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Sicherheit  Auf Streife in Schönebeck

Polizei und Ordnungsamt kontrollieren zum Ferienbeginn vermehrt die Treffpunkte von Kindern und Jugendlichen.

Von Jan Iven 20.07.2020, 09:46

Schönebeck l Mitarbeiter von Polizei und Ordnungsamt gehen einmal in der Woche auf eine gemeinsame Streife. Wir haben die Ordnungshüter begleitet.

14.05 Uhr, Polizeikommissariat Schönebeck, Nicolaistraße

Eine letzte Zigarette auf dem Hinterhof des Polizeirevier Schönebeck, bevor die Streife beginnt. Die Bürger sollen die Beamten in Uniform nicht beim Rauchen sehen. Vorbildfunktion. Regionalbereichsbeamter Rene Sölle fährt den großen Einsatzwagen vor. An diesem Freitag geht es mit seiner Kollegin Petra Peters auf eine gemeinsame Streife mit einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes. „Wenn wir dabei sind, können die Leute vom Ordnungsamt ganz anders auftreten. Dann hält der Radfahrer in der Fußgängerzone auch mal an“, sagt Polizistin Peters.

An diesem Tag soll vor allem an Treffpunkten von Kindern und Jugendlichen Präsenz gezeigt werden. Die Ferien haben begonnen. Und wegen der Corona-Beschränkungen können die Jugendclubs nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern aufnehmen. „Und dann werden in Schönebeck auch noch Jugendclubs geschlossen. Aber das entscheiden andere“, sagt Petra Peters. Doch so ganz glücklich ist sie mit diesen Entscheidungen offenbar nicht.

14.21 Uhr, Grabenstraße

Die beiden Regionalbereichsbeamten holen eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes in der Grabenstraße ab. Die Mitarbeiterin verteilt Strafzettel und möchte ihren Namen daher nicht in der Zeitung lesen. Einmal in der Woche fahren sie oder eine Kollegin gemeinsam mit den Polizisten Streife.

14.29 Uhr, Markt Schönebeck

Regionalbereichsbeamter Sölle stoppt den Streifenwagen auf dem Markt, steigt aus und erklärt einem haltenden Autofahrer freundlich, dass er dort nicht parken könne. Der Autofahrer zeigt sich einsichtig und fährt zu einem Parkplatz. Ein weiterer Mann geht zu seinem Wagen. Er hatte sich in einem Café ein Eis gekauft. Auch er wird ermahnt. Der Autofahrer wirkt verdutzt, sagt aber nichts und fährt davon.

14.40 Uhr, Leipziger Straße

Der Streifenwagen nähert sich einem Spielplatz. Ein etwa achtjähriges Mädchen sitzt auf einer Schaukel und winkt den Beamten lächelnd zu. „Viele Kinder kennen uns und freuen sich, wenn sie uns sehen“, sagt Petra Peters. Die Regionalbereichsbeamten fahren die Spielplätze jede Woche an und sind auch oft in den Jugendclubs zu Gast. Manchmal erläutern sie die Polizeiarbeit und zeigen ihre Schutzausrüstung, die von den Kindern schon mal begeistert anprobiert wird. Manchmal sind sie aber auch nur einfach bei Projekten dabei, etwa beim legalen Sprühen auf Holzwände. So wird Vertrauen aufgebaut. Auf dem Spielplatz werden die Kinder von den Polizisten ermahnt, ihren Müll wegzuschmeißen. „Sie sagen, dass ihre Zeugnisse gut sind. Dann sollen sie auch spielen“, sagt Peters und lacht.

15.01 Uhr, Johannes-R.-Becher-Straße

Von den Anwohnern gibt es immer wieder Beschwerden, dass auf dem Sportplatz an der Johannes-R.-Becher-Straße laute Musik gespielt wird. Und tatsächlich: Als die Beamten vor Ort eintreffen, spielen dort ein paar Jugendliche Fußball und hören Musik, wenn auch nicht sonderlich laut. Regionalbereichsbeamtin Petra Peters erzählt den jungen Leuten von den Beschwerden. „Ich kenne keinen Fußballer, der beim Spielen Musik hört“, sagt sie. Und: „Eure Pfandflaschen nehmt ihr sicher auch wieder mit.“ Die Jugendlichen nicken. Als die Polizisten die Sportplatz verlassen, läuft die Musik wieder an. „Was hab ich gesagt?“, ruft Peters zurück. Die Musik verstummt. Vorerst.

15.14 Uhr, Ostelbien

Rene Sölle fährt über die Brücke nach Ostelbien. Durch Elbenau geht es über den sogenannten Kapweg, der eigentlich ein asphaltierter Feldweg ist. Nur Fahrzeuge mit Sondergenehmigung dürfen hier fahren, etwa landwirtschaftliche Maschinen oder der Linienbus. Doch manche Autofahrer nutzen den Weg als Abkürzung. Und tatsächlich kommt den Polizisten ein Kleinwagen entgegen, der weder ein Trecker noch ein Bus ist. Die Beamten halten das Fahrzeug an. „Muss ich jetzt eine Strafe zahlen?“ fragt die Autofahrerin. „Nicht bei uns“, sagt Polizistin Peters. Die Rechnung für die Abkürzung kommt per Post. Die Fahrerin muss mit einem Verwarngeld von 20 Euro rechnen.

