Kulturfreitag Glinde gedenkt humorvollem Lehrer
Der jüngste Glinder Kulturfreitag widmete sich dem Schaffen des ehemaligen Lehrers, Ortschronisten, Hobbyfilmers und Heimatdichters Walter Schüler (†).

Glinde. - Wenn Walter Schüler von seiner Wolke herab gesehen hat, wird er gelächelt haben. Das Lichtmessmuseum war „gerammelt“ voll. Der Lichtmessmusemsverein hatte eingeladen und alle, alle kamen.
Dem ehemaligen Lehrer stand der Humor alles andere als ins Gesicht geschrieben. Wenn der gebürtige Pömmelter, der nach Glinde geheiratet hatte, aber den Mund aufmachte, wusste man, dass sich hinter dieser Fassade ein Schalk verbarg. Und was für einer.
Was sich in den zahlreichen Gedichten niederschlug, die Schüler zu allen möglichen Anlässen schrieb und die dann bei größeren „Gesellschaften“ präsentiert wurden. Egal, ob es Lichtmessnachfeiern oder Lehrer-Brigadeabende waren. Dann blieb kaum ein Auge trocken, wenn Walter die kleinen Missgeschicke seiner Mitmenschen aufspießte.
Konvolut heiterer Geschichten
Grund genug für die beiden Protagonisten des jüngsten Kulturfreitags, Norbert Langoff und Joachim Seidel, an den 2014 verstorbenen Wahl-Glinder zu erinnern.
Norbert Langoff hatte in dem Konvolut heiterer Geschichten gewühlt und einige herausgesucht. Zum Beispiel jene über den damaligen Bürgermeister Hermann „Männe“ Schmidt, der kein Kind von Traurigkeit war. Als die Helfer nach einem Hochwassereinsatz abends in der Kneipe „Goldener Anker“ saßen, kramte Männe wieder jene alte Schnurren heraus, die die Glinder schon „tausendmal“ gehört hatten. Ein paar Volkspolizisten – sie unterstützten den Hochwassereinsatz – aber noch nicht. Was bei so viel Geselligkeit zur Folge hatte, dass alle – inklusive des Ortschefs – ziemlich tief ins Glas schauten. So schlief danach Männe Schmidt ziemlich tief und fest den Schlaf der Gerechten. Und den ziemlich lange am anderen Morgen, obwohl der Hahn schon ein paar Mal gekräht hatte.
Das Gemeindebüro befand sich praktischerweise im Hause Schmidt, wo auch die Gemeindesekretärin nach Vorschrift Dienst tat (sie hatte ja nicht am Vorabend gezecht). Ebenda meldete sich plötzlich und unerwartet eine Abordnung vom Rat des Kreises Schönebeck. Und zwar lange, nachdem die Sonne aufgegangen war. Die Besucher wollten sich über den Stand der Katastrophenbewältigung informieren. „Wir würden gerne den Genossen Schmidt sprechen“, so die Herren vom Kreis, „wo ist er denn?“ Und weil eine gute Sekretärin nie, niemals, ihren Chef ans Messer liefert, log sie: „Der ist schon im Dorf unterwegs und sieht nach dem Rechten!“
Doch Männe schlummerte noch selig in blau-weiß-karierter Bettwäsche. „Steh auf! Da sind welche vom Rat des Kreises“, gelang seiner Ehefrau Martha schließlich, den verkaterten Bürgermeister in die Senkrechte zu bekommen. Der sprang wie von der Tarantel gestochen in seine Klamotten, streifte die Gummistiefel über (Hochwasser, eben), kletterte aus dem Küchenfenster und machte einen weiten Bogen um sein Haus. Schließlich, so nach zehn Minuten (die Genossen vom Kreis wurden langsam ungeduldig), kam Männe geschäftig angestiefelt. „Ah, hallo, Kollegen. Ich habe schon eine Runde über den Damm gemacht. Alles in Ordnung, keine besonderen Vorkommnisse!“, verzog der erste Repräsentant des Elbedorfes Glinde keine Miene, wobei er sich den imaginären Schweiß von der Stirn wischte. Die Herren vom Kreis nickten anerkennend und lobten Schmidts Einsatzbereitschaft am nicht mehr ganz so frühen Vormittag. Sie konnten ja nicht wissen, dass er unter seiner Dienstkleidung seinen Schlafanzug trug.
Geschichten wie diese waren für Walter Schüler ein gefundenes Fressen, die er dann lyrisch verarbeitete.
Auf dem Mist gepinkelt
Doch der Bio- und Werkenlehrer hatte noch ein anderes Hobby: die Schmalfilmerei. Achim Seidel vom Museumsverein hatte zahlreiche Super-8-Schmalfilme digitalisieren lassen, die dann in erstaunlich guter Qualität über die Leinwand flimmerten. Den Auftakt bildete ein Zusammenschnitt, den Walter Schüler bei seiner Hochzeitsfeier 1961 in Pömmelte gedreht hatte. Neben dem üblichen Frohsinn hielt der Lehrer mit seiner klickernden Kamera zu fortgeschrittener Stunde Szenen fest, die sich „nicht gehörten“. So wurden einige Herren dabei gefilmt, wie sie auf den Mistberg pinkeln. Was in Plumsklo-Zeiten durchaus üblich war, aber auch den Schelm hinter dem Kamerasucher verriet. Auch Filme aus dem Schulferienlager Bertingen wurden gezeigt. Dabei erkannten sich einige „alte Glinder“ wieder und schwelgten in Erinnerung. Schön war’s, so am Busen der Natur.
„Walter war ein sehr guter Pädagoge, wir haben ihn angehimmelt“, erinnert sich Norbert Langoff (69). „Als er uns damals aus dem Buch ,Der stolze Orinoco’ von Jules Verne vorgelesen hat, habe ich es mir wenige Tage später gleich gekauft.“
Der Glinder Kulturfreitag findet fast monatlich statt. Nicht am 9. Dezember, denn dann ist Weihnachtsmarkt in und vor dem Museum.
