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Umwelt Naturkleinod mit leeren Schnapsflaschen

Der Colphuser See hat sich zum Erholungsort der Elbestadt Barby gemausert. Doch es gibt zwei Probleme: das Niedrigwasser und der Biber.

Von Thomas Linßner 20.11.2018, 07:00

Barby l Obwohl innerstädtisches Kleinod, bietet der Colphus derzeit ein ungepflegtes Erscheinungsbild. Massenhaft leere Schnaps- und Bierflaschen sowie Plastikmüll im Schilf und Wasser werden sichtbarer als sonst, weil der Wasserspiegel fiel. Und dass, obwohl Papierkörbe bereit stehen. „Die Wohlstandsgesellschaft und der Werteverfall lassen grüßen“, sagt ein Mann mit Hund, der täglich dort spazieren geht.

Der Colphus hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In den 1930er Jahren wollte die Stadt daraus ein Freibad mit angeschlossenem Sportfeld machen. Der Krieg verhinderte diese Pläne.

Ende der 1980er Jahre waren die Ufer kahl, der Teich total verschlammt, die Fische „ausgestorben“. Der niedrige Grundwasserstand und die natürlichen Verlandungserscheinungen des stehenden Gewässers galten als Ursache.

Im Herbst 1988 machten sich einige Mitglieder des Barbyer Anglervereins auf, den ehemaligen Saalearm aus seiner misslichen Lage zu befreien. Sie waren zudem Mitarbeiter der Maisan-Werke. Weil in DDR-Tagen „Kapazitäten“ knapp, finanzielle Mittel aber vorhanden waren, ging man den Weg der Feierabendtätigkeit. Der Traubenzuckerhersteller Maisan stellte Raupenkran und Planierraupe unbürokratisch zur Verfügung, die am „See“ für einige Wochen stationiert wurden.

Das Ausbaggern des Colphus wurde von einigen tausend Jahre alten Mooreichen behindert. Mehrere von ihnen steckten so fest im Boden, dass sie noch heute bei niedrigem Wasserstand sichtbar werden. Der Bagger versenkte seinen Greiferkorb tief im Grund, so dass der Teich an den Seiten tiefer ist als in der Mitte.

Seit wenigen Wochen ist eine Insel sichtbar geworden, die das ehemalige Niveau vor der Vertiefung anzeigt. Sie blieb deshalb „stehen“, weil der Bagger-Ausleger nicht bis dort hin reichte.

Es ist zum ersten Mal seit fast 30 Jahren, dass das geschieht. Damit wird deutlich, dass der damalige Wasserstand der heutigen Situation gleich kommt.

Vor dem Ausbaggern wurde beim damaligen Rat des Kreises ein Gutachten angefordert, das eine Munitionsbelastung ausschloss. Trotzdem kamen eine Handvoll Infanteriemunition und eine amerikanische Granantenkartusche ans Tageslicht.

Bergeweise anfallendes Baggergut wurde auf der angrenzenden Wiese einplaniert, die dadurch stellenweise bis zu einem halben Meter „wuchs“. Heute würde das ein großes Maß bürokratischer Hemmnisse aufwerfen, da Schlamm aus Teichen und Flussläufen auf Schadstoffgehalt geprüft werden müsste.

Im Frühjahr 1989 wurden die Baggerarbeiten fortgesetzt. Ein Jahr später, die Maisan-Werke waren im Sommer 1990 in Konkurs gegangen – charterte die Stadt sowjetische Technik und Soldaten der Salzelmener Garnison. Sie vertieften mühevoll den südlichen Zipfel des „Colphuser See“, fuhren den Schlamm mit Lkw ab.

Nach dem Krieg hatten die Sieger der Roten Armee den Teich zu Übungszwecken genutzt. Eine Pioniereinheit probte den Brückenbau. Einige Rammpfähle stecken noch heute im Grund.

Die Barbyer Angler stellten Bänke auf, pflanzten Bäume und Büsche, die heute zu stattlicher Größe gewachsen sind. In den ersten trockenen Sommern halfen engagierte Anwohner mit der Gieskanne. Das lebenserhaltende Nass brauchte ja nicht weit geschleppt werden. Heute „wohnt“ sogar ein Biber in dem Teich. Aufgewertet wurde das Areal durch Baumpflanzungen von Anwohnern des Colphuser Damms, die sich heute auch um Baumschutzmanschetten kümmern.