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Miss Germany Auf dem Weg zur Miss Germany

Die 21-Jährige Elisa Ventur aus Eickendorf will MIss Germany werden. Sie setzt sich für mehr Selbstliebe ein.

Von Bianca Oldekamp 23.11.2020, 00:01

Eickendorf l Elisa Ventur ist ein fröhlicher Mensch. Das Lächeln der 21-jährigen Eickendorferin ist ansteckend und nicht nur dann auf den Lippen, wenn sie gerade vor einer Kamera steht – ganz gleich ob diese Fotos oder ein Video macht. Doch Elisa Ventur kann auch ernst sein. Das wird sie dann, wenn es um die Dinge geht, die sie in ihrer Vergangenheit erlebt hat, die sie geprägt haben und letztlich zu der jungen Frau gemacht haben, die sie heute ist. Zu einer jungen Frau, die natürlich, stark und ehrgeizig ist und die sich liebt, so wie sie ist. „Liebe dich selbst.“ Eine selbstbewusste Botschaft, die sie auch anderen Frauen mit auf den Weg geben will.

Und genau deshalb hat sich Elisa Ventur bei einer Misswahl beworben, der Miss Germany-Wahl, deren Finale auch 2021 wieder im Europapark Rust stattfinden soll. Doch ob das große Finale wie in den Vorjahren in der Europa-Park-Arena im Beisein von 2000 Gästen, dutzenden Influencern, hunderten Medienvertretern und den Coaches der 16 Finalistinnen, über die Bühne gehen kann, steht zur Zeit noch nicht fest. Fest steht aber: Die Chance von Elisa Ventur in genau dieses Finale einzuziehen stehen 50:50. Denn sie ist eine von zwei verbleibenden Kandidatinnen aus Sachsen-Anhalt.

Dass sich die 21-jährige Eickendorferin überhaupt einmal für eine Miss-Wahl bewerben würde, hätte sie vor zwei Jahren selber nicht gedacht, fühlte sie sich doch damals so ganz und gar nicht wohl in ihrem Körper.

„Im Januar diesen Jahres habe ich Werbung für die Miss-Germany-Wahl im sozialen Fotonetzwerk Instagram gesehen und mir dann Gedanken über eine Bewerbung gemacht, mich aber erst über das Konzept informiert“, berichtet Elisa Ventur. Denn – und das ist der ausschlaggebende Punkt für die 21-Jährige: Gesucht wird laut Konzept nicht mehr nach einer rein äußerlichen Schönheitskönigin im klassischen Sinn, sondern nach einer Powerfrau mit Themen, für die sie sich einsetzen kann. Wobei die Optik natürlich immer noch eine Rolle spielt, Persönlichkeit aber eben die größere.

Ihr eigenes Äußeres ist auch Elisa Ventur nicht unwichtig. „Ich treibe viel Sport, gehe Joggen – am liebsten auf den Feldwegen rund um Eickendorf – und mache Kraftsport im Fitnessstudio“, erzählt die 21-Jährige, die mit ihren 1,67 Metern für ein Modell im klassischen Sinne auch gar nicht groß genug wäre. Aber darauf kommt es eben nicht an.

Dass Elisa Ventur viel Sport treibt, sich in ihrem Körper wohl fühlt, war allerdings nicht immer so. „In der Schule wurde ich für mein Äußeres gemobbt“, berichtet Elisa Ventur mit ernster Miene und erinnert sich an eine Situation im Unterricht. Ihre damalige Lehrerin am Schönebecker Dr.-Carl-Hemann-Gymnasium, an dem sie 2018 ihr Abitur gemacht hat, hatte unter anderem Elisa gefragt, ob sie denn Sport mache. Sie gehe manchmal laufen, habe sie als Jugendliche, mit 20 Kilogramm mehr als sie heute wiegt, geantwortet. Die Reaktion einiger Klassenkameraden: Gekicher und Gelächter.

Nur eine von vielen Situationen, in der die heute 21-Jährige von Mitschülern unschön behandelt wurde. Auch wegen ihrer Haare wurde sie gemobbt. Denn über Monate hinweg hatte Elisa Ventur einfach keine Haare. Nicht weil sie gar eine Chemotherapie machen musste. Nein. Ihr Haar war einfach ausgefallen. „Am Hinterkopf hatte ich ein kahle Stelle ertastet, in meiner Bürste sammelten sich dann immer mehr Haare bis ich die Haare sogar büschelweise in der Hand hatte.“ Innerhalb weniger Wochen war ihr Kopf kahl. Zu dieser Zeit war Elisa Ventur 14 Jahre alt, traute sich nur mit Mütze in die Schule. Und die haben Mitschüler ihr dann vom Kopf gerissen.

