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Haushalt 2017 Falsche Zahlen reißen Millionenloch

Die Schönebecker Stadträte wurden vom Oberbürgermeister informiert, dass der Haushalt für das Jahr 2017 vom Kreis nicht genehmigt wurde.

Von Olaf Koch 29.07.2017, 06:01

Schönebeck l Es hätte so schön sein können. Der ursprüngliche Fehlbetrag in der Stadtkasse von rund 4,3 Millionen Euro konnte in den nächsten acht Jahren ausgeglichen werden. Die Anstrengungen der Kämmerei gemeinsam mit dem Stadtrat hatten sich gelohnt. Im Mai wurde der Haushalt beschlossen und anschließend der Kommunalaufsicht des Landkreises zur Prüfung eingereicht. Also alles paletti: Sommer, Sonne, Sonnenschein.

Doch wie meist: Nach Sonne kommt Regen. Dunkle Gewitterwolken zogen auf, als der Stadt vom Salzlandkreis mitgeteilt wurde, dass sowohl der Haushalt 2017 als auch die Fortschreibung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes nicht genehmigt wurde. Insgesamt soll sich das Rathaus um 1,9 Millionen Euro verrechnet haben. Negativ. Die Nachricht schlug in den Amtsstuben wie ein Blitz ein.

Hintergrund sind die sogenannten Schlüssenzuweisungen, die die Kommunen vom Land erhalten. Für die Planung des Haushaltskonsolidierungs-Zeitraumes von 2018 bis 2025 wurden seitens der Stadt Schlüssenzuweisungen in Höhe von 12,9 Millionen Euro angenommen. „Grundlage hierfür bildete eine Berechnung des Ministeriums der Finanzen vom 9. September 2016“, erklärt Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) den Stadträten in einem internen Brief, der der Volksstimme vorliegt.

Die Kommunalaufsicht des Landkreises vertritt eine andere Rechtsauffassung. Sie stellt dar, dass es sich bei den von der Stadt verwendeten Zahlen um „nicht belastbares Material“ gehandelt habe. Verbindlich seien demnach die mit dem Erlass beziehungsweise durch das Statistische Landesamt veröffentlichten Zahlen. Dies sei der Stadt in einem Runderlass des Finanzministeriums im Dezember 2016 mitgeteilt worden. Der Haushalt wurde ein halbes Jahr später verabschiedet.

Der Unterschied zwischen den Zahlen aus dem September und den späteren: Die aus dem Herbst waren aus Sicht der Kommune wesentlich günstiger als die Winterzahlen. Damit konnte der Haushalt ausgeglichen werden. „Die September-Zahlen waren zu optimistisch“, so Bert Knoblauch gestern auf Nachfrage der Volksstimme. Auch in diesen Wochen folgende Gespräche mit Landkreis und Finanzministerium brachte keine Änderung der Verfügung: „Wir müssen mit den schlechteren Zahlen rechnen, auch für die Folgejahre“, so der Oberbürgermeister.

Aus 12,9 Millionen werden nun also nur 11 Millionen Euro. Differenz: 1,9 Millionen Euro. Diese Summe muss die Stadt im Haushalt einrechnen (was sich auch für die Folgejahre auswirkt), um noch einen Haushalt für dieses Jahr auf den Tisch zu bekommen und nicht mit einer vorläufigen Haushaltsführung arbeiten zu müssen. Ist dies Ende Juli/Anfang August realistisch? „Wir arbeiten daran“, so der Oberbürgermeister kurz.

Was in diesem Fall tröstet, aber nicht hilft: Schönebeck steht nicht als einzige Kommune in diesem finanziellen Regen. „Auch bei anderen Städten fallen die Schlüsselzuweisungen zum Teil erheblich niedriger aus als erwartet“, so der Oberbürgermeister gestern. Er nennt unter anderem Halberstadt, Aschersleben und Bernburg. Andere Kommunen dagegen bekommen teilweise mehr als eine Million Euro mehr. „Ich weiß nicht, warum es uns getroffen hat“, so Knoblauch.

Hinzu kommt noch ein anderer Fakt: die Kreisumlage. Die steigt im Grunde kontinuierlich an. In diesem Jahr sind es gut eine Millionen Euro mehr, die Schönebeck nach Bernburg zusätzlich zu überweisen hat. Insgesamt summiert sich die Kreisumlage 2017 auf 13,4 Millionen Euro. „Wenn man dagegen die Schlüsselzuweisungen sieht, wird deutlich: Diese Differenz können die Kommunen auf Dauer nicht selbst stemmen. Da muss die Politik reagieren“, wettert der Oberbürgermeister.

Neben dem Haushalt 2017 rechnet die Kämmerei derzeit schon an der Vorlage des Haushaltes 2018. Einfach ist das alles nicht. So liegt der Landkreis der Stadt dauerhaft in den Ohren, die freiwilligen Leistungen zu reduzieren: Privatisierung des Soleparkes, Freibad, Schwimmhalle, Operettensommer und Kammerphilharmonie – es klingt nach einem Ausverkauf der letzten Stücke des Silberbestecks.

Wie im richtigen Leben kommt auch bei Kommunen eine schlechte Nachricht selten allein. Nach der Beanstandung des 2017er Haushaltes mit dem 1,9 Millionendefizit scheinen sich auch die Kinderbetreuungskosten stark zu erhöhen. Auch hier vermutet die Stadt einen zusätzlichen Millionenbetrag.

Das also auch noch. Es hätte alles so schön sein können in diesem Sommer.