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Podiumsdiskussion Wissenswertes zur Patientenverfügung

Notfall, Krankheit und Tod: Fragen zu diesen Themen sind in der Begegnungsstätte Calbe erneut aufgegriffen worden.

Von Andreas Pinkert 22.11.2016, 00:01

Calbe l Der Bedarf an derartigen Podiumsdiskussionen sei in jedem Fall gegeben, meinte Paul Dimitz vom Seniorenrat des Salzlandkreises noch Ende April dieses Jahres bei der Vorstellung einer Notfallkarte. Damals kündigte der 71-Jährige an, weitere kostenlose Veranstaltungen organisieren zu wollen. Was ist daraus geworden? Dimitz hat Wort gehalten. Kürzlich folgten weit mehr als 80 Gäste - und damit rund doppelt so viele wie im April - der Einladung zu einer erneuten Podikumsdiskussion mit dem Schwerpunkten Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in die Volkssolidarität-Begegnungsstätte in der Feldstraße.

Einleitend bemühte der Calbenser den Autor Wilhelm Busch: „Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge.“ Mit den kleinen Dingen war das Verfassen einer Patientenverfügung gemeint, schließlich seien die Auswirkungen im Vergleich dazu riesig. Dabei handelt es sich um eine schriftlich verfasste Bestimmung, die regelt, was medizinisch unternommen werden soll, wenn ein Mensch entscheidungsunfähig wird. Auf diese Weise kann er im voraus Einfluss auf eine spätere ärztliche Behandlung nehmen und damit sein Selbstbestimmungsrecht wahren, auch wenn er zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr ansprechbar und nicht mehr einwilligungsfähig ist. Ein langes und aussichtsloses Leiden soll damit verhindert werden.

Rechtsanwalt Christian Höwing, der als juristischer Fachmann ins Podium geladen wurde: „Bestehende Patientenverfügungen sollten dringend überprüft werden.“ Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Faktisch erklärt er alle Verfügungen für wirkungslos, die unpräzise Festlegungen zu Umfang und Grenzen „lebensverlängernder Maßnahmen“ beinhalten. „Selbst wir Juristen waren davon überrascht“, sagt Höwing. Der BGH habe klargestellt, dass eine konkrete Benennung einzelner medizinischer Maßnahmen sowohl für die Patientenverfügung als auch für die Vorsorgevollmacht erforderlich ist. Wichtig bei einer Überarbeitung sei stets das neue Datum und die Unterschrift, erinnerte Höwing.

Dr. Karl-Heinz Ulrich (65), einstiger Chefarzt des Calbenser Krankenhauses, sprach aus der Sicht des medizinischen Experten. Grundsätzlich müssten Ärzte aufgrund ihres abgelegten Eides alles tun, um Menschenleben zu erhalten. Auch sie würden durch eine konkrete Patientenverfügung entlastet. „Das Schriftstück muss dort aufbewahrt werden, wo es im Nofall auch schnell zu finden ist“, rät Ulrich aus langjähriger Praxis. Eine Variante sei ein zweites Original, das bei Angehörigen hinterlegt werde.

Gut zwei Stunden stellten sich die Experten den zahlreichen Fragen des Publikums. Organisator Paul Dimitz kündigte an, im Nachgang eine 44-seitige Broschüre des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) kostenfrei für Interessierte zu organisieren.