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Kälber gerissen Vermutlich Wolfstat im Lödderitzer Forst

Ein Rinderzüchter fand auf seiner Freilandweide im Lödderitzer Forst zwei gerissene Kälber und ein totes Muttertier.

Von Ute Nicklisch 21.03.2017, 14:57

Lödderitz l Zweimal täglich schaut Swen Keller nach seinen Schützlingen auf die Weide, kontrolliert die Wasservorräte und prüft, ob alles in Ordnung ist. Denn eigentlich leben die Rinder quasi in freier Natur auf einem weitläufigen Areal von etwa 17 Hektar im Lödderitzer Forst.

Auch am Montagmorgen wollte der Rinderzüchter aus Kühren, einem Ortsteil von Aken, nach dem Rechten schauen und merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Die gesamte Herde seiner Simmental Fleckrinder sei ungewöhnlich zerstreut und ängstlich gewesen, berichtet der Landwirt.

Bei weiterem Hinsehen bot sich ein Bild des Grauens. Seine Kälbchen, gerade mal drei Tage alt, lagen verstümmelt und tot auf der Weide - das komplette Hinterteil und der Nacken heraus gerissen.

Als Swen Keller auch noch das Muttertier tot in einem Graben liegend auffand, war für den erfahrenen Tierzüchter klar: „Das können nur Wölfe gewesen sein.“ Er informierte das Wolfskompetenzzentrum Sachsen-Anhalt in Iden. Die toten Tiere wurden mit Planen für die Untersuchung gesichert. Zum Tod des Muttertieres vermutet der Tierzüchter Folgende: Bei der Hetzjagd über einen Graben muss die Kuh zu Fall gekommen sein und habe sich dabei das Genick gebrochen.

Die verbliebenen 24 Tiere brachte Swen Keller noch am gleichen Tag in seinen schützenden Stall nach Kühren. Denn demnächst sollen noch weitere Kälber geboren werden.

Vorerst will er die Jungen dann für ein paar Monate im Stall zu Kräften kommen lassen, bis sie der drohenden Gefahr besser gewachsen seien. Eigentlich jedoch sei dies keinesfalls im Sinne seiner Freilandhaltung, die Keller seit 2013 im Lödderitzer Forst auf der sogenannten Wilken Lache betreibt.

„Meine Tiere kalben eigentlich ganz selbständig in freier Natur, und auch sonst habe ich keine Probleme mit Krankheiten“, erklärt der Rinderzüchter. „Ich bin jetzt da, wo ich eigentlich sein wollte“, beschreibt Keller seine Rinderzucht in freier Wildbahn. Denn schon seit Beginn der 1990er Jahre züchtet der 46-Jährige das sogenannte Fleckvieh.

Nach dem Elbehochwasser 2013 nutzte er eine brachliegende Fläche direkt entlang des Deiches. Lange Zeit war diese überschwemmt und praktisch für die Landwirtschaft nicht urbar. Für seine Rinderhaltung in freier Natur jedoch wie geschaffen. Außer regelmäßiger Heu- und Wasserversorgung finden die Tiere alles in der Natur und sind dadurch sehr robust.

Wie sich Swen Keller jedoch künftig vor derartigen Wolfsangriffen schützen könne, wisse er noch nicht. Denn neben dem wirtschaftlichen Schaden und auch eigenen Empfindungen sieht der Tierzüchter auch seine Verantwortung in der Hütesicherheit in Gefahr. Denn in ihrer Todesangst würden die Tiere auch den elektrischen Zaun durchbrechen und möglicherweise den Straßenverkehr gefährden.

Auch weitere Tierzüchter aus der Region seien nun in Sorge um ihre Tiere. Ein Sachverständiger vom Wolfskompetenzzentrum in Iden sollte am Dienstagmorgen vor Ort Klärung und Abhilfe bringen. Auch nach dessen ersten Einschätzungen deutet alles auf eine Wolfstat hin. Genaue Erkenntnisse dazu soll es nach DNA-Analysen in etwa drei Wochen geben.