Die Ursache für den Haarausfall auf dem Kopf und den der Augenbrauen ist bis heute nicht bekannt. Auch Spezialisten wussten damals nicht weiter. „Mittlerweile gehen wir davon aus, dass ich eine heftige allergische Reaktion auf ein Haarfärbemittel hatte, das ich wenige Wochen bevor mir die Haare dann ausgefallen sind, benutzt habe“, sagt Elisa Ventur.

Bis heute fällt es ihr aber schwer, Fremde an ihre Haare zu lassen. Die sind zwar nach einem halben Jahr wieder nachgewachsen, doch lässt sich die 21-Jährige ihre Haare maximal trocken schneiden – bis jetzt. Denn im Rahmen der Vorbereitungen zur Miss-Germany-Wahl wurden die Bewerberinnen für ein erstes Foto-shooting zurecht gemacht. Und da müssen die Styling-Experten natürlich auch an die Haare der Frauen. „Das hat mich ganz schön Überwindung gekostet“, gesteht die 21-Jährige, ist aber froh, sich überwunden zu haben. Schließlich kann sich das Ergebnis dieses Shootings mit dem im Modell-Business bekannten Fotografen Tobias Dick – ein „Personality-Bild“ in schlichtem weißen Oberteil, Jeans und Hut ist entstanden – sehen lassen.

Mittlerweile ist Elisa Ventur unter den Top 32 in Deutschland und zählt somit zu den Top 2 zur Anwärterin der Miss Sachsen-Anhalt. Und die zieht letztlich ins Finale der Miss-Germany-Wahl ein.

Die Ärgereien der Mitschüler waren Jahre nach dem Haarausfall aber letztlich mit ein Grund dafür, warum Elisa Ventur ihr Spiegelbild nicht mehr gefallen hatte. Sie wollte abnehmen. Und das hat sie auch. Zwischenzeitlich so viel, dass sie ins Untergewicht abgerutscht ist. „Ich habe das Gefühl für meinen Körper verloren und Bulimie entwickelt. Zeitweise habe ich nach jedem Essen außer dem Frühstück erbrochen“, berichtet sie gefasst von einer Zeit, die sie aber ohne psychologische Unterstützung, sondern mit der Hilfe ihrer Familie wieder überwunden hat. Sie sagt: „Es muss bei einem selbst im Kopf ‚Klick‘ machen. Bei mir war das der Moment als ich auch Blut gespuckt habe.“ Der 21-Jährigen ist es wichtig, offen mit solchen Themen umzugehen, um anderen zu helfen, ihre Botschaft der Selbstliebe rüberzubringen.

Den Sport habe sie vor rund zwei Jahren aber auch in Vorbereitung auf das Sportabzeichen, das sie für das angestrebte duale Studium an der Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben für den gehobenen Dienst als Kommissarin brauchte, begonnen. Seit April 2019 absolviert sie dieses Studium bestehend aus Theorie- und Praxissemestern und ist nach drei Jahren voraussichtlich im März 2022 fertig. Im Gegensatz zu vielen anderen findet sie: „Polizei und die Miss-Wahl passen sehr wohl zusammen. Steht diese doch für starke Frauen.“ Dass das aber nicht alle so sehen, hat Elisa Ventur schon mitbekommen. Sie erklärt aber: „Die Menschen, die mir wichtig sind, unterstützen meine Bewerbung zur Miss Germany.“ Elisa Ventur lebt bei ihren Eltern in Eickendorf und wird von ihnen und ihrem Bruder – ebenfalls Polizist – unterstützt.

Nur noch eine Entscheidung der Jury trennt Elisa Ventur vom Miss-Germany-Finale. Nämlich der um den Titel „Miss Sachsen-Anhalt“. Wie in den anderen Bundesländern auch gibt es in Sachsen-Anhalt aktuell noch zwei Bewerberinnen in der deutschlandweiten Top 32. Vy Trinh Tuong Nguyen heißt Elisa Venturs direkte Konkurrentin. Die Magdeburgerin ist 19 Jahre alt und will zeigen, dass auch Frauen mit Migrationshintergrund stark sind. Zwei Frauen, ein Ziel: Erst Miss Sachsen-Anhalt werden und dann vielleicht sogar Miss Germany?! Ein Gedanke, der für Eickendorferin Elisa Ventur jetzt zumindest nicht mehr so weit hergeholt erscheint, als noch vor wenigen Wochen.