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Sanierung Noch ein Sommer ohne Freibad

Die Sanierung des Schönebecker Freibades wird nicht nur doppelt so teuer, auch bleibt das Bad im Jahr 2019 geschlossen.

Von Emily Engels 13.10.2018, 01:01

Schönebeck l „Also entweder hier wurde Schindluder getrieben, oder es soll eine Luxussanierung werden“, schreibt Stadtrat Mark Kowolik (parteilos) im sozialen Netzwerk Facebook. Grund für diese provokante Bemerkung ist ein Untersuchungsbericht, der den Stadträten jetzt vorliegt. Und aus dem gehen gleich zwei wichtige Erkenntnisse hervor:

1. Das Freibad wird frühestens am 15. Juli 2020 wieder geöffnet.

2. Die Sanierung wird mehr als doppelt so viel kosten.

Hintergrund: bei der ersten Einschätzung durch das Hochbauamt der Stadt war von 480.000 Euro die Rede. Im September stieg diese geschätzte Summe auf knapp 630.000 Euro - als Grund wurde eine Preissteigerung bei Baumaterial und -leistungen von rund 30 Prozent angegeben. Jetzt steht schwarz auf weiß in dem von der Stadt beauftragten Gutachten eine Summe von knapp 1,2 Millionen Euro netto.

Dass die Sanierungsarbeiten – wenn denn die noch unklare Finanzierung feststeht – nicht vor dem Sommer 2020 abgeschlossen sein werden, hatte die Stadt bereits in einer Ratssitzung im September angedeutet.

Noch überraschender sind also die Sanierungskosten, die quasi ums doppelte gestiegen sind. „Bei den ersten geschätzten Summen handelte es sich immer um einen Grobvorschlag, der vom Hochbauamt geschätzt wurde“, sagt Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) auf Anfrage der Volksstimme. Das habe die Stadt auch jedes Mal erwähnt. Erst jetzt hat ein von der Stadt beauftragter Gutachter die 1,2 Millionen Euro berechnet.

Diese teilt sich auf in 665.000 Euro für die Beckensanierung, 310.000 Euro für die Badewassertechnik und 210.000 Euro für eine eventuelle Solaranlage für die Wassererwärmung.

Das auf den ersten Blick Widersprüchliche an der Sache ist: Dass so insgesamt 1,2 Millionen Euro zusammenkommen, kann man durchaus positiv sehen. Nämlich, wenn man einen Blick in die Voraussetzungen für das Förderprogramm des Bundes wirft. Denn das schreibt eine Untergrenze des Kostenvolumens von 1 bis 4 Millionen Euro vor. Da lag Schönebeck bisher drunter – mit den Kosten steigen also auch die Chancen auf eine Förderung von höchstens 90 Prozent. Doch auch da bleibt der Eigenanteil der Stadt. Bei einer Förderung von 90 Prozent wären das immerhin noch zirka 120.000 Euro. Bereits im Sonderstadtrat im September gab es eine Diskussion darüber, aus welchen freiwilligen Bereichen das Geld genommen werden könnte. Genannt waren Bibliothek und Sportstätten.

Stadträtin Sabine Dirlich (Die Linke) war zusammen mit Mark Kowolik und Stadträten aus allen im Stadtrat vertretenen Fraktionen in einer Arbeitsgruppe zur Freibad-Rettung. Die Gruppe hatte vor einigen Monaten einen Antrag mit Forderungen an die Stadt erarbeitet, darunter auch das Gutachten und die Prüfung möglicher Fördermittel (wir berichteten). Sabine Dirlich sagt: „Wir müssen jetzt schauen, worauf diese Kosten beruhen.“ Unter anderem müsse man prüfen, ob alle der aufgeführten Punkte tatsächlich zum Weiterbetrieb des Freibades notwendig seien.

Auch hinterfragt sie – übrigens nicht erst seit dem aktuellen Gutachten – warum der Gutachter des Freibades derselbe ist, der die Machbarkeitsstudie zum möglichen Kombibad erstellt hat. „Das Gutachten wurde nach DIN-Normen erstellt mit der Absicht, das Freibad wieder betriebsfähig zu machen“, sagt Bert Knoblauch. So viele Gutachter gebe es in dem Bereich nicht. Es handele sich um ein Büro, das auf Bäder spezialisiert sei.

In dem Untersuchungsbericht werden die Mängel im Bad detailliert aufgelistet. Neben defekten Pumpen und Filter werden die hohen Wasserverluste im Schwimmerbecken genannt. Auch die Desinfektionsanlage des Bades funktioniert nicht so wie sie soll.

Mark Kowolik bereitet ein weiteres Thema Sorgen: Teilweise laufe das Wasser im Schwimmbecken nur vier Zentimeter unter der Abflussrinne. Dadurch sei die Durchströmung in dem Becken nicht gewährleistet. „Das Becken wurde seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr saniert. Wer weiß, wie lange dieser Mangel schon besteht“, sagt er. Andererseits sei er – trotz der Bemerkung auf Facebook – der Stadt dankbar, dass endlich belastbare Zahlen auf dem Tisch liegen.

Am 22. Oktober wird das Gutachten als Informationsvorlage im Hauptausschuss diskutiert, am 25. Oktober ist sie dann Thema im Stadtrat. Da sei auch der Gutachter für Fragen vor Ort. Bis es zu einem möglichen Beschluss kommt, müssen neben der Klärung der Finanzen in den Fraktionen Erkenntnisse gezogen und diese im Stadtrat diskutiert werden, so Knoblauch.

Das sieht auch Stadtrat Frank Schiwek (SPD) so: „Es bedarf nun einer gründlichen Analyse und der Diskussion mit Fachleuten.“ Denn, so sagt er: „Die Schäden haben ein erhebliches Ausmaß angenommen, die über die Befürchtungen und Annahmen hinausgehen.“