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Sanierung Im Holperschritt nach Zens: 2000 Kilometer Kreisstraßen in Sachsen-Anhalt marode

Seit Jahrzehnten drängt der Zenser Ortsbürgermeister Frank Ahrend darauf, die Zufahrten ins Dorf endlich zu sanieren. Doch andere Straßen im Salzlandkreis sind in noch schlechterem Zustand - wie überall im Land.

Von Robert Gruhne 23.05.2021, 00:00
Heute Kopfsteinpflaster oder Betonpiste? Der hier abgebildete Teil der K1291 nach Calbe wird sehr viel seltener genutzt als der Abschnitt nach Kleinmühlingen.
Heute Kopfsteinpflaster oder Betonpiste? Der hier abgebildete Teil der K1291 nach Calbe wird sehr viel seltener genutzt als der Abschnitt nach Kleinmühlingen. Foto: Robert Gruhne

Zens - Zens ist ein ruhiges Dörfchen am Rande der Gemeinde Bördeland. Zwei Straßen führen in den Ort, wobei sie streng genommen nur eine sind: die K1291. Autofahrer nutzen sie eigentlich nur, wenn sie wirklich nach Zens möchten. Ansonsten fährt es sich auf der L65 viel schneller.

Vermutlich ist das, neben der geringen Einwohnerzahl von nicht einmal 300 Menschen, einer der Gründe, warum die Straßen hier außerorts in fast schon historischem Zustand sind. Die eine, Richtung Kleinmühlingen, besteht aus großen Betonplatten, die andere, Richtung Calbe, aus Kopfsteinpflaster.

Ortsbürgermeister und Salzlandkreis einig

„Da müssen sie aufpassen, dass ihr Auto nicht kaputt geht“, schimpft Ortsbürgermeister Frank Ahrend (CDU). Er ist seit 1994 im Amt und so lange weist er auch schon auf die schlechten Zustände der Straßen hin. Dass in der Gegend viel Landwirtschaft mit dementsprechend großen Fahrzeugen betrieben wird, macht es über die Jahre nicht besser. Ahrend fordert: „Die Straßen müssen saniert werden!“

Dem Salzlandkreis, in dessen Zuständigkeit die K1291 von und nach Zens fällt, ist der schlechte Zustand bekannt und ebenfalls ein Dorn im Auge. „Die Einschätzung des Ortsbürgermeisters teilen wir ausdrücklich“, antwortet Pressesprecher Marko Jeschor. Eine grundhafte Sanierung sei bislang aus einem einfachen Grund noch nicht möglich gewesen: Andere Kreisstraßen und Brücken im Salzlandkreis seien schlicht in einem noch schlechteren Zustand und hätten deshalb Vorrang.

Auf der Prioritätenliste, die der Kreistag 2013 beschloss und die noch immer gilt, stehen die insgesamt fünf Kilometer der K1291 auf Position 35 und 36. Laut dieser Liste sind 78 Kilometer Kreisstraßen im Landkreis so schlecht, dass sie grundhaft ausgebaut werden müssten.

Landräte appellieren an künftige Landesregierung

Einige sind sicherlich mittlerweile erneuert, aber offensichtlich noch nicht so viele, dass Zens absehbar an der Reihe wäre. Als Grund für den Investitionsstau bei den Straßen nennt Jeschor die knappe Finanzausstattung der Kommunen und Landkreise.

Dass es so nicht weitergehen kann, haben die Landräte Sachsen-Anhalts in dieser Woche auf einer Pressekonferenz klar gestellt. Sie appellierten an eine künftige Regierungskoalition, die Kreise mit genügend Geld für ihre Aufgaben auszustatten.

„Die Landkreise verfügen als einzige Gebietskörperschaft über keine eigenen Steuereinnahmen“, verdeutlicht Michael Ziche (CDU), der Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, in einer Mitteilung die schwierige Situation. Geld bekommen die Kreise von ihren Gemeinden über die Kreisumlage. Doch durch die Pandemie fallen deren Steuereinnahmen magerer aus. Die 1,6 Milliarden Euro, die das Land den Kreisen, Städten und Gemeinden außerdem per Finanzausgleich überweist, reichen bereits heute nicht für alle Aufgaben.

Von 4250 Kilometern Hälfte marode

Die fünf Kilometer Straße nach Zens sind nur ein kleiner Teil der insgesamt 4250 Kilometer Kreisstraßen im Land, aber sie stehen exemplarisch für deren Zustand. Etwa 2000 Kilometer, also fast die Hälfte der Straßen, sind in einem vergleichbar schlechten Zustand.

Der Sanierungsbedarf in Sachsen-Anhalt belaufe sich bei den Kreisstraßen auf „weit über einer Milliarde Euro“, schreibt Ziche. Der schlechte Zustand der Kreisstraßen führe zudem zwangsläufig zu hohen Kosten für Unterhaltung und Instandsetzung.

Nur das Nötigste kann ausgebessert werden

Die Landräte fordern vom Land als Übergangslösung im nächsten Jahr 40 Millionen Euro für den Straßenbau. Dieses Jahr sind es gerade mal 26 Millionen Euro, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich sollte laut Landkreistag jeder Kreis eine Million Euro für Radwege erhalten, damit auch dieser Ausbau vorangetrieben werden kann. Alle Beiträge sollen zudem jährlich entsprechend des amtlichen Baupreisindex’ steigen.

Solange die Finanzausstattung sich nicht bessert, kann der Salzlandkreis an seinen Straßen nur das Nötigste ausbessern, teilt Marko Jeschor mit. Auch die Straße nach Zens könne der für die Kreisstraßen zuständige Kreiswirtschaftsbetrieb „nur soweit instand halten, dass eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer aufgrund des Zustands ausgeschlossen werden kann“, schreibt der Kreissprecher.

Ortsbürgermeister Frank Ahrend würde sich wünschen, dass es endlich losgeht mit der Sanierung: „Es ist ja eigentlich auch gewollt, den ländlichen Raum zu fördern.“ Bei der nächsten Wahl will er übrigens nicht noch einmal antreten. Ob die Zufahrten in seinen Ort bis dahin saniert sind, bleibt weiter offen.