15.31 Uhr, Pretzien

In Pretzien halten die Beamten an der Bushaltestelle am Park, die es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hat. Anwohner beschweren sich, dass hier immer wieder Jugendliche randalieren würden. Zumindest ist das Wartehäuschen von oben bis unten beschmiert. Doch laut polizeilicher Kriminalstatistik geht es in Pretzien nicht schlimmer zu als im etwa gleich großen benachbarten Plötzky. Seit den Beschwerden der Bürger ist die Polizei öfter in dem Ortsteil. Doch bisher konnten die Beamten nichts Verdächtiges feststellen. „Es wäre gut, wenn die Bürger, die sich beschweren, an uns wenden würden“, sagt Peters.

Die beiden Beamten schauen in die Bushaltestelle. Darin sitzt ein junges Pärchen. Die beiden wollen offenbar nur etwas unbeobachtet sein. Von Randale keine Spur. Doch dann entdeckt Sölle eine Hakenkreuzschmiererei in der Bushaltestelle und versucht, sie mit einem Taschentuch zu entfernen. Vergeblich. Da das Zeichen als verfassungsfeindliches Symbol verboten ist, muss es so schnell wie möglich entfernt werden. Sölle beginnt zu telefonieren, um die zuständigen Stellen zu erreichen. Leichter gesagt, als getan. Offenbar ist nicht ganz klar, ob die Haltestelle der Stadt oder den Verkehrsbetrieben gehört. Das könnte den Zustand erklären. Der Beamte macht ein Foto von der Schmiererei.

Ein junger Mann kommt hinzu, und fragt, ob alles in Ordnung sei. Was er denn von den vermeintlichen Problemen an der Bushaltestelle halte? „Wo sollen die jungen Leute denn hin in Pretzien? Der Jugendclub hat doch zu gemacht. Die Bushaltestelle ist das einzige hier“, sagt er. Dem jungen Pärchen ist das alles zu viel Trubel. Die jungen Leute verabschieden sich und wollen zum Spielplatz gehen. „Dafür seid ihr aber zu alt“, sagt Peters.

16.19 Uhr , Salineinsel

Die Salineinsel war zuletzt immer wieder Schwerpunkt für Zerstörung und Schmierereien. Natürlich schauen die Regionalbereichsbeamten auch hier vorbei. Schon am Eingang des Bürgerparks unterhalten sich drei Jugendliche, zu ihren Füßen stehen drei Flaschen Wein. Rene Sölle fragt nach den Ausweisen. Nur einer der drei Jungen ist bereits volljährig. Allerdings darf Wein schon ab 16 Jahre getrunken werden.

An einer Bank am Salinekanal fangen drei Jugendliche hektisch an, ihren Müll einzusammeln, als sie die Beamten bemerken. „Das ist aber eine Überraschung, dass Sie da sind“, sagt ein 16-jähriges Mädchen zu Peters. „Wir sagen doch nicht vorher Bescheid, wenn wir kommen. Aber schön, dass ihr euch freut“, antwortet die Polizistin. Man kennt sich offensichtlich. „Nächstes Mal gibt es Kaffee“, sagt das Mädchen. Die Beamtin muss lachen: „Nee, danke. Ich rauche schon.“ Vielleicht klingt es etwas merkwürdig, aber so redet die Polizistin mit den jungen Leuten nun mal.

Sie blickt in den Salinekanal, der vor allem eine Algenbrühe ist. Darin schwimmen Dutzende Flaschen und ein Einkaufswagen. „Das waren wir nicht“, sagen die Jugendlichen schnell. Peters: „Aber ihr könnt den anderen sagen, dass sie ihre Flaschen auch in die Mülltonnen schmeißen sollen. Auf euch hören sie doch.“

Die Regionalbereichsbeamten und die Mitarbeiterin vom Ordnungsamt drehen noch eine Runde durch den Bürgerpark. „Eigentlich ist es richtig schön hier“, sagt Petra Peters. Schade, dass der Park so wenig genutzt werde. Insgesamt war die Streife an diesem Tag ruhig. „Eigentlich sind trotz Ferien nicht wirklich mehr Jugendliche auf der Straße“, sagt sie. Meistens gibt es mit denen auch keine Problem. „Wir erinnern sie halt daran, ihren Müll wegzuräumen und zeigen Präsenz“, sagt die Regionalbereichsbeamtin. Dafür hätten die normalen Polizeikräfte gar keine Zeit. Möglicherweise ist das das Konzept: Wenn die Jugendlichen mit Polizeibeamten reden und ihren Müll wegräumen, werden sie vielleicht auch sonst keinen Ärger machen. Zumindest die meisten.

16.56 Uhr, Nicolaistraße

Die Regionalbereichsbeamten haben ihre Begleiterin am Ordnungsamt abgesetzt. Nach der Streife beginnt im Kommissariat der Papierkram. Vorläufiges Fazit: Ein Verwarngeld, Nutzung einer gesperrten Straße, ein verfassungsfeindliches Kennzeichen und zwei Strafmandate wegen unerlaubten Parkens am AWG-See. Eine halbe Stunde Zeit haben die Beamten Zeit, die Vorfälle zu dokumentieren. Danach geht es in der Spätschicht für die beiden bereits zur nächsten Streife.