bereits bei der Ost-West-Versöhnung nach der Wende sehr gute Erfahrungen mit Arbeitern aus Osnabrück gemacht. „Uns wurden die Augen geöffnet, dass es überall prima Menschen gibt“, sagt der Museumsleiter. Das findet auch Martin Jung, der das Museum nicht zum ersten Mal besucht.

Er war bereits mit dem Versöhnungsbund dort, dem er seit seinem 16. Lebensjahr angehört. „Ich war begeistert“, erzählt er in Erinnerung an den Besuch im vergangenen Jahr. Dementsprechend war es für ihn ganz klar, auch auf dieser Tour wieder in Kleinmühlingen zu halten. Zum Dank für die Führung, das Frühstück und die Gespräche sammelt der Tourenleiter natürlich Spenden für das Museum ein. Das Besondere: Die Teilnehmer haben noch die ganze Reise Zeit, einen Betrag ihrer Wahl in ein Spendenportemonnaie zu tun. Sobald sie dann wieder zuhause sind, will Martin Jung den Betrag verdoppeln und an das Museum überweise.

Bei der Abfahrt Richtung Wittenberg ertönt die Fanfare der Friedesfahrt. Passend zum Antikriegstag, im strahlenden Sonnenschein und mit Horst Schäfer, der zum Abschied die Friedensfahrtflagge schwingt.