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Sitzungen Digitale Demokratie - in der Theorie schon

In der Theorie sind sie im Salzlandkreis teils schon möglich: digitale Sitzungen. Doch ein Erlass erschwert deren Durchführung.

Von Bianca Oldekamp 11.02.2021, 00:01

Bernburg/Egeln/Hecklingen/Schönebeck l In Egeln sind sie mittlerweile möglich: digitale, politische Sitzungen. Denn der Verbandsgemeinderat Egelner Mulde sowie die fünf Mitgliedsgemeinden haben ihre Hauptsatzung sowie die Geschäftsordnung geändert: Digitale Sitzungen können jetzt stattfinden - samt Beschlussfassungen.

Noch fanden solche Sitzungen hier allerdings nicht statt. Und werden es auch, so lange Präsenzsitzungen auch in der Pandemie möglich sind, nicht. Das teilte Verbandsgemeindebürgermeister Michael Stöhr (UWGE) auf Volksstimme-Anfrage mit. Denn nicht nur Stöhr hat arge Bedenken, was Videokonferenzen angeht. Doch dazu später mehr.

Dass derartige Sitzungen überhaupt ermöglicht wurden, basiert auf einer Entscheidung der Landesregierung. Am 2. November 2020 – der zweite Lockdown hatte gerade begonnen – hat der Landtag von Sachsen-Anhalt das Kommunalverfassungsgesetzes geändert. Das war und ist die Grundlage, dass politische Gremien in Sachsen-Anhalt bei Naturkatastrophen, epidemischer oder pandemischer Lage oder sonstigen außergewöhnlichen Notsituationen fortan die Möglichkeit haben, wirksame Entscheidungen auch auf elektronischem Wege treffen zu können.

Doch dafür müssen Städte und Gemeinden jeweils auch die eigene Hauptsatzung verändern. Und genau das hat die Verbandsgemeinde Egeln gemacht – aber eben noch keine solche Sitzung durchgeführt. „Digitalsitzungen sind das letzte Mittel, denn so lange wir Präsenzsitungen durchführen können, werden diese auch so abgehalten“, sagt Verbandsgemeindebürgermeister Michael Stöhr. Zumindest beschließende Gremien treffen sich. Vorberatende Ausschüsse sind in der Verbandsgemeinde und den Mitgliedsgemeinden vorerst ausgesetzt.

Stöhr äußert gleich mehrere Bedenken rund um die Durchführung von kommunalpolitischen Online-Sitzungen. Es kämen mutmaßlich kaum Diskussionen über wichtige Themen zustande und zudem müsse die Bürgerbeteiligung in Form der Einwohnerfragestunde und der Öffentlichkeitscharakter des öffentlichen Sitzungsteils gewährleistet werden. Probleme, die man laut Stöhr „dann zwar schon lösen würde“, aber keiner aufwendigen Lösung bedürfen, so lange Präsenzsitzungen möglich sind.

Und das sind sie entsprechend der aktuell gültigen Corona-Verordnung in Sachsen-Anhalt. Zumal ein aktueller Erlass des Innenministeriums die Durchführung solcher Sitzungen noch erschwert. Der legt spezielle Anforderungen an solche Videokonferenzen fest. Demnach seien Videokonferenzen nur dann zulässig, „wenn alle Sitzungsteilnehmer während der Sitzung ständig und gleichzeitig durch Bild- und Tonübertragung an der Beratung und Beschlussfassung teilnehmen können.“ Damit eine eindeutige Identifikation möglich sei und neben dem gesprochenen Wort auch das Verhalten jedes Mitglieds sichtbar.

Sobald also jemand die Verbindung verliert, müsste die Sitzung unterbrochen, womöglich sogar abgebrochen werden. Und: Laut Erlass sind auch keine Hybridsitzungen erlaubt, bei denen ein Teil der Mitglieder in einem entsprechend großen Raum zusammenkommt und andere sich per Video zuschalten.

