1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Unternehmer stellt sich Stadträten

Recyclinganlage Unternehmer stellt sich Stadträten

Ein Unternehmer plant in Schönebeck eine Recyclinganlage für Farben und Kunststoffe. Die Stadträte fragen sich, ob das sicher ist.

Von Ulrich Meinhard 22.11.2016, 19:54

Schönebeck l Ein Investor aus Ritterhude (Niedersachsen) plant im Schönebecker Industriepark West den Aufbau einer Firma, die Farben und Kunststoffe recycelt (Volksstimme berichtete). Der Unternehmer heißt Dr. Wolfgang Koczott. Während der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses kam allerdings Kritik auf. Die bezieht sich auf Informationen, wie sie im Internet abrufbar sind. Demnach hat es in einer von Koczott geleiteten Firma in Ritterhude eine Explosion gegeben, bei der ein Mensch zu Tode kam. Die Stadträte Manfred Pöschke und Holger Goldschmidt (beide FDP/Rettet die Altstadt) fragten nach, ob die Stadt denn bei geplanten Investitionen nicht vorher recherchiere, um wen es sich handle. Koczott ist daraufhin von der Stadt eingeladen worden, um offene Fragen zu beantworten. Er sagte umgehend zu und stand am Montagabend im Rathaus Rede und Antwort.

Die Veranstaltung leitete Stadtrat Ralf Schneckenhaus (Die Linke). Stadtrat Reiner Banse (FDP/Rettet die Altstadt) fragte nach dem Stand der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Die seien abgeschlossen, versicherte Koczott, auch seitens der Versicherung. Nicht abgeschlossen sei hingegen das Verfahren. Einen Tatvorwurf aber gebe es nicht. Koczott: „Es gibt nicht den geringsten Hinweis auf ein technisches Versagen.“ Will so viel heißen wie: Es kann sich nur um menschliches Versagen gehandelt haben. In diesem Zusammenhang sprach der Unternehmer von einer „krassen Diffamierungskampagne“. Er schilderte die Platzverhältnisse in Ritterhude als sehr beengt, die Wohnbebauung sei direkt bis an das verunfallte Betriebsgebäude herangewachsen, deshalb habe es auch die massiven Schäden an Häusern gegeben. Koczott lobte die Verhältnisse in Schönebeck als ideal. Der Industriepark West ist recht weit von einer Wohnbebauung entfernt und außerdem quasi direkt an die Autobahn angebunden. Gefahrguttransporter müssten also nicht durch Wohngebiet fahren.

Wie groß ist denn das Gefahrenpotenzial, das von der geplanten Recyclinganlage ausgeht, beziehungsweise von den Transporten zum und vom Betrieb, wollte Ralf Schneckenhaus wissen. Was, wenn ein mit Destilaten beladener Lkw verunfallt? Koczott antwortete indirekt: Von einem Tanklastzug gehe eine höhere Gefährdung aus, als von einem Gefahrguttransporter. Eine Geruchsbelästigung schließt der Unternehmer aus. Die Anlage werde hermetisch dicht sein.

Ob es denn sonstige Emissionen für den Kurstandort Bad Salzelmen geben könnte, fragte Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) nach. Koczott: „Nein.“ Stadtrat Thoralf Winkler (Grüne): „Wer überwacht die Anlage?“ Koczott: „Das Landesverwaltungsamt.“

Stadtrat Torsten Pillat (CDU): „Wird es ein Hauptsitz oder eine Niederlassung?“ Koczott: „Das wird eine eigenständige Firma.“ Baudezernent Guido Schmidt: „Wie viele Lkw werden täglich fahren?“ Koczott: „Zwei Tanklastwagen am Tag. Bei den Kunststoffen geht es um Stückgutverkehr. 25 Tonnen passen in einen Lkw. Das wären pro Tag zwei bis drei Anlieferungen und entsprechend viele Abtransporte.“

Stadtrat Werner Grundmann (SPD-Fraktion): „Werden Sie hier genügend Fachkräfte finden? Und werden die tariflich bezahlt?“ Koczott: „Die Fachkräfte sind der heikelste Punkt überhaupt. Ich bin nicht überzeugt, dass wir mal leise klingeln und die Leute stehen Schlange. Es ist ein mühsamer Prozess, die passenden, zuverlässigen Mitarbeiter zu finden.“ Das sei allerdings ein bundesweites Problem.

Stadtrat Michael Schulz (CDU) merkte an: „Es gibt immer Sorgen und Ängste, wenn es Chemie ist. Nichtsdestotrotz gibt es strenge gesetzliche Bestimmungen. Ich begrüße, dass Sie sich bei uns ansiedeln wollen. Ich habe keine Bedenken, dass wir uns etwas herholen, was uns schadet.“

In puncto Sicherheit machte Wolfgang Koczott auch auf die Vorgaben der Versicherungen aufmerksam. Die seien sehr regide. „Wenn ich die nicht einhalte, bekomme ich die Anlage gar nicht versichert.“ Koczott sagte zu, bei weiteren Fragen von Stadträten nicht nur per E-Mail zur Verfügung zu stehen. „Ich habe auch ein Telefon.“ An der Info-Veranstaltung nahmen außerdem die Stadträte Markus Baudisch, Gundhelm Franke, Wolfgang Jacob und Frank Schiwek teil.