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Stadtrat Barby muss Realsteuer erhöhen

In seiner jüngsten Sitzung beschloss der Barbyer Stadtrat die Erhöhung der Realsteuer-Hebesätze. Es war keine einfache Entscheidung.

Von Thomas Linßner 02.12.2016, 15:31

Barby l Die Stadt Barby wird die Hebesätze für die Realsteuern ab dem kommenden Jahr weiter erhöhen. Sie sollen an den Landesdurchschnitt der kreisangehörigen Städte und Gemeinden angepasst werden. Damit wird im Jahr 2017 mit weiteren Einnahmen gerechnet.

Soweit der nüchterne Fakt.

„Wir haben einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt, müssen noch konsequenter konsolidieren. Unser Haushaltsplan wird vom Land nicht bestätigt, wenn wir der Erhöhung jetzt nicht zustimmen“, warb Bürgermeister Jens Strube bald mit Engelszungen. Er bat die Mitglieder des Stadtrates, dass bei ihrem Abstimmungsverhalten zu bedenken. Kämmerin Claudia Blumtritt: „Wenn wir nicht zustimmen, laufen wir Gefahr, auch die bereits erhaltene Liquiditätshilfe zurückzahlen zu müssen.“ Auch die Kommunalaufsicht erwarte, dass die Anpassung der Realsteuerhebesätze in Barby erfolge.

Diese Steuererhöhung rette zwar den Haushalt nicht, zeige aber „den guten Willen“, sich an den Landesdurchschnitt anzupassen, unterstrich Strube. Zudem hätte eine Vielzahl von Städten vergleichbarer Größenordnung im Land schon höhere Hebesätze als Barby, führt er an. „Wir liegen derzeit unter dem Durchschnitt.“

Brisant: Das Thema war zuvor in den Ortschaftsräten diskutiert worden, von denen die meisten die Erhöhung ablehnten. Normalerweise lässt sich der Stadtrat in seiner Entscheidung von diesem Votum leiten.

Normalerweise.

„Das macht mich jetzt unsicher, dem zuzustimmen, obwohl die Mehrzahl der Ortschaften dagegen ist“, so Sebastian Thieme (CDU). Außerdem sei es immer „ein sehr einfacher Weg, sich Geld von anderen zu holen“. „Das ist kein Thema, das die jeweilige Ortschaft betrifft, sondern es geht um alle Bürger der Einheitsgemeide“, argumentierte Torsten Reinharz (SPD) dagegen. Werde der Erhöhung nicht zugestimmt, sei der (finanzielle) Schaden für die gesamte Gemeinde ungleich größer.

„Ich empfinde das als Erpressung, wenn wir dagegen sind und dann keine Liquiditätshilfe kriegen“, blieb Thieme hartnäckig. Ähnlich äußerte sich auch Hans-Georg Buszkowiak aus Breitenhagen. Er sei „zwischen Baum und Borke“. Er habe als einziger im Ortschaftsrat für die Erhöhung gestimmt, der Zwangslage wegen. Nun müsse er sich aber auch im Stadtrat gegen die Entscheidung seiner Ortschaftsräte stellen. „So verliert man seine Glaubwürdigkeit“, so Buszkowiak. Was nicht gut für die Motivation späterer Ortschaftsräte sei. Der Breitenhagener befürchtet, dass sich beim nächsten Mal „sowieso keiner zur Wahl stellt“, wenn Dinge, die schon vorher fest stehen, nicht mehr beeinflusst werden können.

In diesem Stil ging die Diskussion noch einige Zeit hin und her. Bis Bürgermeister Strube klar stellte: „Wenn die Erhöhung abgelehnt wird, bleibt mir weiter nichts übrig, als in Widerspruch zu gehen.“ (Dann würde der Punkt von der Tagesordnung genommen und erneut diskutiert. Sollte er auch ein zweites Mal im Stadtrat abgelehnt werde, würde die Kommunalaufsicht entscheiden.) „Wir sind für das Große und Ganze im Stadtrat verantwortlich“, ergänzte der Bürgermeister, um die Gewissenskonflikte der Stadträte zu mindern.

Nach über 20 Minuten hob Frank Sieweck (SPD) beide Zeigefinger, um zur Geschäftsordnung zu sprechen: „Ich bitte jetzt die Rednerliste zu schließen, wir lösen das Problem nicht. Egal wie schwer oder wie leicht es sich die Ortschaftsräte gemacht haben: Wir sind quasi in der gleichen Situation, etwas durchwinken zu müssen.“

Danach kam es zur Abstimmung: Mit 12 Ja-, zwei Nein- und zwei Enthaltungen wurde der Erhöhung der Realsteuer zugestimmt.

Wie schon im Hauptausschuss wurde die Vergabe der „Erfassung und Bewertung des Anlagevermögens der Straßen und Gebäude“ an ein externes Büro für insgesamt 48 341 Euro kritisiert (die Volksstimme berichtete). Jetzt wollten die Stadträte zudem wissen, wieso die Leistung nicht ausgeschrieben wurde und an ein empfohlenes Ingenieurbüro gehen soll. Frank Sieweck und Nico Drobek fragten danach, wann die Bewertung erledigt sein soll. Die Verwaltung konnte keine erschöpfenden Antworten geben. Nach einigem Hin und Her zog Bürgermeister Strube die Reißleine: „Wir nehmen den Punkt wegen zu vermutender Verfahrensfehler von der Tagesordnung.“

In der Abgeordnetenfragestunde machte Willi Kempa seinem Unmut über den Ablauf der Barbyer Kita-Sanierung Luft. Deren Fertigstellung habe sich nicht nur verzögert, sondern sei mit „enormen Schwierigkeiten“ behaftet gewesen. Bei drei Bauberatungen sei der Vertreter der bauausführenden Firma einfach nicht erschienen. „Wir standen ohne ihn da“, grollte Kempa. Das sei eine Ungeheuerlichkeit. Bei der Ausschreibung für die Hochwasserschadensbeseitigung hatte sich nur eine Firma beworben.

Kempa dankte allen, die trotzdem dafür gesorgt hatten, dass die Sanierung Anfang November endlich abgeschlossen werden konnte.