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Gestohlene Kinder Kritik an Umgang mit Klinik-Unterlagen

Das Ameos-Krankenhaus Schönebeck vernichtet Akten nach 30 Jahren. Mögliche Zwangsadaptionen lassen sich nicht aufklären.

25.09.2019, 15:00

Schönebeck l Dürfen Krankenhaus-Akten nach einer Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren vernichtet werden, so wie es das Ameos-Klinikum Schönebeck bisher gehandhabt hat? Die Interessengemeinschaft (IG) gestohlene Kinder der DDR sieht darin einen Verstoß gegen das geltende Landesachivgesetz. Ameos prüft nun.

Rückblick: Susanne Knabe ist auf der Suche nach ihren Halbgeschwistern. Sie hat den Verdacht, dass sie zu DDR-Zeiten zwangsadoptiert worden sind. Eine Spur führt nach Schönebeck ins Krankenhaus.

Dort erhält sie auf Anhieb keine neuen Hinweise. Doch Ameos setzt sich nun mit dem Thema Zwangsadoptionen auseinander und sichert Hilfe zu. Nicht nur für Susanne Knabe, sondern auch für andere Betroffene oder Angehörige.

Der erste Schritt sei gewesen, so Ameos-Ost-Regionalgeschäftsführer Lars Timm, dass das Vernichten von Akten nach der Ablauf der Aufbewahrungsfrist gestoppt worden ist. Man wolle mit der IG zusammenarbeiten, entsprechende Anfragen zu diesem Thema sollen über diese zum Klinikum kommen. Nach drei Wochen gebe es dann eine Rückmeldung: Werde etwas gefunden, benötige das Krankenhaus eine von der Mutter unterschriebene Schweigepflicht-Entbindungserklärung.

Die Interessengemeinschaft gestohlene Kinder der DDR ist glücklich über den gefundenen Modus mit Ameos Ost – jedoch nur teilweise. „Wir sind sehr froh über die steigende Bereitschaft der Funktionsnachfolger der ehemaligen staatlichen medizinischen Einrichtungen der DDR, die Betroffenen bei ihrem Wunsch nach Aufarbeitung und Aufklärung zu unterstützen“, schreibt Frank Schumann, zweiter Vorsitzender und Sprecher der IG. Das sei „ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“.

Jedoch merkt Frank Schumann kritisch an, dass es nicht rechtens sei, Klinik-Unterlagen nach einer Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren zu vernichten. Er verweist auf das Archivgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Die Kliniken der ehemaligen DDR und deren Funktionsnachfolger seien bereits seit 1995 verpflichtet, die vorhandenen Unterlagen als potenzielle Archivgüter an das zuständige Landesarchiv abzugeben. Und zwar, sobald sie diese zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigen beziehungsweise spätestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung, so der IG-Sprecher.

Auf Anfrage der Volksstimme teilt Regionalgeschäftsführer Lars Timm mit: „Wir haben nach Bekanntwerden sofort reagiert und die Aktenvernichtung gestoppt. Ob der Geltungsbereich des Archivgesetzes auch unsere Klinika umfasst, prüfen wir. Losgelöst davon, bitten wir dennoch alle Familien von unserem Angebot der Recherche Gebrauch zu machen. Einen Modus haben wir mit der IG ja verbindlich abgestimmt.“