Das Innenministerium habe mittlerweile vermehrt Fragen zur Auslegung des Erlasses und zur praktischen Umsetzung der Regelung erreicht, erklärt Innenministeriumssprecher Danilo Weiser. Er sagt: „Sicherzustellen ist die wirksame Ausübung der Rechte der Mitglieder, insbesondere die Wahrnehmung des Rede- und Stimmrechts.“ Einige aus der kommunalen Praxis aufgeworfenen Fragen zum Ablauf von Sitzungen würden aber noch einer weitergehenden Prüfung bedürfen. Danach sollen die Anforderungen an Videokonferenzen bei Bedarf konkretisiert werden.

Im Gegensatz zur Verbandsgemeinde Egelner Mulde wurde die eigene Hauptsatzung in Hecklingen nicht verändert, sodass Onlinesitzungen auch in der Theorie noch gar nicht möglich sind. Das hätte Schneidlingens Ortsbürgermeister Martin Zimmermann (SPD), der gleichzeitig Mitglied im Hecklinger Stadtrat ist, zwar gern gesehen, und diesen Wunsch in einem Schreiben an Bürgermeister Uwe Epperlein (WGH) und seine Stadtratskollegen auch deutlich kundgetan. Doch hat Epperlein daraufhin konkrete Punkte genannt, warum man in Hecklingen bei Vor-Ort-Sitzungen bleiben werde – obwohl Onlinesitzungen möglich wären, was Zimmermann betont.

Epperlein aber sieht, was durch den Erlass des Innenministeriums nicht gestattet Hybridsitzungen und die Herstellung der Öffentlichkeit einer solchen Sitzung angeht Probleme, die dazu führen, dass Videokonferenzen in Hecklingen leider nicht möglich seien. Das erklärt er in einem Antwortschreiben, das Epperlein auch der Volksstimme zur Verfügung gestellt hat. Argumente, die Zimmermann nachvollziehen kann, wie er erklärt.

Die Kreisverwaltung im Salzland hingegen plant, die Hauptsatzung und Geschäftsordnung für ihre Gremien zu ändern. Und zwar noch in der aktuellen Sitzungsrolle. Zunächst soll im Kreisausschuss am 24. Februar über eine entsprechende Änderung der Sitzungssatzung und am 3. März dann während der Kreistagssitzung über diese final abgestimmt werden – damit kreispolitische Treffen online abgehalten werden können. Theoretisch zumindest.

Denn auch seitens des Salzlandkreises gibt es Bedenken – hervorgerufen durch den Erlass des Innenministeriums. Auf Anfrage erklärt Kreissprecherin Marianne Bothe: „Die vom Land erlassenen Durchführungsbestimmungen zur digitalen Ratsarbeit stellen uns vor schwierige Fragen, allein im Hinblick auf die Zahl von 54 Kreistagsmitgliedern und weil Hybridsitzungen nicht erlaubt sind.“ Aus diesen Gründen seien in Abstimmung zwischen der kreislichen Behördenleitung, dem Kreistagsvorsitzenden und den Fraktionsvorsitzenden festgelegt, die geplanten Sitzungen dieser Sitzungsrolle in Präsenzform durchzuführen. „In jedem Fall, auch unter den aktuellen Bedingungen, muss die Arbeitsfähigkeit sichergestellt sein und wichtige Beschlüsse sind zu fassen“, sagt Bothe.

In Schönebeck wurde das Thema digitale Sitzungen bereits im Dezember 2020 besprochen, die Geschäftsordnung des Stadtrates und seiner Ausschüsse entsprechend verändert. Die neue Sitzungsrolle ab Anfang März soll aber weiterhin in Form von Präsenztreffen stattfinden, heißt es seitens der Stadt. Auch hier wird der Erlass des Innenministeriums als Hürde zur praktischen Umsetzung gesehen.

Ausgestattet mit der nötigen Hardware in Form von Tablets sind die Mitglieder des Schönebecker Stadtrates aber. So auch die Kommunalvertreter in der Egelner Mulde, in Hecklingen und die Mitglieder des Kreistages. Und das sei laut Innenministeriums natürlich Grundvoraussetzung für die ordnungsgemäße Durchführung einer Videokonferenzsitzung. Technisch sind die Voraussetzungen also vorhanden, doch es hapert an den Hürden, die er Erlass des Innenministeriums mit sich bringt. Es sei denn dieser wird konkretisiert, heißt es aus Schönebeck.