Tierhaltung Schönebecks Stadtschafe

Detlef Mohr kümmert sich in Schönebeck um Schafe und sorgt auf deren Wiese auch für Lebensraum für andere Tiere.

Von Bianca Oldekamp 03.10.2020, 01:01

Schönebeck l Wenn Detlef Mohr das Tor zur Wiese an der Magdeburger Brücke öffnet, gibt es für die rund 20 Schafe, die auf der circa drei Hektar großen Fläche neben den Bahngleisen stehen, kein Halten mehr. Die Schafe, unter ihnen Schwarzkopf- und Merinomixschafe, stürmen unter lautem mähen los, hat doch Detlef Mohr bestimmt wieder was leckeres zu Futtern mitgebracht.

Eine Szene, die so auch zu beobachten ist, wenn mal wieder einer seiner Helfer die Wiese betritt. Denn Detlef Mohr ist nicht der einzige, der sich um seine Schafe kümmert. Die Schönebeckerinnen Ramona Schmidt und Edeltraud Happe beispielsweise besuchen die kleine Schafherde ebenfalls regelmäßig, bringen Rote Beete, Möhren und Kartoffelschalen vorbei. Eben die Dinge, die in ihren nahe gelegenen Pachtgärten so anfallen. Doch die beiden Schönebeckerinnen von der Gartensparte „Am Wiesengrund“ sind längst nicht die einzigen, die den Tieren regelmäßig Besuche abstatten. Auch Gartenfreunde der anderen umliegenden Sparten kommen vorbei, bringen den Tieren etwas Futter mit.

Und auch ihren Hecken- und Baumschnitt können die Kleingärtner gern zu Detlef Mohr bringen. Der 63-Jährige erklärt: „Daraus schichte ich Totholzhaufen auf.“ Doch zunächst wird der Grünschnitt auf dem Boden ausgebreitet und die Schafe können die Blätter abfressen, bevor sich Detlef Mohr dann an die Arbeit macht und das Schnittgut zu ordentlichen Totholzhaufen aufschichtet. Aber was nützen ihm die Totholzhaufen? „Darin leben so einige Tiere, die gut für die Natur sind“, erklärt der 63-Jährige.

Dass ihm die Natur sehr am Herzen liegt, merkt man Detlef Mohr an. Ihm ist bei der Bewirtschaftung der Fläche, die er kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt und sich um diese im Gegenzug kümmern muss, an seinen Schafen gelegen, die er zum Eigenbedarf hält, sondern auch daran, einen natürlichen Lebensraum für weitere Tiere zu schaffen.

Da ist so ein Totholzhaufen eine gute und günstige Gelegenheit, Tieren einen Zufluchtsort zu gestalten. Denn Totholzhaufen bringen Artenvielfalt in den Garten und in Detlef Mohrs Fall eben auf die Wiese. Flechten und Moose siedeln sich an, locken dadurch Kleininsekten an. Eidechsen, Kröten und Molche finden Schutz. Und davon profitieren wiederum Vögel wie Zaunkönig, Rotkehlchen und Grasmücken. Insbesondere im Winter nutzen dann noch Igel, Schmetterlinge, Marienkäfer und viele andere Tiere die Totholzhaufen zum Schutz vor Kälte und Schnee. Auch einen Steinhaufen, mit ähnlichem Nutzen, hat der 63-jährige Schönebecker aus alten Platten angelegt.

Schafe besitzt Detlef Mohr bereits seit 1979 berichtet er. Seit 1984 halte er seine Schafe auf der Wiese neben den Bahngleisen. Seine Leidenschaft für die Natur und Tiere hat er schon in seiner Kindheit entdeckt. „Ich bin mit Viehzeug aufgewachsen“, berichtet er. Mohr kennt Hausschlachtungen und weiß somit, was es bedeutet, Fleisch zu essen und das für den Sonntagsbraten eben ein Tier sterben muss. „Man muss mit und von den Tieren leben“, findet er. Eine Bindung zu seinen Schafen hat Detlef Mohr trotz dieser Einstellung, gibt ihnen aber in der Regel keine Namen.

Eine Ausnahme bilden aktuell aber zwei Schafe. Frieda und Friedolin wurden am 19. April diesen Jahres geboren – als Drillinge zusammen mit einem weiteren Schaf, das einige Zeit nach der Geburt aber verstorben ist. Aufgezogen hat Detlef Mohr die beiden Schafe mit der Hand. „Alle vier Stunden musste ich ihnen anfangs die Flasche geben“, erinnert sich der 63-Jährige und weiß: „Allein hätte ich das nie geschafft.“ Hilfe gab es beispielsweise von Nachbarin Petra Pabst, die wie Detlef Mohr gleich neben der Schafswiese wohnt, und deren Tochter Mandy Pabst.

Die Flaschenaufzucht hat ihre Spuren hinterlassen. Wenn Detlef Mohr auf der Wiese unterwegs ist, weichen im Frieda und Friedolin meist nicht von der Seite, verfolgen Detlef Mohr auf Schritt und Tritt. Auch wenn er gerade mal wieder einen der Zäune, die die Fläche umgeben, ausbessert. Der besteht an vielen Stellen aus alten Dachlatten, die er geschenkt bekommt und für die er immer Verwendung findet.

Damit es in der kleinen Herde, die bis auf Hammel Friedolin – er soll bald geschlachtet werden– ausschließlich aus weiblichen Schafen besteht, dennoch Nachwuchs gibt, wird die Herde einmal jährlich ab November für einige Wochen von einem Schafsbock aufgemischt, sodass es ab Mitte April wieder junge Lämmer gibt. Denn: Mir würde was fehlen, wenn ich die Schafe nicht hätte“, sagt der Schönebecker, der als Hausmeister tätig ist.