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Nutzungsgebühren Sportler werden zur Kasse gebeten

Auf den Vereinssport in Schönebeck kommen harte Zeiten zu. Denn die Nutzung der Sporthallen in Trägerschaft des Salzlandkreises wird teurer.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 04.12.2015, 19:05

Schönebeck l Nahezu in Rage redet sich Petra Jänichen. Von einer „Frechheit“ spricht die Trainerin in der Abteilung Turnen des Schönebecker Sportclubs (SSC). Gemeint ist die Erhebung von Nutzungsgebühren für die Sporthallen, die sich in Trägerschaft des Salzlandkreises befinden. Bisher war die Nutzung der Turnhallen der Berufsbildenden Schulen, des Gymnasiums und der Pestalozzi-Förderschule durch Sportvereine kostenfrei. Das ändert sich 2016. Der Kreistag hat die Änderung Anfang Oktober beschlossen. Langsam wird den Vereinen in der Elbestadt bewusst, welche Auswirkungen das haben wird.

„Zwischen 350 und 400 Euro pro Woche kommen auf uns zu“, sagt Frank Rüchardt, Präsident des Schönebecker Sportvereins (SSV), im Volksstimme-Gespräch. Hochgerechnet auf einen Monat wären das an die 1600 Euro, im Jahr sogar mehr als 19 000 Euro. Das ist zwar vorerst nur eine Grobschätzung, so der Präsident, trotzdem stellt sich die Frage: Wie soll das ein ehrenamtlicher Verein stemmen? Viele Alternativen gibt es nicht. „Die Mitgliedsbeiträge kann man nicht unendlich in die Höhe schieben“, sagt der Präsident des Vereins, der rund 900 Mitglieder zählt. Auf andere Hallen umschwenken? „Die sind schon voll belegt“, sagt er. „Unsere einzige Möglichkeit ist zu prüfen, ob jede einzelne Übungsstunde notwendig ist“, sagt er.

Das sieht der Kreis anders. In der vom Kreistag beschlossenen Satzung wird erklärt, dass „die anteilige Kostenumlage den Salzlandkreis in die Lage versetzen soll, die Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten teilweise zu decken“. Deshalb sollen die Vereine künftig 30 Prozent der Betriebskosten tragen.

Als Berechnungsgrundlage wurden die Nutzungszahlen aus dem Jahr 2013 herangezogen. Demnach muss ein Verein, der ein Feld in der Halle der Berufsbildenden Schulen, Magdeburger Straße, nutzt, künftig pro Stunde 7,09 Euro zahlen. Dagegen scheint der Sport in der Halle des Dr.-Carl-Hermann-Gymnasiums noch günstig mit den geforderten 5,17 Euro pro Stunde. Für den Kraft-/Gymnastikraum der Gymnasium-Halle wird eine Gebühr von 1,22 Euro pro Stunde erhoben. Und die Halle der Förderschule „J. H. Pestalozzi“ bildet das Mittel. Hier werden pro Stunde 6,39 Euro fällig.

Betroffen von der Entscheidung sind 66 Vereine im gesamten Kreisgebiet, die die 22 kreiseigenen Sportstätten nutzen. Vorausgesetzt, das Nutzungsverhalten bleibt wie bisher, rechnet der Kreis mit Einnahmen in Höhe von 161 723 Euro pro Jahr. Werden die beiden Schönebecker Sekundarschulen an den Kreis rückübertragen, so wie es der politische Wille ist, gehen auch die Turnhallen an den Salzlandkreis über.

„Der Kreis kann doch nicht versuchen, sich auf dem Rücken des Vereinssports gesund zu sparen“, betont Frank Rüchardt, der die Entscheidung des Kreistages nicht einfach hinnehmen möchte. „Ich werde nicht aufhören zu nörgeln“, kündigt er an.

Grundsätzlich könne der SSV-Präsident die Einführung einer Gebühr verstehen. „Aber das muss man in der Höhe doch den Verhältnissen anpassen“, fordert der Schönebecker. Für Petra Jänichen vom SSC ist und bleibt die Entscheidung des Kreistages unverständlich. Ihre Turner trainieren sieben Stunden in der Woche. Bei einer Gebühr von 5 Euro sind das Mehrkosten in Höhe von 35 Euro pro Woche allein für eine Abteilung. „Das wird ein großer Kostenfaktor“, sagt sie und wiederholt: „Das ist eine Frechheit.“

Ganz so hart drückt sich Frank Wedekind als Vorsitzender des SSC nicht aus. Sein Unverständnis ist trotzdem groß. „Die Gebühren sind nicht nachvollziehbar“, sagt er. Wie stark genau der 1050-Mitglieder-Verein betroffen sein wird, hat er noch nicht hochgerechnet. Er geht jedenfalls davon aus, dass rund 70 Prozent seiner Vereinssportler die Hallen nutzen. „Wir sind bestraft, weil wir viele Kinder haben, die im Winter nicht draußen trainieren können, und weil wir viele Sportarten anbieten, die nur in der Halle trainiert werden“, erklärt er.

Die Konsequenz: Ähnlich wie beim SSV soll beim SSC ebenso intern geprüft werden, auf welche Hallenzeiten die Sportler verzichten können. „Dabei hätte sich der Kreis an der Stadt Schönebeck orientieren können“, sagt Frank Wedekind. Die Stadt beteiligt seit 2006 die Vereine mit einer Pauschale, die sich nach der Mitgliederzahl richtet, an den Kosten. „Wir lehnen das nicht an den tatsächlichen Betriebskosten an“, erklärt Birgit Zellmer vom zuständigen Sachgebiet. Durch die 23 Vereine, die sich in den neun Stadt-Sporthallen einmieten, nimmt die Stadt jährlich rund 10 000 Euro ein.